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Jobst-Egbert von Frankenberg und Proschlitz
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Frage von Jonathan H. •

Frage an Jobst-Egbert von Frankenberg und Proschlitz von Jonathan H. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrter Herr von Frankenberg,

Inwieweit dürfen ihrer Meinung nach private Investoren an der Gestaltung des Unterrichts teilhaben?
Sollte der Unterricht wie bisher nur von der Schulbehörde vorgegeben werden, oder sollten Firmen Vorschläge machen dürfen, in welchen Fächern welcher Stoff behandelt werden sollte?
Sollten die Schulbücher von der Schulbehörde vorgegeben werden, oder sollten Firmen Informationsmaterial zur Verfügung stellen dürfen?

Mit freundlichen Grüßen
Jonathan Held

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Held,

die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen Schulen und Wirtschaftsunternehmen ist unter verschiedenen Aspekten zu betrachten. In einigen Bereichen ergibt eine Kooperation interessante Perspektiven für die Beteiligten, in anderen Bereichen erscheint eine Zusammenarbeit weniger sinnvoll.
Im Einzelnen hängt dies unter anderem von der Art der Schule, dem Profil und Ziel des Unternehmens und der Form der Zusammenarbeit ab. So ist beispielsweise im Bereich der Berufsschulen eine Kooperation regelmäßig sinnvoll, da es sich um überwiegend erwachsene Schüler handelt, die intensiv auf ihren anstehenden Beruf vorbereitet werden sollen. Unternehmen können dort aufgrund ihrer praktischen Erfahrungen wertvolle und berufsspezifische Informationen an die Schüler weitergeben. In Grundschulen hingegen erscheint eine Kooperation weniger angebracht. Die jüngeren Schüler sollen zunächst eine fundierte allgemeine Bildung erhalten, die noch keinen Bezug zu verschiedenen Berufsbildern hat. Es ist sehr wichtig, dass sich die Kinder zunächst frei entfalten können, um entsprechend ihrer Stärken und Schwächen im Laufe ihrer Entwicklung den richtigen Beruf wählen zu können.

Eine gewisse Gefahr bei der Mitgestaltung von privaten Unternehmen in öffentlichen Schulen geht schon von der unterschiedlichen Zielsetzung von Unternehmen einerseits und dem staatlichen Bildungsauftrag andererseits aus. Unternehmen sind in der freien Marktwirtschaft tätig und verfolgen daher in der Regel das Ziel der Gewinnmaximierung. Jegliches Engagement der Unternehmen im Bereich der Bildung muss daher daraufhin geprüft werden, ob es nicht lediglich dieser Maxime unterliegt. Dies kann beispielsweise darin bestehen, dass die Unternehmen durch offene oder versteckte Werbung im Rahmen des Unterrichts frühzeitig gute und sehr gute Schüler für eine Karriere in ihrem Unternehmen gewinnen wollen und damit die freie Berufswahl dieser Schüler beeinträchtigen. Hinzu kommt, dass sich eine Einflussnahme auch wettbewerbsverzerrend auswirken kann, da sich so bestimmte Unternehmen gegenüber anderen profilieren können. Der Bildungsauftrag des Staates hingegen umfasst eine allgemeine Aus- und Weiterbildung der Schüler, die weitgehend politisch und wirtschaftlich neutral und unabhängig erfolgen sollte. Dieser Ansatz erscheint in Anbetracht der ohnehin zunehmenden Medialisierung und Kommerzialisierung von jungen und jüngsten Kindern auch noch immer aktuell.

Die Gestaltung des Unterrichts durch Unternehmen ist demnach mit Vorsicht zu genießen. Gerade dieser Bereich ist besonders sensibel, da die Schüler täglich damit konfrontiert werden und die Gefahr der Einflussnahme somit besonders groß ist. Sie ist regelmäßig auch gar nicht erforderlich, denn die seit Jahrzehnten erprobten Lehrpläne werden ständig den aktuellen Bedürfnissen angepasst. Je nach Art der gelehrten Fächer und Art der Schule kann eine Zusammenarbeit trotz dessen sicherlich interessante Impulse für die Aktualisierung und den Ausbau von Lehrplänen enthalten. Andere Bereiche der Kooperation sind dagegen unbedenklicher. Wenn beispielsweise ein privates Unternehmen eine Sporthalle stiftet, findet der Sportunterricht in der Halle trotzdem neutral gegenüber politischen und wirtschaftlichen Interessen statt. Auch das Betreiben der Kantine einer Schule durch einen privaten Anbieter hat sich in der Praxis häufig als eine vernünftige Zusammenarbeit bewiesen - so steigt in der Regel die Qualität bei geringeren Kosten.

Je nach Bereich ist eine Kooperation auf ihre Tauglichkeit hin zu überprüfen. Bundesweit werden zur Zeit verschiedene Modelle der Zusammenarbeit der öffentlichen Hand und der privaten Wirtschaft im Bereich des Schulwesens getestet. Im Rahmen des Hamburger Projektmodells „Hamburg Süd“ werden zum Beispiel viele Schulen in Zusammenarbeit mit privaten Unternehmen rundum saniert. Insgesamt ist damit festzuhalten, dass eine Kooperation je nach Bereich interessante Vorteile bieten kann, aber gegenüber einer Zusammenarbeit im Bereich der Unterrichtsgestaltung durchaus Bedenken anzumelden sind. Die Schulpolitik lehnt eine Zusammenarbeit keinesfalls kategorisch ab, sondern prüft sie sehr differenziert und im Einzelfall auf ihre praktische Umsetzbarkeit und Vereinbarkeit mit dem öffentlichen Bildungsauftrag.
Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Egbert von Frankenberg, MdHB