Frage an Joachim Pfeiffer von Klaus L. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,
mein Wasserversorger, der auch Beteiligungen an österreichischen Wasserkraftwerken besitzt, hat mir nun auch Ökostrom abgeboten, der aus den genannten Kraftwerken stammen soll.
Wenn ich ausländischen Ökostrom beziehen kann, kann ich dann auch ausländischen Atomstrom beziehen ? Da für mich hauptsächlich der Kostenaspekt zählt, würde ich es sehr begrüßen z.B.
für ca. 15 Cent aus Frankreich Atomstrom zu beziehen. Ein großer Stromhändler müßte doch gerade in Deutschland genügend Kunden finden.
Hat bisher niemand diese Marktlücke erkannt, oder hat die Politik den Bezug von preisgünstigem Strom aus dem Ausland untersagt ?
Ein zweiter Punkt:
Wer ist eigentlich überwiegend für die jüngsten Strompreiserhöhungen im Privatsektor verantwortlich ?
Sind es hauptsächlich die großen Konzerne (RWE, Eon,...), die kommunalen Stadtwerke oder sonstige große Stromhändler ? In den Geschäftsberichten der großen Konzerne heißt es fast übereinstimmend: "Wir haben die voraussichtliche Stromproduktion für das nächste ! Jahr bereits zu 80% (oder 75%) verkauft." Für mich deutet das darauf hin, dass die großen Stromkonzerne vorrangig und im voraus ihren Strom an große Industriekunden verkaufen.
Ist es in diesem Zusammenhang sinnvoll, dass Frau Höhn von den Grünen vor etwa 2 Wochen zu einem Protestmarsch zur RWE-Zentrale in Essen aufgerufen hat ? Meines Erachtens müßte sie mindestens genauso entschieden vor den kommunalen Stadtwerken demonstrieren.
Und ganz unabhängig davon, wer nun dem privaten Kunden den Strom in Rechnung stellt, müßte sich die Politik generell selbstkritisch fragen, wieso inzwischen der Strompreis ziemlich exakt zu 50% durch staatliche Abgaben (aktuell die EEG-Umlage) und Steuern bestimmt wird.
Oder sehen Sie es anders ?
Mit freunlichen Grüßen
Klaus Link
Sehr geehrter Herr Link,
Deutschland ist über die Übertragungsnetze mit seinen Nachbarländern verknüpft und es besteht ein reger Austausch von Strom zwischen den Staaten. Die physikalischen Stromflüsse sind bekannt und werden veröffentlicht: Das Bundeswirtschaftsministerium gibt an, dass Deutschland 2011 im Bezug auf die physikalischen Stromflüsse mit 6 TWh Nettoexporteur war. Die Bundesrepublik importierte 50 TWh aus dem Ausland und exportierte 56 TWh.
Der Handel mit dem importierten Strom erfolgt über die Börse oder so genannte Over-the-Counter-Geschäfte, bei denen es zu bilateralen Abschlüssen zwischen den Handelspartnern kommt. Strom aus dem Ausland wird dort von den Energieversorgungsunternehmen angeboten. Stromhändlern in Deutschland steht es frei, wie sie ihr Lieferportfolio zusammenstellen. Dies schließt auch Anteile aus dem Ausland ein. Es gibt keine gesetzlichen Verbote, die dem Import von Strom Restriktionen auferlegen. Entscheidend für den Handel sind die Verfügbarkeit des Stroms und der Preis. Hierbei ist zu beachten, dass entsprechende Lieferkapazitäten bei Kuppelstellen erworben werden müssen, um den zwischenstaatlichen Stromtransfer zu ermöglichen. Zudem müssen auch die in Deutschland anfallenden Steuern und Abgaben entrichtet werden. Importstrom -- beispielsweise aus Frankreich -- wird also genauso mit allen Umlagen belastet, wie Strom, der in Deutschland erzeugt wird. Dementsprechend relativieren sich die Preisunterschiede.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland können ihrerseits den Stromanbieter frei wählen. Dies schließt auch die Wahl der Energiequellen ein, die angeboten werden. Haushaltskunden stehen dabei im Durchschnitt 147 Anbieter je Netzgebiet zur Verfügung. Über Internetportale haben die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, die unterschiedlichen Tarife zu vergleichen -- auch hinsichtlich der Lieferquellen.
In Deutschland herrscht seit der Liberalisierung ein reger Wettbewerb auf dem Energiemarkt. Der Verbraucher nimmt Einfluss auf das Geschehen am Markt, indem er Preise vergleicht und den Anbieter wechselt. Das Problem ist: Der marktwirtschaftlich-organisierte Teil des Elektrizitätsmarktes -- Strombeschaffung, Vertrieb und Service -- macht jedoch nur noch rund 35 Prozent des Strompreises aus. Der restliche Teil des Strompreises setzt sich aus den Netzentgelten sowie Steuern und Abgaben zusammen. Gerade letztere sind durch den unkontrollierten Ausbau der erneuerbaren Energiequellen in den letzten Jahren sehr stark gestiegen. Allein die EEG-Umlage hat sich seit 2009 von 1,31 ct/kWh auf 5,3 ct/kWh in 2013 vervierfacht. Die Übertragungsnetzbetreiber prognostizieren für das Jahr 2013 EEG-Einspeisevergütungen in Höhe von ca. 18,5 Milliarden Euro. Weitere 2 Milliarden Euro kommen als Nachholbetrag für 2012 noch hinzu. Die Kosten tragen die Verbraucher und die Unternehmen in Deutschland. Das darf so nicht weitergehen! Hier gilt es dringend gegenzusteuern!
Das EEG muss dringend nach marktwirtschaftlichen Kriterien reformiert werden. Es braucht grundlegende Veränderungen in der Förderstruktur: Stromproduzenten haben ihre Produkte selbst zu vermarkten und an den Markt zu bringen. Was in anderen Branchen selbstverständlich ist, muss schließlich auch für die Energiewirtschaft gelten. Dies ist richtig und fair, denn die Gemeinschaft kann nicht dauerhaft den Preis und die Abnahme garantieren. Es geht darum, die massiven Kostenbelastungen für Bürger und Wirtschaft auch tatsächlich zu begrenzen. Die bisherige Produktion muss endlich den Schritt von der Plan- zur Marktwirtschaft vollziehen. Die Markt- und Systemintegration der erneuerbaren Energien ist zwingend notwendig.
Nur mit mehr Markt wird der Umbau der Energieversorgung erfolgreich sein. Nur mit mehr Markt wird die Energieversorgung auch zukünftig sicher, sauber und bezahlbar sein. Die christliche-liberale Koalition schafft hierfür die Rahmenbedingungen und setzt den Umbau der Energieversorgung Schritt für Schritt um.
Ich freue mich auf den weiteren Austausch mit Ihnen und stehe für einen sachlichen und konstruktiven Dialog jederzeit gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Pfeiffer