Frage an Joachim Pfeiffer von Karl-Josef H.
Sehr geehrter Herr Dr.Pfeiffer,
mich interessiert was unsere Politiker aus unserer Region gegen die immer stärker steigenden Strompreise unternehmen wollen.
Wir habe eine Wohnung die mit Nachtspeicheröfen beheizt wird. Warum bekommen ich keinen Bonus weil ich Stromspoecheranbieter bin? Nicht ganz ernst gemeint, aber warum eigentlich nicht?
Meine Stromkosten sind expolsionsarktig gestiegen. 2007 habe ich im Jahr 2100.- € bezahlt und 2014 waren es schon 4100.-€ Wo soll das noch hinführen?
Noch kann ich mir den Strom leisten, aber es gibt viele Mitmenschen die das bald nicht bezahlen können. Die Strompreisreduzierungen kommen nie beim Endver-braucher an. Energiefressende Betriebe werden entlastet, das kann ich in Teilen nachvollziehen, aber warum werden immer nur die Endverbraucher zur Kasse gebeten, die sich letztendlich nicht wehren können.
Ich finde es Schade, dass die Endkunden keine Lobbyverbände im Bundestag haben, dann würde auch wir endlich mitbestimmen können.
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Josef Hartmann
Sehr geehrter Herr Hartmann,
ich stimme Ihnen zu, dass die Stromkostenentwicklung alarmierend ist und der derzeitige Anstieg der Energiepreise für viele Bürgerinnen und Bürger eine große Belastung ist. Ihre Ausführung zu Ihren Stromkosten ist leider kein Einzelfall. Die Förderung der erneuerbaren Energien (EE) kostet die Verbraucher inzwischen jedes Jahr rund 24 Milliarden Euro. Vor dieser Kostenexplosion im Zuge der EEG-Förderung habe ich bereits 2004 gewarnt – während der damalige Umweltminister Trittin noch behauptete, die EE-Förderung koste den Durchschnitts-Haushalt nur so viel wie eine Kugel Eis. Seitdem habe ich immer klar und deutlich auf die Kostenentwicklung hingewiesen und bei den EEG-Novellen in 2008, 2010 und 2012 stets auch konkrete Vorschläge zur Kostensenkung eingebracht. Leider waren meine Bemühungen nur von bescheidenem Erfolg gekrönt. Zu viele glaubten offensichtlich, der Umbau der Energieversorgung sei zum Nulltarif zu haben. Andere sind wiederum ideologisch verblendet und wollen die Wahrheit schlichtweg nicht wahrhaben. Wenn ich die aktuelle Kohleausstieg-Debatte betrachte, dann haben es offensichtlich immer noch nicht alle verstanden, dass die Grenze der Belastbarkeit längst erreicht ist.
Es ist jetzt fünf vor zwölf und weiteres Handeln ist gefragt, um die Kosten für die Verbraucher – Industrie und Haushalte – zu begrenzen. Hauptursache der Kostenexplosion ist der ungebremste Ausbau der erneuerbaren Energien und der Anstieg der EEG-Umlage in den letzten Jahren. Hier gilt es anzusetzen, um den Anstieg der Stromkosten zu stoppen. Ökostrom ist längst kein Nischenprodukt mehr, sondern prägender Teil des Stromsystems. Erneuerbaren Energien müssen daher zügig weiter in das Energiesystem und den Energiemarkt integriert werden. Nur, wenn es gelingt den Zubau erneuerbarer Energien stärker mit der konventionellen Erzeugung, dem Lastmanagement sowie dem Speicher- und Netzausbau abzustimmen, lassen sich die Kosten beim Umbau der Energieversorgung begrenzen. Nur mit „Mehr Markt“ lässt sich der Umstieg auf erneuerbare Energien kosteneffizient umsetzen.
Einen ersten wichtigen Schritt hin zu einer stärkeren Markt- und Systemintegration der EE-Anlagen hat die unionsgeführte Bundesregierung mit der EEG-Reform 2014 gemacht. Mit der EEG-Reform ist es gelungen, die bisherige Kostendynamik beim weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien zu bremsen. Hierzu enthielt das Gesetz eine Reihe von Regelungen, u.a. die Festlegung verbindlicher technologiespezifischer Ausbaukorridore für die verschiedenen Arten der erneuerbaren Energien (Wind an Land, Photovoltaik, Biomasse etc.), den Abbau bestehender Überförderungen (z.B. Streichung von Boni) und die stärkere Beteiligung der Eigenstromerzeuger an der EEG Umlage. Die stärkere Marktintegration der erneuerbaren Energien wird durch die stufenweise Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung von Strom aus erneuerbaren Energien erreicht. Ich hätte den erneuerbaren Energien noch weitaus mehr Markt zugetraut und habe daher bereits bei der EEG-Novelle 2014 für noch tiefgreifendere Schritte plädiert. Doch dazu war der Koalitionspartner nicht bereit. Zudem hätten die Bundesländer – die von den hohen EE-Ausbauraten in erheblichen Umfang profitieren – weitergehende Reformschritte blockiert.
Die Große Koalition hat mit der jetzt anstehenden EEG-Novelle 2016 erneut Gelegenheit, notwendige Reformen in Richtung Markt- und Wettbewerb anzupacken. Neben einem umfassenden Systemwechsel – Umstellung auf ein wettbewerbliches Ausschreibungssystem – ist es bei der EEG-Novelle 2016 meines Erachtens von zentraler Bedeutung, die erheblichen Überschüsse beim Ausbau von Windkraftanlagen aus den Jahren 2014 und 2015 im Ausbaukorridor für die kommenden Jahre zu berücksichtigen. Das heißt im Klartext: In den kommenden Jahren weniger Wind auszubauen – zumindest bis der Zielpfad wieder erreicht ist. Auch was die Höhe der Fördersätze angeht, ist noch Luft drin. Die Fördersätze können also noch weiter gesenkt werden. Bestrebungen des Bundeswirtschaftsministeriums, Windstandorte geringerer Qualität in der Ausschreibung aufzuwerten (durch Boni), lehne ich ab. Dies ist sowohl ökonomisch wie energiewirtschaftlich ineffizient. Die Möglichkeiten, die sich der Bundesregierung zur Senkung der Kosten bieten, gilt es zu nutzen. Der Umbau der Energieversorgung muss so kosteneffizient wie möglich umgesetzt werden, wenn dieses Mammutprojekt von Erfolg gekrönt werden soll.
Offen ist, wie wir mit den bereits in der Vergangenheit ausgelösten Kosten der Förderung umgehen, die sich bereits auf einen dreistelligen Milliardenbetrag belaufen. Hierzu liegen erste Vorschläge vor, etwa eine Fondslösung, bei der die momentane Kostenbelastung durch eine zeitliche Streckung reduziert werden soll. Diese Vorschläge gilt es, sorgfältig zu prüfen.
Lassen Sie mich noch ein paar Worte zur Besonderen Ausgleichsregelung für stromintensive Unternehmen sagen. Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um eine Regelung zum Ausgleich einer nationalen Sonderbelastung. Die nationale Sonderbelastung, die den Unternehmen hierzulande durch die hohe EE-Förderung entsteht, wird für stromintensive Unternehmen abgesenkt. Diese Entlastungen erhalten die globale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Industrieunternehmen. Dies ist unabdingbar für die Erhaltung des deutschen Industriestandortes und die Sicherung der industriellen Basis unseres Wohlstands. Es geht hier nicht um Geschenke oder Subventionen, sondern um die Reduzierung Erleichterungen für Standortnachteile, die für die Industrie bestehen. Denn die deutschen Industriestrompreise gehören im europäischen und weltweiten Vergleich bereits jetzt zu den höchsten. Jegliche Zusatzbelastung erhöht die Gefahr der Abwanderung und Vernichtung von Arbeitsplätzen. Dabei ist es die Industrie, der Deutschland trotz Krise sein aktuelles wirtschaftliches Wachstum verdankt. Es muss daher im laufenden Beihilfeverfahren bei der EU-Kommission das Ziel sein, die bestehenden Entlastungsregelungen für die Industrie so weit wie möglich zu erhalten. Anderenfalls drohen sofortige Werksschließungen und die Vernichtung zehntausender Arbeitsplätze sowie die schrittweise Abwanderung der verbleibenden energieintensiven Branchen. Zudem führen die Entlastungen der energieintensiven Industrie lediglich zu moderaten Zusatzbelastungen. Infolge des Anstiegs der EEG-Umlage auf 6,3 Cent in 2014 beträgt die Entlastung der Industrie rund 1,4 Cent/Kilowattstunde. Die Entlastungen der Industrie bei der EEG-Umlage kosten einen Durchschnittshaushalt (3.500 Kilowattstunden) damit nicht einmal 50 Euro im Jahr. Insgesamt sichern so vier Euro im Monat die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland. Zum Vergleich: Die EEG-Umlage insgesamt belastete den Durchschnittshaushalt 2013 bereits mit rund 185 Euro. 2014 sind es bereits 220 Euro.
Sehr geehrter Herr Hartmann, der Umbau der Energieversorgung ist nicht zum Nulltarif zu haben. Unsere Aufgabe ist es jedoch, die Kosten dieses Generationenprojekts auf ein verträgliches Maß zu beschränken. Der Umstieg auf erneuerbare Energien ist maßvoll und verträglich zu gestalten, denn die Energieversorgung muss auch in Zukunft sauber, sicher und bezahlbar sein. Der Weg dorthin führt über die Markt- und Systemintegration der erneuerbaren Energien. Forderungen nach einem Kohleausstieg führen hingegen in die Irre und zu neuen (Sonder-)Belastungen. Die Union als Kraft der Vernunft und mit ihrer Wirtschaftskompetenz ist aufgerufen dafür zu sorgen, dass der richtige Weg eingeschlagen wird und das Energiepaket vernünftig umgesetzt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Pfeiffer