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Joachim Pfeiffer
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Frage von Peter A. H. M. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Peter A. H. M. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Pfeiffer

in der Taz von heute (2.9.2010) unterstellen Sie Herrn Röttgen er sei „nicht an Fakten orientiert“. Nun ist mir aufgefallen, dass Sie zwar behaupten, dass laut des Regierungsgutachtens der volkswirtschaftliche Nutzen am größten bei einer Laufzeitverlängerung von 12 bis 20 sei. Sie vermeiden es aber tunlichst (genau wie andere Befürworter der Laufzeitverlängerung) zu sagen in welchem Größenbereich dieser Nutzen liegt. Dies könnte die Vermutung nahelegen, dass auch Sie „nicht an Fakten interessiert sind, sondern andere Ziele verfolgen“.
Deshalb bitte ich Sie in diesem Forum die genauen Zahlen für die Einsparung beim Preis pro Kilowattstunde und des CO2-Ausstoßes für jedes des errechneten Szenarien zu nennen.

Mit freundlichen Grüßen

Peter Meier

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Meier,

gerne erläutere ich Ihnen, warum die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke für eine sichere, saubere und bezahlbare Energieversorgung in Deutschland notwendig ist. Ich kann Ihnen versichern, dass ich mich an den Fakten orientiere. Das Gutachten belegt klar, dass eine Laufzeitverlängerung einen großen volkswirtschaftlichen Nutzen mit sich bringt und sich dämpfend auf den Strompreis auswirkt. Die Effekte auf den Strompreis und auf den CO2-Ausstoß je Szenario, finden Sie, wie gewünscht, in der Tabelle, die Sie im Anhang finden.

Dass ohne eine Laufzeitverlängerung die Strompreise stärker ansteigen würden, belegt auch eine Studie des Ökoinstituts. Diese erwartet kurzfristig einen preisdämpfenden Effekt von 5 bis 10 Euro je Megawattstunde. Der aus Gas gewonnene Anteil am Strom wird sich von heute rund 14 Prozent bis zum Jahr 2020 auf 20 bis 23 Prozent fast verdoppeln. Im Ergebnis wird die stärkere Nutzung von teurem Gas zur Stromerzeugung die Verbraucher mit mehreren Milliarden Euro zusätzlich belasten. Auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) kommt in seiner Studie aus dem Jahr 2010 zum dem Ergebnis, dass ohne eine Rücknahme der Laufzeitverkürzung der börslich gehandelte Strom nach 2020 mehr als doppelt so teuer sein wie wird heute. Längere Betriebszeiten der Kernkraftwerke vermindern den Anstieg der Strompreise um bis zu 25 Prozent im Vergleich zum Ausstieg. Insofern kommt eine Laufzeitverlängerung auch den Verbrauchern und dem Mittelstand zu Gute. Nur zum Vergleich: Bei der Photovoltaik belaufen sich die Stromentstehungskosten auf rund 54 Cent/kWh, bei der Kernenergie hingegen nur auf 2,65 Cent/kWh. Hierbei werden die Kosten für die Entsorgung und den sicheren Einschluss der radioaktiven Abfälle sowie für die spätere Stilllegung und den Abbruch der Anlagen jetzt schon laufend zurückgestellt. Mit anderen Worten: Bei der Kernenergie sind die Entsorgungskosten im Strompreis inbegriffen (internalisiert). Doch nicht nur stromdämpfende Effekte sind zu verzeichnen, auch die durch die Laufzeitverlängerung generierten volkswirtschaftlichen Effekte sind enorm. So führt eine Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke zu volkswirtschaftlichen Kosteneinsparungen von bis zu 250 Mrd. EUR pro Jahr. Der Grund hierfür ist, dass bei einem frühzeitigen Ausstieg aus der Kernenergie Kernkraftwerkskapazitäten, die tatsächlich noch nutzbar sind, frühzeitig stillgelegt würden und vorzeitig durch andere Kapazitäten ersetzt werden müssten.

Aus diesen Gründen halte ich die am Wochenende getroffene Entscheidung zur Laufzeitverlängerung und die beschlossenen Maßnahmen für Energieforschung, Energieeffizienz, Netze, Speicher und Mobilität für einen Marshallplan der Energiepolitik in Deutschland. Mit der Kombination aus Kernbrennstoffsteuer, vertraglichen Zahlungen der KKW-Betreiber sowie den Einnahmen aus dem Emissionshandel stehen zukünftig dauerhaft bis zu 3 Mrd. EUR mehr zur Verfügung. Die preisdämpfenden Effekte der Laufzeitverlängerung werden so durch das größte Finanzierungspaket seiner Art, das jemals beschlossen wurde, ergänzt. Allein im Gebäudebereich lässt sich mit den zusätzlichen Mitteln die energetische Sanierungsquote von jetzt 1% jährlich auf 2% verdoppeln. Das ist ein Konjunkturprogramm für Baugewerbe und Handwerksbetriebe. Die durch die Laufzeitverlängerung ermöglichte umfangreiche Finanzierung von Forschungsanstrengungen in nahezu allen Energiebereichen wird neue Technologien voranbringen und damit die Brückenfunktion der Kernenergie beschleunigen.

Die Festlegung von Reststrommengen ermöglicht die Übertragbarkeit der Strommengen. Dies gewährleistet optimale Flexibilität für den Einsatz der Kernkraftwerke. Die Tatsache, dass bis einschließlich 1980 gebaute Kraftwerke nur acht Jahre, danach errichtete Kraftwerke hingegen 14 Jahre weiterlaufen dürfen, sorgt für ein Höchstmaß an Sicherheit. Im Gegensatz zum rot-grünen Ausstiegsszenario lässt die Koalition die Kernkraftwerke nicht einfach weiterlaufen, sondern verbindet die Entscheidung mit einem umfassenden Sicherheitskonzept.

Die Union setzt sich darüber hinaus dafür ein, dass die finanziellen Anstrengungen durch den richtigen ordnungspolitischen Rahmen ergänzt werden. Die geplante Marktprämie zur Förderung der bedarfsgerechten Einspeisung von erneuerbaren Energien ist dafür der richtige Ansatz.

Es lässt sich festhalten: Die Kernenergie ist nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. Kernenergie und Erneuerbare sind zwei Seiten einer Medaille. Aus diesem Grund komme ich nach einer gründlichen Abwägung der Argumente zu folgendem Ergebnis: Bis die komplette Energieversorgung in Deutschland durch regenerative bzw. erneuerbare Energieträger zuverlässig gedeckt werden kann, darf eine verantwortungsbewusste Regierung aus Gründen der Klimavorsorge, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit nicht auf sichere Kernkraftwerke verzichten. Dabei verkenne ich jedoch keineswegs das Potenzial der erneuerbaren Energien. Ziel ist es, dass die Erneuerbaren den Hauptanteil an der Energieversorgung übernehmen. Auf diesem Weg werden in einem dynamischen Energiemix die konventionellen Energieträger kontinuierlich durch alternative Energien ersetzt. Das Energiekonzept ebnet den Weg in Richtung einer energieeffizienten und umweltschonenden Energieversorgung. Gleichzeitig gewährleistet es auch zukünftig wettbewerbsfähige Energiepreise für den Industriestandort Deutschland und sichert seinen Bürgern ein hohes Wohlstandniveau.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB