Frage an Jochen Hartloff von Hartmut G. M. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Minister Hartloff,
in der BILD auf Seite 8 steht heute, dass Herr Ronald Schill sein erstes Koks von einem Mörder kaufte. Des Weiteren berichtet er über sexuelle Abenteuer und die Einnahmen von Drogen in Justizgebäuden. Wie ist sowas möglich?
Wie kann es sein, dass z.B. eine arme, alte, obdachlose Frau wegen schwarz fahren in das Gefängnis kommt, aber der reiche Herr Ecclestone nicht?
Ist es ihrer Meinung nach fair, dass man z.B. mit Schwarzfahrern so hart umgeht, wie in diesen Links beschrieben:
Selbst seriöse Medien wie der Deutschlandfunk schreiben zum Ecclestone-Urteil: Der Rechtsstaat wird zur Ramschware:
Ist es in Ihrer Meinung nach in Ordnung, wenn man die Großen laufen lässt, die Kleinen aber "hängt" ( nicht im wortwörtlichen sondern im sprichwörtlichen Sinne)? Sind Menschen mit wenig Geld nicht benachteiligt, wenn sie z.B. keine gute Sozialprognose ausgestellt bekommen, weil sie z.B. keine Arbeit haben? Und so m.W. seltener Bewährungen bzw. Freigang erhalten oder weil sie ihre Geldstrafe nicht bezahlen können und so eine Ersatzfreiheitsstrafe bekommen?
In Skandinavien und im deutschen Bundesland Schleswig-Holstein, ist die Gefangenenquote laut Dünkel niedriger als in Ihrem Bundesland:
Was tun Sie, um das zu ändern? Wäre es nicht an der Zeit, bei kleinen Delikten und bei Ersatzfreiheitsstrafen Gnade walten zu lasse bzw. alternativ zu bestrafen? Dann müsste man auch nicht so viele Gefängnisse unterhalten bzw. sogar neu bauen.
Mit freundlichen Grüßen
Hartmut G. Mayer
Sehr geehrter Herr Mayer,
zu Ihren Fragen nur einige Einschätzungen aus meiner Sicht.
Ich teile Ihre Auffassung, dass ein Rechtsstaat nicht nach dem Motto „die Kleinen hängt man, und die Großen lässt man laufen“ verfahren darf. Bei der Rechtsanwendung durch Gerichte und Staatsanwaltschaften, wie auch bei der Fortbildung in der Justiz spielt das Thema „vor dem Gesetz sind alle gleich“ eine große Rolle.
Die Vermeidung von Haft bei nicht so schwerwiegenden Delikten ist Bestandteil der Praxis, z.B. in Rheinland Pfalz durch Projekte wie „Schwitzen statt Sitzen“, wo Verurteilte die Gelegenheit haben, durch gemeinnützige Arbeit Haft zu vermeiden. Auch mit Häusern des Jugendrechts in den Oberzentren kümmern wir uns in Rheinland-Pfalz darum, wie in Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaften, Polizei, Jugendgerichtshilfe und freien Trägern möglichst schnell und sinnvoll mit auffällig gewordenen Jugendlichen umgegangen wird.
Zu den beiden angesprochenen Themen „Schwarzfahren“ und „Ecclestone“ zwei Anmerkungen:
Auch wenn „Schwarzfahren“ kein Straftatbestand mehr wäre und lediglich durch ein Bußgeld geahndet würde, käme es zu ähnlichen Problemen für die Menschen, welche die Zahlungen nicht leisten.
Über die Einstellung des Verfahrens gegen Herrn Ecclestone lässt sich gewiss auch unter Juristen trefflich streiten und man kann mit guten Gründen verschiedene Ansichten hierzu vertreten.
Als Justizminister des Landes Rheinland-Pfalz bitte ich um Verständnis, dass ich bei der Beurteilung von Entscheidungen, welche unabhängige Gerichte getroffen haben, Zurückhaltung übe, zumal mir der zugrunde liegende Sachverhalt lediglich aus der Presse bekannt ist.
Mit freundlichen Grüßen
Jochen Hartloff