Frage an Jörg Dürre von Ralf Paul R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Nr.1 Gewissensfrage
Die Möglichkeit, einzelne Personen direkt in die Bürgerschaft zu wählen oder wenigstens deren Entsendung zu unterstützen ist erfreulich, wirft aber auch die Frage auf, ob parteigebundenen Kandidaten überhaupt je Entscheidungen treffen, die nicht vom Konsens der Fraktion diktiert werden.
Wie halten Sie es mit der Freiheit Ihrer Entscheidung in Abstimmungsfragen und mit Ihrer Verantwortung gegenüber den Wählern, die Ihnen ihre Stimme als direkte Personenwahlstimme gegeben haben?
Nr.2 Stadtentwicklungspolitik
Wie wollen Sie sich persönlich und im Rahmen Ihrer Fraktion für die Bereitstellung sozialen Wohnraumes, d.h. für die gesetzliche Verankerung einer Quote für mietpreisgebundenen Wohnraum in allen Hamburger Stadtteilen einsetzen?
Können Sie sich vorstellen, auch gestzliche Grundlagen für die Bereitstellung sozialer Gewerberäume zu schaffen, also für ausgewiesene Gewerberaumkontingente, in denen für bestimmte soziale Zwecke und Mietergruppen die freien Marktbedingungen für Gewerberaum reglementiert werden?
Nr.3 Arbeits- und Bildungspolitik
Welche Instrumente und Gesetzesgrundlagen werden Sie in der Bürgerschaft vorschlagen, um die Ausbildungs- und Fortbildungsperspektiven für erwerbstätige und arbeitslose Erwachsene stärker zu fördern und auch finanziell zu unterstützen?
Nr.4 Studiengebühren
Wie sehen Sie die Möglichkeiten, die Studiengebühren an Universitäten und Fachhochschulen wieder abzuschaffen oder wenigstens deutlich zu senken? Und wie transparent werden Studierende eigentlich über die konkrete Verwendung der Studiengebühren für Zwecke und Mehrwerte in Ihrem eigenen Studium informiert? Müssten die Bildungseinrichtungen, denen die Studiengebühren zukommen hierüber nicht viel intensiver Auskunft geben?
Nr.1 Gewissensfrage
Glücklicherweise stimme ich den weit meisten Aussagen der Piratenpartei mit bestem Gewissen zu.
Die hauptsächliche Arbeit eines Abgeordneten sehe ich darin, Diskussionen und Verhandlungen so zu nutzen, dass wichtige Position verbindlich vereinbart werden können. Ich bin mir darüber im klaren, dass Politik aus Kompromissen besteht. Eine Fraktion als Interessengemeinschaft muss Konzentration und Geschlossenheit bei der Durchsetzung der Kernthemen zeigen.
Insbesondere durch meine persönlichen Erfahrungen bei der Neufassung des Erneuerbaren Energien Gesetzes auf Bundesebene bin ich mir meiner Möglichkeit zur abweichenden Abstimmung bewusst und würde diese auch nutzen, wenn notwendig. Mögliche, weitreichende Konsequenzen für die Allgemeinheit wie z.B. der Bruch anders lautender Vereinbarungen, sind dagegen abzuwägen.
Nr.2 Stadtentwicklungspolitik
Ja, günstiger Raum zur gesellschaftlichen Teilhabe in der ganzen Stadt ist ein ausgesprochenes Ziel, hinter dem ich stehe. Wie exakt dies am besten gesetzlich zu erreichen ist, werden die Experten wie Herr Dr. Thomas Pohl und Herr Andreas Gerhold im Detail erarbeiten. Die Bereitstellung von sozialem Gewerberaum befürworte ich, wenn dort ehrenamtliche und gemeinnützige Tätigkeiten ausgeübt werden können.
Energie wir immer größerer Teil der Raumkosten. Im Gegensatz zum Regierungsprogramm von Olaf Scholz bin ich z.B. für optimale Wärmedämmung als langfristige Investition. Nur stabile und geringe Gesamtkosten sichern die Zukunft von öffentlich geförderten Flächen. Die Allgemeinheit wird eine „soziale“ Wohn- oder Gewerbefläche wesentlich besser akzeptieren, wenn diese dauerhaft günstig zu unterhalten ist.
Nr.3 Arbeits- und Bildungspolitik
Pauschal vermittelte, spezielle Fertigkeiten, wie die häufig in Bewerbungen auftauchenden SAP-Kurse, nutzen meines Erachtens nach nur wenigen. Freie Bildungsmöglichkeiten von Bücherhallen, VHS bis hin zu Internetangeboten mit Inhalten, wie früher das Schulfernsehen es bot, sollten gestärkt werden.
Nr.4 Studiengebühren
Mindestens eine deutliche Senkung ist ohne weiteres machbar. Studiengebühren können abgeschafft werden.Zweck der Gebühren war die „Verbesserung von Studium und Lehre“. Der Grundetat ist damit weiter gesichert.
Die Politik ist als Kommunikator gesellschaftlich wünschenswerter Forschung gefordert. Eine länderübergreifende Koordination von Forschungszielen ist eine mögliche Optimierung von Mitteleinsatz. Aus dem Fachbereich „Tiefe Geothermie“ wurde mir beispielsweise aus der Praxis zugetragen, dass mehrere Universitäten in Deutschland die exakt gleiche Forschung betreiben. Fortschritte in anderen Bereichen des selben Fachgebiets fehlen damit.
Zur Informationsmöglichkeit
Studenten sind in zahlreichen Ausschüssen mit der Verwendung der Studiengebühren befasst. Sie sind überall in der Minderheit und haben nach Information unseres Kandidaten Michael Büker auch kein Vetorecht. Das vorrangige Problem scheint nicht die Auskunfts-, sondern echte Einflussmöglichkeit der zahlenden Studenten.
Finanzierungsseite
Das Finanzvolumen der Studiengebühren beläuft sich nach diesen Informationen:
http://www.hamburg.de/contentblob/307256/data/neuregelung-studiengebuehren.pdf auf ca. 35 Mio Euro pro Jahr (375 x 2 x 47.000). Der Hamburger Haushalt enthält Positionen, die sinnvoller als heute für die Ausbildung an den Universitäten und Fachhochschulen ausgegeben werden sollten. Ein kleines Beispiel aus meinem Interessengebiet Energie wäre die Hamea, die mit ca. 1 Million pro Jahr zur Bildung der Bürger bei Energiethemen ausgestattet ist. Pro erreichtem Bürger ist der Aufwand zur Energie-Bildung viel zu hoch. Auch die Mittel für den „Zug der Ideen“ (4 Millionen) hätte ich lieber entweder in konkrete Energiemaßnahmen investiert gesehen oder für Forschung in diesem Bereich. Weitere Gegenfinanzierungsmöglichkeiten ergeben sich aus der Aufhebung von steuerlichen Ausnahmen. Auch eine Erhöhung der Konzessionsabgabe für die Durchleitung nicht nachhaltigen Stroms durch das Hamburger Netz um 0,003 Euro / kWh würde ungefähr diese Summe aufbringen.