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Joachim Poß
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Frage von Utz W. •

Frage an Joachim Poß von Utz W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Poß,

ich verstehe die neuen Steuerpläne der SPD nicht.
Der Spitzensteuersatz soll auf 49% erhöht, eine Vermögenssteuer eingeführt und die Entlastung kleinerer Einkommen zunächst ausgesetzt werden.
2010 lagen die kassenmäßigen Steuereinnahmen wie folgt (Quelle für alle Zahlen: BMF).
Lohn- und Einkommensteuer der Arbeitnehmer (75% der Einkommensteuer wird von den Arbeitnehmern aufgebracht): 151,288 Mrd.
Bezogen auf das Arbeitnehmerentgelt einschl. AG-Anteil zur SV von 1.262,870 Mrd. ergibt sich dafür eine reale Steuerlastquote von 11,98%.
Die Unternehmens- und Vermögenseinkommen von 634,97 Mrd. erbrachten an nicht veranl. Steuern vom Ertrag, Abgeltungssteuer, anteiliger Einkommensteuer, Körperschaftssteuer und Gewerbesteuer 84,786 Mrd., das entspricht einer realen Steuerlastquote von 13,35%, obwohl das Gesetz dafür 25 bis 30% vorsieht.
Dabei herausragend ist die Körperschaftssteuer, die 15% betragen sollte. Bei einem Gewinn der Kapitalgesellschaften von 494 Mrd. wurden tatsächlich nur 12,041 Mrd. gezahlt, das entspricht einer realen Steuerlastquote von 2,44% (!), offenbar das Ergebnis von „Ausnahmetatbeständen“, also legaler Steuervermeidung, freiwilligem Steuerverzicht des Staates.

Könnten Sie freundlicherweise erklären, wieso die SPD angesichts dieser Sachverhalte die Einkommensteuer für Personen und Personengesellschaften erhöhen und neue, Substanz verzehrende Steuern einführen will, statt lieber die Einnahmenausfälle durch Ausnahmetatbestände zu beseitigen, die einen jährlichen Verlust von (sh. oben) rund 75 Mrd. (!) verursachen?

Mit freundlichen Grüßen
Utz Wilke

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Wilke,

Ihr Schreiben liest sich, als wollte die SPD steuerliche Belastungen von Bürgerinnen und Bürgern mit kleinen und mittleren Einkommen erhöhen, um gut verdienende Unternehmen zu schonen. Das ist falsch! Wenn Sie unser Konzept lesen, das ich Ihnen zu Ihrer Kenntnis beilege, dann werden Sie feststellen, dass beides nicht richtig ist.

1. Bürgerinnen und Bürger bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 64.000 Euro werden durch unsere Pläne keinen einzigen Cent mehr an Einkommensteuer zahlen. Für Verheiratete verdoppelt sich dieser Betrag auf 128.000 Euro zu versteuerndes Einkommen - wohlgemerkt geht es hier um das zu versteuernde Einkommen und nicht um das in der Regel noch deutlich darüber liegende Bruttoeinkommen.

2. Wir Sozialdemokraten wollen natürlich auch, dass gut verdienende Unternehmen einen gerechten Anteil an der Finanzierung unseres Gemeinwesens leisten. Entsprechende Forderungen finden Sie auch im „Nationalen Pakt für Bildung und Entschuldung“: Wir wollen ferner die „Hoteliersgesetze“ und die Steuererleichterungen für reiche Erben, Hoteliers und Konzerne zurücknehmen. Damit mobilisieren wir annähernd 5 Milliarden Euro - 1,7 Mrd. für den Bund, 1,6 Mrd. für die Länder und 1,6 Mrd. für die Kommunen. Ebenso wollen wir bei den Subventionen kürzen: Diese sind ja oftmals nichts anderes als die von Ihnen angesprochenen und teilweise zu recht kritisierten Ausnahmetatbestände. Dazu heißt es in unserem Konzept: „Es muss eine neue breit angelegte Initiative zum so oft geforderten Subventionsabbau, d.h. zum Abbau insbesondere von ökologisch fragwürdigen Subventionen geben. Wir schlagen den Abbau ökologisch schädlicher Subventionen anwachsend auf knapp 4 Mrd. Euro 2016 (Gesamtstaat, 2016; Bundesanteil 2,2 Mrd. Euro) vor. Dazu gehören unter anderem der Abbau der steuerlichen Vergünstigung für Agrardiesel, die Begrenzung der Absetzbarkeit von Kraftstoffkosten bei großen Firmenwagen sowie die Streichung der Begünstigung von Flugbenzin. Ferner schlagen wir den Abbau weiterer ausgewählter Subventionen aufwachsend um 2 Prozent auf 1,5 Mrd. Euro (2016, nur Bundesanteil) vor. (…) Durch Abschaffung der Steuerbefreiung für REITS lassen sich bereits im ersten Jahr Mehreinnahmen von über 300 Millionen Euro mobilisieren.“

Ich glaube alleine an dieser Stelle wird deutlich: Wenn Sie die mangelnde Beteiligung von Unternehmen an der Finanzierung unseres Gemeinwesens kritisieren, dann sollten Sie sich lieber an Union und FDP wenden. Diese Parteien waren es, die bei den steuerpolitischen Diskussionen der vergangenen Jahre immer wieder als Interessenvertreter von Großunternehmen und Konzernen aufgefallen sind.

Wir Sozialdemokraten sind uns sicher: Die Umsetzung der im „Nationalen Pakt für Bildung und Entschuldung“ vorgeschlagenen Maßnahmen wären auch ein wichtiger Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit in Deutschland.

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Poß