Jochen Ott
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SPD
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Frage von Helmut S. •

Frage an Jochen Ott von Helmut S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Ott!

Nach einem kürzlich erschienenen Pressebericht begrüßen Sie die Ausweitung des UPS Verteilzentrums am Flughafen Köln-Bonn um über 70% auf ca. 19000 pro Stunde! Sie wissen, dass eine solche Maßnahme eine drastische Erhöhung des Nachtflugverkehrs am Köln-Bonner Flughafen bedeuten würde.
Sie kennen die Greiser Studie des Umweltbundesamtes in Dessau und damit auch die dramatischen Auswirkungen der permanenten nächtlichen, durch Fluglärm hervorgerufenen Auswirkungen auf die Gesundheit der betroffenen Bevölkerung im Umland des Flughafens.Der Flughafen Köln-Bonn und die für seinen nächtlichen Betrieb verantwortlichen Personen greifen damit massiv in die Privatsphäre der hier lebenden Menschen ein.
Auch Sie, Herr Ott, unterstützen die Maßnahmen der UPS und tragen dazu bei, diese ungute Entwicklung maßgeblich zu unterstützen. Das Argument, Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen, kann dann nicht gelten, wenn hierdurch andere Menschen durch Schlafentzug geschädigt werden!
Hat das noch etwas mit "Politkultur und Unternehmensethos zu tun? Oder gar mit "christlicher Nächstenliebe", die Sie einmal gelernt und gelehrt haben??

Mit freundlichen Grüßen
Helmut Schmalfuß

Jochen Ott
Antwort von
SPD

Lieber Herr Schmalfuß,

auch ich wünsche mir weniger Lärm, statt Streit um Nachtflugverbote! Gerne beantworte ich Ihren Brief, wobei ich besonders auf die unten rot markierten Stichworte eingehen möchte:

Natürlich bin ich gegenüber dem Volk verpflichtet, und als Lobbyist stehe ich immer und gerade an der Seite der sog. „Kleinen Leute“, in deren Namen Sie mir ja schreiben. Fluglärm und ein Zusammenhang mit Erkrankungen sind nicht weg zu reden. Das nehme ich ernst, weshalb ich meine politische und persönliche Kraft darauf verwende, die Lärmemissionen durch Starts und Landungen für die Flughafenanwohner spürbar zu reduzieren, in dem ich mich für leisere Maschinen und Antriebe einsetze. Selbstverständlich sind auch politische Entscheidungen gefordert, wie etwa im rot-grünen Koalitionsvertrag verankert. Und hierbei bin ich als direkt gewählter Landtagsabgeordneter neben den Interessen der Anwohner auch gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern am Flughafen verpflichtet, die mich schließlich auch gewählt haben. Dabei ignoriere ich keinesfalls die eine oder andere Seite des Problems, sondern ich frage mich, ob es eigentlich glaubwürdig ist zu versprechen und zu sagen, das Passagiernachtflugverbot kommt, wenn die Phase einer zu erwartenden rechtlichen Auseinandersetzung über die Gültigkeit der erteilten Betriebserlaubnis von mehreren Jahren vergehen kann, bis es überhaupt zu einer Klärung etwa des rechtswirksamen Verbotes von Passagiernachtflügen kommen kann´?

Die NRW-Landesregierung hat das Anhörungsverfahren zum Nachtflugverbot für Passagierflüge am Kölner Flughafen inzwischen eingeleitet. Nun müssen Flughafen, Flugunternehmen, Lärmschutzkommission und Kommunen zum geplanten Nachtflugverbot befragt werden. Im rot-grünen Koalitionsvertrag wurde vereinbart, zwischen Mitternacht und fünf Uhr morgens ein Nachtflugverbot für Passagiermaschinen durchzusetzen. Darauf hoffen auch viele Anwohner, die sich durch zu laute Flieger in ihrer Nachtruhe gestört fühlen. Die letztendliche Entscheidung liegt jedoch beim Bundesverkehrsministerium in Berlin, das in seiner Aufsichtsfunktion einem landesgesetzlichen Verbot nicht zustimmen will, wie Bundesverkehrsminister Ramsauer bereits angekündigt hat.

Daher sehe ich in einem (politischen) Verbot für Passagierflüge keine wirkliche Lösung des Problems. Ich habe schon in den Koalitionsverhandlungen immer wieder darauf hingewiesen, dass sich rechtlich das Nachtflugverbot für Passagiere kaum durchsetzen lässt. Verkehrsminister Harry Voigtsberger und der Parlamentarische Staatssekretär Horst Becker haben in verschiedenen Stellungnahmen gleichfalls darauf hingewiesen, dass es hier eine Genehmigung des Bundesverkehrsministers geben muss und hier auch rechtliche Auseinandersetzungen zu erwarten sind.

Ich glaube fest, dass es für uns ganz besonders wichtig ist, nicht eine ´Popanz-Diskussion´ insgesamt zu führen, sondern es ist klar: Der Koalitionsvertrag ist da, aber ist es nicht jetzt sinnvoller, sich mit Fed-EX und UPS an einen Tisch zu setzen und darüber zu reden, dass möglichst kurzfristig Boing´s wie 747 und 777 bzw. generell leisere Antriebe für den Frachtverkehr eingesetzt werden, damit die lautesten Flieger vom Himmel verschwinden ? Das bringt den Anwohnern doch wesentlich mehr und verspricht schnellere Abhilfe! Denn nachts stören in erster Linie die lauten Maschinen auch MdL´s beim Schlafen, und das sind eben nicht die Passagierflieger.

Wichtig bleibt, die Unternehmen nicht zu beschimpfen, sondern gemeinsam mit ihnen nach Wegen zu suchen, in moderne Maschinenantriebe zu investieren und dies kurzfristig zu ermöglichen. Dazu brauchen wir jetzt alle Leute an einem Tisch, um über Technologiealternativen und -lösungen zu diskutieren, und wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass insbesondere im Nachtflugbereich durch technische Verbesserungen mehr Ruhe einkehrt. Das hilft den Menschen wirklich, anstatt die Fortführung der endlosen ´Was-wäre-wenn-Diskussion´ auf dem Rücken der Arbeitnehmer und Betriebsräte auf dem Flughafen.

Wir brauchen bei den Themen Nachtflugverbot und Luftverkehrsabgabe schnelle europäische Initiativen und Regelungen, die rechtlich halt- und durchsetzbar sind. Hier ist das Europaparlament gefordert, verbindliche Festlegungen zu treffen. Es ist doch absurd, wenn die Holländer die Luftverkehrsabgabe einführen, nach 1 Jahr wieder abschaffen, und dann bei uns die Bundesregierung sie wieder einführt. Das ist doch keine vernünftige ´europäische´ Politik!“

Mit besten Grüßen

Jochen Ott, MdL

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