Frage an Joachim Schuster von Jahn F.
Sehr geehrter Herr Dr. Schuster,
Man hört immer wieder, dass sich die Niedrigsteuerländer (wie zum Beispiel Irland) sich mit immer niedrigeren Steuersätzen oder Steuerdeals für große Konzerne unterbieten. In einer vor kurzem veröffentlichten Studie Ihrer Grünen-Kollegen wurde ja ermittelt, dass Konzerne in fast allen EU-Staaten weniger zahlen als sie sollten. In dieser Frage möchte ich nun wissen:
1. Wie sehen Sie und Ihre Fraktion den vorherrschenden Steuerwettbewerb (insbesondere für die Unternehmen) in der EU?
2. Würden Sie am jetzigen System etwas verbessern wollen? Und wenn Ja, was?
3. Was würde aus Ihrer Sicht für oder gegen eine Steuerharmonisierung sprechen?
Ich bedanke mich im Voraus für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
J. F.
Sehr geehrter Herr F.,
vielen Dank für ihre Fragen, die ich gerne wie folgt beantworte:
zu 1.:
Meine Fraktion und ich halten den vorherrschenden Steuerwettbewerb für einen gravierenden Verstoß gegen die Prinzipien sozialer Gerechtigkeit. Es ist ein Skandal, dass viele internationale Konzerne sich faktisch ihrer Steuerpflicht entziehen. Möglich wird dies, weil die Unternehmensbesteuerung in der Souveränität der Mitgliedstaaten liegt und die Bereitschaft eine engeren Kooperation letztlich momentan noch gering ausgeprägt ist.
zu 2.:
Aus meiner Sicht gibt es drei zentrale Reformprojekte im Zusammenhang der Unternehmensbesteuerung. Erstens bedarf es einer europäischen Harmonisierung der Bemessungsgrundlage der Unternehmensbesteuerung (also der Definition, aus welchen Bestandteilen sich der Unternehmensgewinn zusammensetzt) in Verbindung mit einer Festlegung von Mindeststeuersätzen. Zweitens muss die Einführung einer Finanztransaktionssteuer erfolgen, die spekulative Finanztransaktionen mit einer Steuer belegt. Drittens befürworte ich die Einführung einer Digitalsteuer, damit die großen, zumeist amerikanischen Internet-Konzerne auch in Europa verpflichtet werden, angemessene Steuern auf ihren in Europa erzielten Gewinn zu leisten.
Zu 3.:
Aus meiner Sicht spricht nichts gegen eine Steuerharmonisierung im Bereich der Unternehmenssteuern. Im Gegenteil sprechen gewichtige Gründe dafür: Steuerdumping würde dadurch verhindert oder zumindest deutlich eingeschränkt, die Einnahmebasis der Mitgliedstaaten würde deutlich gestärkt und internationale agierenden Unternehmen würden im gleichen Maße besteuert werden wie rein national agierende, zumeist kleine und mittlere Unternehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Schuster