Frage an Joachim Poß von Wolfgang S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Poß,
warum sind Parteispenden überhaupt erlaubt? Oder, warum werden Sie nicht staatlich reguliert, entsprechend dem Wähleranteil an die Parteien verteilt?
Die offensichtliche Wirkung des Parteispendensystems ist doch, dass eine "wirtschaftsfreundliche" Politik gefördert wird, da die Parteien je nach ihrer Agenda mehr oder weniger Spenden durch Unternehmen erhalten.
Nun beruht unser demokratisches System ja auf der Annahme, dass jeder Mensch das gleiche Stimmrecht hat. Wollte man das Geld entscheiden lassen, könnte man Entscheidungen auch versteigern. Dies mag in bestimmten Fällen ja auch angebracht sein, aber wäre es nicht transparenter, dies dann auch direkt zu tun, und nicht auf dem Umweg über Parteispenden?
Oder darf man davon ausgehen, dass Menschen, die über die Verwendung von Geld (Unternehmensgewinnen) als Parteispenden entscheiden können, auch mehr Überblick, Intelligenz o.ä. haben, und deshalb mehr Einfluss haben sollten?
Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Schwarz.
Sehr geehrter Herr Schwarz,
prinzipiell glaube ich nicht, dass man Bürgerinnen und Bürgern verbieten sollte bzw. verbieten kann, Parteien, denen sie nahe stehen, durch entsprechende Spenden zu unterstützen. Allein schon der fließende Übergang zwischen Mitgliedsbeiträgen und Spenden lässt ein komplettes Spendenverbot - unabhängig davon, ob es tatsächlich wünschenswert wäre - nicht realistisch erscheinen lassen. Problematisch werden Zuwendungen an Parteien dort, wo sich der Verdacht aufdrängt, dass durch sie Regierungshandeln beeinflusst werden soll. In diesem Zusammenhang scheinen mir zum Beispiel die Zuwendungen fragwürdig, die die FDP (1,1 Mio. Euro) und CSU (820.000 Euro) über Umwege von der Familie Finck erhalten haben. Die Familie Finck ist Miteigentümerin der Mövenpick Gruppe, die in Deutschland 14 Hotels betreibt. In den Koalitionsverhandlungen mit der CDU/CSU im vergangenen Oktober erwirkte die FDP die Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf Hotelübernachtungen von 19 auf 7 Prozent. Für den stark umstrittenen Steuerbonus hatte sich die CSU ebenfalls massiv eingesetzt. Unangebracht sind Spenden auch dort, wo der Anschein entsteht, dass durch Sie Zugang zu Entscheidern in Regierungen erkauft wird: Die aktuellen Diskussionen um den "Verkauf" von Gesprächen mit Ministerpräsident Rüttgers durch die CDU in Nordrhein-Westfalen sind hier ein besonders negatives Beispiel. Letztendlich bleibt bei solchen Auswüchsen aber der Wähler gefragt, genau hinzusehen und solches Fehlverhalten der jeweiligen Parteien bei den entsprechenden Wahlen zu sanktionieren.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Poß