Frage an Joachim Pfeiffer von Gerhard E. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Pfeiffer,
mit entsetzen lese ich heute im Internet folgende Zeilen:
"VEA fordert: EEG abschaffen oder deckeln
Die Betreiber von Übertragungsnetzen kassieren nächstes Jahr rund 70% mehr EEG-Umlage pro gelieferte Kilowattstunde Strom als 2010. Die Stromrechnungen werden deshalb 2011 um rund 10% steigen."
Können Sie mir erklären, wohin bzw. wer das angesprochene mehr an EEG-Umlage bekommt. Wurden bzw. werden in 2010/2011 70% mehr in die Erzeugung von Erneuerbare Energie investiert. Auf welche Gesetzes-Änderung ist dies zurück zuführen? Wie sind Sie an dieser Änderung beteiligt gewesen?
Sehr geehrter Herr Eckert-Abelein,
vielen Dank für Ihre Frage zur Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage. In der vergangenen Woche haben die Übertragungsnetzbetreiber die EEG-Umlage für das kommende Jahr bekannt gegeben. Der erwartete Anstieg der EEG-Umlage um 70 Prozent von 2,05 auf 3,50 Cent pro Kilowattstunde treibt den Strompreis in die Höhe. Dies ist ein Alarmsignal, denn die Erneuerbaren dürfen nicht zu einem unkalkulierbaren Risiko für den Strompreis werden.
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz ist erstmals 2000 in Kraft getreten, der Vorläufer war das Stromeinspeisungsgesetz aus dem Jahr 1991 und soll die Etablierung der erneuerbaren Energien unterstützen. Der Ausbau wird durch eine Umlage finanziert. Die Netzbetreiber und Energieversorgungsunternehmen können die Differenzkosten für Strom aus erneuerbaren Energien an die Endverbraucher weitergeben. Die EEG-Umlage für das folgende Kalenderjahr wird, den Vorgaben der Ausgleichsmechanismusverordnung folgend, bis zum 15. Oktober eines Kalenderjahres auf den Internetseiten der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) veröffentlicht. Die EEG-Umlage wird berechnet aus der Differenz zwischen den prognostizierten Einnahmen für das folgende Kalenderjahr und den prognostizierten Ausgaben für das folgende Kalenderjahr sowie der Differenz zwischen den tatsächlichen Einnahmen und den tatsächlichen Ausgaben zum Zeitpunkt der Festlegung der EEG-Umlage.
Die erneuerbaren Energien werden vorrangig und zu Festpreisen eingespeist. Die EEG-Umlage gibt nicht 1:1 wieder, welche Summen pro Jahr in die erneuerbaren Energien investiert wurden, sondern die den Übertragungsnetzbetreibern entstehenden Mehrkosten. Die Höhe der Investition in diesem Bereich in einem Jahr, beispielsweise 2010/2011, wird nicht über die EEG-Umlage ausgedrückt. Eine bessere Orientierung bieten da die Ausbau- und Repoweringzahlen.
Die EEG-Umlage ist auf Grund der gestiegenen Zahl an installierten Photovoltaikanlagen so stark angestiegen. Ende 2009 waren in Deutschland insgesamt 9,8 Gigawatt installierte Leistung an PV-Anlagen zu verzeichnen. Der Zuwachs an installierter Leistung betrug im Jahr 2009 rund 3,8 Gigawatt. Die Bundesnetzagentur hat festgestellt, dass allein bis Mai 2010 sich ein Zubau von rund 1,7 Gigawatt ergibt. Im Juni 2010 wurden über 2 GW neu installierte Leistung verzeichnet. Für die Ende September veröffentlichten Zahlen ist festzuhalten, dass insgesamt im Jahr 2010 bisher fast 5 GW zugebaut wurden. Dies ist angesichts einer Vergütung von rund 28 Cent/kWh bis max. 39,14 Cent pro Kilowattstunde (hier für Anlagen nach § 33 Abs. 1 Nr. 1, Quelle: Bundesnetzagentur 2010) ein erheblicher Kostentreiber! Das ist das 8-10 fache des Preises aus herkömmlichen Energiequellen, garantiert für 20 Jahre. Die Photovoltaik ist für über die Hälfte der EEG- Differenzkosten (die sich in der EEG-Umlage ausdrücken) verantwortlich, liefert aber nur 6,9 % % des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen. Dies ist auch bedenklich auf Grund des mit rund einem Prozent vergleichsweise geringen Anteils der Photovoltaik am gesamten Stromverbrauch in Deutschland! Das Instituts der Deutschen Wirtschaft in Köln hat zudem folgendes festgestellt: Während ein Euro Förderung aus der EEG-Umlage bei Windkraftanlagen je nach Strompreisentwicklung zwischen 1,70 und 2,60 Euro an zusätzlichen Investitionen auslöst, war die EEG-Vergütung aus Photovoltaikanlagen über die Laufzeit der Anlage gerechnet höher als die gesamten Investitionen.
Es lässt sich feststellen, dass die Kosten der Photovoltaikförderung in einem Missverhältnis zum tatsächlichen Nutzen stehen. Angesichts der Entwicklung hat sich die christlich-liberale Koalition seit Beginn an für Kurskorrekturen eingesetzt. Die Vergütungssätze für Photovoltaikanlagen haben wir bereits abgesenkt, um das Ungleichgewicht zu beheben. Entscheidend ist, dass die erneuerbaren Energien marktfähig werden und dabei Effizienz und Nutzen als Maßstab herangezogen werden.
Derartige Steigerungen der EEG-Umlage schaden auch der Akzeptanz in der Bevölkerung. Ich werde mich in den kommenden Verhandlungen im Zuge der Novellierung des EEG dafür einsetzen, dass alle Fördersätze der einzelnen Energieträger auf den Prüfstand kommen. Überförderungen und Fehlanreize in allen Bereichen müssen abgebaut werden. Die Erzeuger müssen Anreize erhalten, den Strom bedarfs- und marktgerecht einzuspeisen. Die Einführung einer Marktprämie und eines Stetigkeitsbonus´ für virtuelle Kraftwerke wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Zu überlegen ist auch der Einstieg in eine Mengensteuerung des gesamten Einspeisevolumens, wie dies im Bereich der Photovoltaik bereits geschehen ist.
Dabei ist eines deutlich: die Erneuerbaren werden nur eine Zukunft haben, wenn die Kosten nicht aus dem Ruder laufen und sie echte Marktteilnehmer sind.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Ausführungen weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Joachim Pfeiffer MdB