Frage an Joachim Poß von Carsten S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Poß,
die Gesundheitsreformen der letzten Jahre haben die Krankenhäuser zu enormen Kosteneinsparungen gezwungen.
Neben der Einführung der Abrechnung nach DRGs wird zusätzlich im Rahmen der sog. "Integrierten Versorgung gem. §140d" den gesetzlichen Krankenkassen nun ermöglicht, bis zu 1% der Rechnungsbeträge einzubehalten.
Neben dem enormen verwaltungstechnischen Aufwand, der durch diese Kürzungen in den Krankenhäusern entsteht, entsteht hier ein enormes Liquiditätsrisko.
Desweiteren versucht nun nahezu jedes Krankenhaus, durch Optimierung seines "Lösungsportfolios" (-->Kostenträgerrechnung) die Kosten zu senken, indem nicht ertragsreiche Fachgebiete nach und nach gestrichen werden. Weiter werden Servicegesellschaften gegründet, damit nicht-medizinische Fachkräfte nicht mehr nach dem "hoch bezahlten BAT" entlohnt werden müssen.
Auf der anderen Seite wird im Bereich der Universitätskliniken mit Hilfe von Landeszuschüssen "das Geld nur so zum Fenster herausgeworfen". Hier ist von Kostendruck, alleine bei Betrachtung der Personaldecke, beinahe nichts zu erkennen.
Deutschland ist im Bereich der Medizintechnik führend, aber auch die Medizintechnik ist von der Investitionsbereitschaft der Krankenhäuser abhängig. Durch den durch Kostendruck hervorgerufenen Investitionsstau wird sich auch die Medizintechnik in absehbarer Zukunft in einer Krise befinden.
Wie stellt sich Ihre Partei diesen Problemen in der Gesundheitspolitik? Müsste das Sparen nicht vielmehr bei den Krankenkassen anfangen, indem hier auch Synergieeffekte durch Fusionen genutzt werden? Werden Universitätskliniken - auch wenn sie weiterhin universitären Charakter behalten sollen - zukünftig mehr zu wirtschaftlichem Handeln gezwungen?
Wie kann Ihrer Meinung nach sichergestellt werden, dass die deutsche Medizintechnik auch weiterhin führend bleibt?
Sehr geehrter Herr Steffan,
In den vergangenen Legislaturperioden hat die SPD-geführte Bundesregierung versucht, die Effizienz im Gesundheitswesen zu erhöhen, ohne die Qualität der medizinischen Versorgung zu verringern. Dabei war die Bundesregierung leider auf die Unterstützung der unionsregierten Länder im Bundesrat angewiesen. Die Interessenvertreter der Ärzte und der Pharmaindustrie haben mit Unterstützung von CDU und CSU viele strukturelle Veränderungen, die die SPD im Gesundheitswesen erreichen wollte, verhindert. Gleichzeitig musste die SPD auf Vorschlag von Frau Merkel zehn Euro Praxisgebühr akzeptieren – die in der Öffentlichkeit meist der SPD „angekreidet“ werden – um die Zustimmung der Union zumindest zu Teilen der vorgesehenen strukturellen Veränderungen zu erhalten.
Trotzdem bin ich überzeugt, dass die Gesundheitsreform ein erster Schritt in die richtige Richtung war: Einige Krankenkassen haben bereits ihre Beiträge gesenkt, andere Krankenkassen haben sich von ihrem Schuldenberg befreit. In jedem Fall konnte eine Erhöhung der Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung verhindert werden: Ohne das Beitragssicherungsgesetz und das GKV-Modernisierungsgesetz wäre der durchschnittliche Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahre 2004 auf über 15% gestiegen. So konnte der durchschnittliche Beitragssatz im Jahr 2004 auf 14,2% gesenkt werden. Der Großteil der Akteure im Gesundheitswesen hat natürlich eher ein Interesse an Beitragserhöhungen – und damit an einer Erhöhung der Geldsumme, die sich verteilen lässt – als an stabilen Beiträgen bzw. Beitragssenkungen. Dies dürfte einer der Gründe sein, warum einige Ärzte eine regelrechte Kampagne gegen die SPD gestartet haben.
Mit der von der SPD angestrebten solidarischen Bürgerversicherung werden wir auch zukünftig eine gute medizinische Versorgung für alle bereitstellen können, indem sich alle Bürger nach ihrer Leistungsfähigkeit an der Finanzierung des Gesundheitswesens beteiligen. Im Gegensatz dazu würde das Kopfpauschalen-Modell der Frau Merkel entweder zu einer Entsolidarisierung im Gesundheitswesen führen oder eine riesige Finanzierungslücke im Bundeshaushalt aufreißen.
Ich möchte Ihnen nicht vorgaukeln, als Finanzpolitiker ein Experte bei Detailfragen aus dem Bereich der Gesundheitspolitik zu sein. Ich hoffe deshalb auf Ihr Verständnis, wenn ich Sie bitte, Ihre Fragen zu den Abrechnungsmodalitäten an die Sprecherin der Arbeitsgruppe Gesundheit und Soziale Sicherung der SPD-Bundestagsfraktion, Frau Erika Lotz, zu richten. Die E-Mail-Adresse von Frau Lotz lautet:
erika.lotz@bundestag.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Poß