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Joachim Pfeiffer
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Frage von Klaus L. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Klaus L. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Pfeiffer,

"So spart Ökostrom Milliiarden" war eine der Kernaussagen, die in dem ARD-Magazin Monitor vom 21.10.10 aufgestellt wurde.
Begründet wird das damit, dass bei zusätzlicher Einspeisung von Solarstrom der Börsenpreis an der Leipziger Strombörse sinkt.
Das ist wohl tatsächlich so, wobei mir nicht klar ist, warum der Strompreis sinkt, wenn Solarstrom mit 30 Cent (oder noch mehr) Einspeisevergütung konventionellen Strom mit Kosten von max. 5 bis 7 Cent verdrängt.
Monitor behauptete weiter, dass der Vorteil aus dem gesunkenen Börsenpreis "in den Gewinnmargen der großen Stromkonzerne" landet, aber nicht an die Kunden weitergegeben wird. Andererseits ist in den Geschäftsberichten von RWE oder Eon zu lesen, dass die jährlich produzierte Strommenge jeweils fast komplett im voraus verkauft wird.
Warum bewirkt ein höherer Solarstromanteil einen niedrigeren Börsenpreis ? Verdienen die großen Stromkonzerne tatsächlich jährlich "3 bis 5 Milliarden" (Monitor) durch den
gesunkenen Börsenpreis ?
Oder wer verdient überhaupt daran, und wer sind evtl. die Verlierer ?

Unklar ist mir auch, ob Atomstrom massiv staatlich gefördert wird bzw wurde.
So behauptet die WDR-Sendung Quarks & Co vom 9.11.10, dass "die in den Atomsektor gepumpten staatlichen Gelder" bis heute 204 Milliarden betragen, was 4,3 Cent/kWh entsprechen würde.
Es werden Rückstellungen der Betreiber für die spätere Stilllegung und den Rückbau der AKWs in Höhe von 28 Mrd. aufgeführt. Dieser Betrag wird dann wegen eines Zinsvorteils und der wirtschaftlichen Verwendung der Gelder für "andere unternehmerische Zwecke" auf 68 Mrd. erhöht.
Ein weiterer Vorteil von 44 Mrd. soll daraus resultieren, "dass Uran als Brennstoff für die Atomkraftwerke jahrzehntelang nicht besteuert wurde" - im Gegensatz zu anderen Energieträgern.
Desweiteren seien staatliche Forschungsausgaben von 60 Mrd. angefallen.
Wie bewerten Sie die aufgeführten Beispiele ?

Mit freundlichen Grüßen
Klaus Link

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CDU

Sehr geehrter Herr Link,

vielen Dank für Ihre Frage zur EEG-Umlage und Strom aus Kernenergie.

Sie nehmen Bezug auf die vermeintliche Börsenstrompreis senkende Wirkung der Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energien. Diese Behauptung trifft nur bei einer punktuellen Betrachtung zu. Die Reihenfolge des Kraftwerkseinsatzes wird an der Börse als Merit-Order bezeichnet. Das teuerste Kraftwerk, das zur Deckung der Nachfrage benötigt wird, bestimmt den Strompreis. Das Merit-Order-Modell basiert auf der Annahme, dass es einen Markt gibt, auf dem der gesamte erzeugte Strom gehandelt wird. Dies ist aber in der Praxis nicht der Fall. So ist die Vermarktung des Stroms aus erneuerbaren Energien staatlich vorgegeben.

Die Netzbetreiber nehmen den Strom aus erneuerbaren Energiequellen ab und verkaufen ihn zu jeder Zeit an der Börse. Sie sind dazu per Gesetz verpflichtet. Eine Orientierung an den Kosten und der Effizienz einzelner Energieträger findet nicht statt. Im Gegenzug zahlen die Netzbetreiber die festgeschriebenen Einspeisevergütungen an die Anlagenbetreiber. Dabei kann es zu erheblichen Verlusten für die Netzbetreiber kommen. Indem der Strom aus erneuerbaren Energien vorrangig verkauft wird, kommt es zu einem Verdrängungseffekt konventioneller Kraftwerke. Durch dieses erhöhte Angebot kann es zu kurzfristigen Senkungen der Börsenpreise kommen. Die Sicherstellung der Versorgung ist dabei erheblich von der volatilen Einspeisung beeinflusst. Wenn keine Einspeisung durch erneuerbare Energiequellen vorgenommen wird, müssen konventionelle Kraftwerke zur Verfügung stehen. Insgesamt ist der Kraftwerkspark dadurch nicht mehr statisch, sondern unterliegt der Herausforderung, jederzeit ungleichmäßige Schwankungen auszugleichen. Jederzeit können Grundlastkraftwerke vom Netz genommen werden, um kurze Zeit später doch wieder notwendig zu werden. Diese stark schwankende Nutzung der unterschiedlichen Kraftwerke verursacht Kosten, die in der Betrachtung nicht einbezogen werden.

Die Wirkung der erneuerbaren Energien auf den Strompreis kann aus diesem Grund nicht allein durch den kurzfristig Strompreis senkenden Merit-Order-Effekt, der als Grundlage der Berichterstattung des Monitor-Magazins zu erkennen ist, beurteilt werden. Die erneuerbaren Energien profitieren von einem festgeschriebenen, nicht vom Markt bestimmten Preis. Dies bedeutet konkret, dass der Betreiber einer Photovoltaikanlage durchaus den Festpreis von rund 30 Cent/KWh erhält, dies aber nicht dem Börsenpreis seines produzierten Stroms entspricht. Insofern kann ein kurzfristiger Effekt durch das Merit-Order-Modell erklärt werden. Der langfristige Einfluss der erneuerbaren Energien auf den Strompreis ist aber dadurch nicht zu beschreiben. Denn es gilt auch, die Einsatz- und Zubau- oder Stilllegungsentscheidungen der Kraftwerksbetreiber und Stromaußenhandelseffekte zu betrachten. Werden diese Effekte, wie hier im Rahmen der unvollständigen Monitor-Berichterstattung, vernachlässigt, kommt es zu einer erheblichen Überschätzung der Strompreiseffekte.

Die zusätzlichen Kosten durch den Ausbau der erneuerbaren Energien z. Bsp. im Bereich der Netzinfrastruktur gilt es im Blick zu behalten. Diese Kosten tragen neben staatlich gesteuerten Abgaben auch zur Erhöhung der Strompreise bei. Der Anstieg des Strompreises ist durch eine verstärkte Nachfrage und eine Steigerung der Primärenergiekosten, einen steigenden Staatsanteil an den Energiekosten und eine noch nicht ausreichende Wettbewerbssituation im Strom- und Gasmarkt in Deutschland mit beeinflusst. Dieser Entwicklung kann durch eine Verlagerung des Schwerpunktes auf Effizienz, Versorgungssicherheit und einen breiten Energiemix entgegengewirkt werden! In den verschiedenen Sektoren Strom, Wärme und Verkehr haben wir ordnungsrechtlich und durch Anreize wichtige Verbesserungen erreicht. Dies genügt aber noch nicht! Die EEG-Umlage ist zweifelsohne der größte Preistreiber.

Die Übertragungsnetzbetreiber haben jüngst die EEG-Umlage für das kommende Jahr bekannt gegeben. Der erwartete Anstieg der EEG-Umlage um 70 Prozent von 2,05 auf 3,50 Cent pro Kilowattstunde treibt den Strompreis in die Höhe. Dies ist ein Alarmsignal, denn die Erneuerbaren dürfen nicht zu einem unkalkulierbaren Risiko für den Strompreis werden! Die EEG-Umlage gibt die den Übertragungsnetzbetreibern entstehenden Mehrkosten wieder. Sie ist v.a. auf Grund der gestiegenen Zahl an installierten Photovoltaikanlagen so stark angestiegen. Ende 2009 waren in Deutschland insgesamt 9,8 Gigawatt installierte Leistung an PV-Anlagen zu verzeichnen. Der Zuwachs an installierter Leistung betrug im Jahr 2009 rund 3,8 Gigawatt. Die Bundesnetzagentur hat festgestellt, dass sich allein bis Mai 2010 ein Zubau von rund 1,7 Gigawatt ergibt. Im Juni 2010 wurden über 2 GW neu installierte Leistung verzeichnet. Für die Ende September veröffentlichten Zahlen ist festzuhalten, dass insgesamt im Jahr 2010 bisher fast 5 GW zugebaut wurden. Dies ist angesichts einer Vergütung von rund 28 Cent/kWh bis max. 39,14 Cent pro Kilowattstunde (hier für Anlagen nach § 33 Abs. 1 Nr. 1, Quelle: Bundesnetzagentur 2010) ein erheblicher Kostentreiber! Das ist das 8-10 fache des Preises aus herkömmlichen Energiequellen, garantiert für 20 Jahre. Die Photovoltaik ist für über die Hälfte der EEG- Differenzkosten (die sich in der EEG-Umlage ausdrücken) verantwortlich, liefert aber nur 6,9 % des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen. Dies ist auch bedenklich auf Grund des mit rund einem Prozent vergleichsweise geringen Anteils der Photovoltaik am gesamten Stromverbrauch in Deutschland! Das Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln hat zudem folgendes festgestellt: Während ein Euro Förderung aus der EEG-Umlage bei Windkraftanlagen je nach Strompreisentwicklung zwischen 1,70 und 2,60 Euro an zusätzlichen Investitionen auslöst, war die EEG-Vergütung aus Photovoltaikanlagen über die Laufzeit der Anlage gerechnet höher als die gesamten Investitionen.

Es lässt sich feststellen, dass die Kosten der Photovoltaikförderung in einem Missverhältnis zum tatsächlichen Nutzen stehen. Angesichts der Entwicklung hat sich die christlich-liberale Koalition seit Beginn an für Kurskorrekturen eingesetzt. Die Vergütungssätze für Photovoltaikanlagen haben wir bereits abgesenkt, um das Ungleichgewicht zu beheben. Entscheidend ist, dass die erneuerbaren Energien marktfähig werden und dabei Effizienz und Nutzen als Maßstab herangezogen werden.

Denn derartige Steigerungen der EEG-Umlage schaden auch der Akzeptanz in der Bevölkerung. Ich werde mich in den kommenden Verhandlungen im Zuge der Novellierung des EEG dafür einsetzen, dass alle Fördersätze der einzelnen Energieträger auf den Prüfstand kommen. Überförderungen und Fehlanreize in allen Bereichen müssen abgebaut werden. Die Erzeuger müssen Anreize erhalten, den Strom bedarfs- und marktgerecht einzuspeisen. Die Einführung einer Marktprämie und eines Stetigkeitsbonus‘ für virtuelle Kraftwerke wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Zu überlegen ist auch der Einstieg in eine Mengensteuerung des gesamten Einspeisevolumens, wie dies im Bereich der Photovoltaik bereits geschehen ist. Dabei ist eines deutlich: die Erneuerbaren werden nur eine Zukunft haben, wenn die Kosten nicht aus dem Ruder laufen und sie echte Marktteilnehmer sind.

Das sage ich seit Jahren voraus und werde zu Unrecht deshalb als Gegner der erneuerbaren Energien diffamiert. Das Gegenteil ist der Fall! Insgesamt haben wir schon einiges erreicht, um die erneuerbaren Energien weiter zu fördern, ohne die Effizienz aus den Augen zu verlieren. Es ist uns in der vergangenen Legislaturperiode gelungen die Direktvermarktung zu verbessern, die Möglichkeiten der Biogaseinspeisung zu erleichtern und bei der Photovoltaik wichtige Korrekturen durchzusetzen. Mit der Neuordnung des Wälzungsmechanismus hat die unionsgeführte Bundesregierung die gestiegenen Kosten korrigiert. Der Strom aus EEG-Anlagen werden von den Netzbetreibern direkt an der Börse verkauft und nur die verbleibenden Kosten in einer jährlichen Umlage auf alle Lieferanten umgelegt. Somit kann ein erheblicher Aufwand für die Abwicklung eingespart werden. Durch das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz werden bei der Wärmeversorgung von Neubauten anteilig erneuerbare Energien genutzt. Bei den Altbauten setzt die Union auf positive Investitionsanreize. Das ist bürgerfreundlich und ordnungspolitisch richtig. In dieser Legislaturperiode haben wir bereits die Vergütungssätze der Photovoltaik angepasst, um die Überförderung zu beenden.
Dies sind nur erste Schritte auf dem Weg in Richtung einer stärker auf Marktintegration und Innovation ausgerichteten Förderung der erneuerbaren Energien insgesamt. Es bleibt noch viel zu tun! Der Schwerpunkt muss auf einer kostenorientierten, bedarfs- und marktgerechten Einspeisung der erneuerbaren Energien liegen.

Sie fragen nach der Subventionierung der Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung. Die deutsche Kernenergieindustrie hat keine unmittelbaren Subventionen erhalten (Bundestagsdrucksache 16/12957 vom 11. Mai 2009). In Deutschland wurden allein die Forschung und Entwicklung direkt unterstützt. Bezüglich der Zuwendungen der öffentlichen Hand zu Forschungsvorhaben im Nuklearbereich verweise ich auf die Bundestagsdrucksache 16/10077 vom 1. August 2008. Die Rückstellungspraxis wurde bislang von jeder Bundesregierung (auch der rot-grünen) und von der EU-Kommission bestätigt. Auch der Vorwurf der unzulässigen Beihilfe wurde durch den EuGH im November 2007 ausgeräumt. Ihr Hinweis zur Brennstoffbesteuerung ist durch die ab dem 1. Januar 2011 in Kraft tretende Kernbrennstoffsteuer obsolet.

Im Übrigen beeinflusst die Laufzeitverlängerung deutscher Kernkraftwerke die Strompreisentwicklung positiv. Denn es wird gerne verschwiegen: ein vorzeitiger Ausstieg aus der Kernenergie macht Energie teurer. Ohne eine Laufzeitverlängerung steigen die Strompreise stärker an. Das stellt auch das Ökoinstitut fest. Die Studie vom Juni 2009 erwartet kurzfristig einen preisdämpfenden Effekt von 5 bis 10 Euro je Megawattstunde. Eine Studie, die von den 8KU-Unternehmen in Auftrag gegeben wurde, kommt sogar zu dem Ergebnis, dass eine Laufzeitverlängerung eine preisdämpfende Wirkung von bis zu 7,70 Euro hat. Eine vom BDI in Auftrag gegebene Studie geht von einer preissenkenden Wirkung einer Laufzeitverlängerung auf 40 Jahre zwischen 5 und 12 Euro je MWh aus. Bei einer Verlängerung der Laufzeiten auf 60 Jahre würde sich dieser Effekt auf bis zu 22 Euro erhöhen. Ohne eine Verlängerung der Laufzeiten wird sich der aus Gas gewonnene Anteil am Strom von heute rund 14 Prozent bis zum Jahr 2020 auf 20 bis 23 Prozent fast verdoppeln. Im Ergebnis belastet die stärkere Nutzung von teurem Gas zur Stromerzeugung die Verbraucher mit mehreren Milliarden Euro zusätzlich. Zudem würde Deutschland bei der Energieversorgung immer abhängiger vom Ausland werden.

Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantworten konnte.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB