Frage an Joachim Schuster von Thomas R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Schuster,
die sogenannten Freihandelsabkommen neuen Typs wie z.B. TTIP, CETA, TISA und derzeit JEFTA wurden schon 2013 von Lori Wallach als die 'große Unterwerfung' (der Politik unter die internationalen Konzerne) charakterisiert, siehe https://monde-diplomatique.de/artikel/!433463 .
Wie bewerten Sie regulatorische Kooperation, die Asymmetrie in ISDS und nicht zuletzt die Dynamik solcher Abkommen, die ein demokratisch nicht legitimierter Ausschuss zukünftig beliebig abändern kann? Welche angeblichen Vorteile derartiger Abkommen könnten diese Verluste an politische Möglichkeiten, auf beispielsweise Nachhaltigkeit, Arbeitsschutz, Naturschutz zu bestehen, ausgleichen?
Ich bin gespannt auf Ihre Erläuterung, Thomas Risse
Sehr geehrter Herr R.,
gerade angesichts des willkürlichen Protektionismus der USA unter Präsident Trump halte ich es für wichtig, für ein regelgebundenes internationales Handelssystem im Rahmen der WTO einzutreten. Das verhandelte Abkommen zwischen der EU und Japan entspricht dieser Zielsetzung.
Allerdings beinhaltet dieses Abkommen aus meiner Sicht auch zwei gravierende Defizite:
* Japan hat zwei der acht Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation nicht unterzeichnet. JEEPA beinhaltet hierzu zwar Passagen, die eine Ratifizierung in Aussicht stellen, allerdings ohne konkreten Zeit- und Maßnahmenplan.
* Das Nachhaltigkeitskapitel beinhaltet zwar allgemeine Verpflichtungen, um die im Pariser Abkommen niedergelegten Klimaschutzziele als auch die Nachhaltigkeitsziele allgemein zu erreichen. Das Kapitel enthält aber keine wirksamen Durchsetzungsmechanismen.
Da für mich diese beiden Aspekte zwingend vernünftig in neuen Handelsabkommen geregelt werden müssen, habe ich mich im Handelsausschuss für eine Verschiebung der Ratifizierung eingesetzt, um bei diesen Punkten noch vertragliche Verbesserungen zu erreichen. Da dies im Handelsausschuss keine Mehrheit fand, habe ich gegen das Abkommen gestimmt.
Investitionen sind explizit nicht Gegenstand des Abkommen, weil gravierende Unterschiede zwischen Japan und der EU über die mögliche Streitschlichtung bestehen. Während Japan auf ISDS bestanden hat, hat die EU dies abgelehnt.
Im Abkommen ist zwar eine regulatorische Kooperation vorgesehen. Gesetzesänderungen (also auch die Änderungen von Regulierungsvorschriften) können aber nicht von den vorgesehenen Ausschüssen vorgenommen werden, sondern nur von den jeweiligen Gesetzgebern. In der EU bedürften diese also eines ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, bei dem die Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament zustimmen müssten.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Schuster