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Joachim Pfeiffer
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Frage von Manfred N. •

Frage an Joachim Pfeiffer von Manfred N. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Pfeiffer,
die Bundesregierung möchte die Atomkraftwerke weiterlaufen lassen. dazu habe ich folgende Fragen:

1. Atomkraft ist nach Aussage der UN und der Enquete Kommission des Bundestages von 2002 eine nicht nachhaltige Energieform. Wird dies von der CDU und von Ihnen bestritten?
2. Wenn die Atomkraftwerke so sicher sind, wie Sie behaupten, dann dürfte es ja für die Atomkraftbetreiber kein Problem sein, ihre Atomkraftwerke selbst zu versichern, so wie es jeder Haus- und Autobesitzer auch machen muss.Die Sanierung von AssII kostet den Steurzahler vorraussichtlich 2 Millierden Euro.Warum gilt das Verursacher Prinzip nur für Privatpersonen?

3. EnBW, RWE, EON und Vattenfall sind nach Meinung aller Kommentatoren keine mittelständische Betriebe sondern Monopolbetriebe, die sich die Bundesrepublik in vier Einflusszonen aufgeteilt haben. Eine Unterstützung dieser Konzerne ist folglich keine Politik für den Mittelstand, wohingegen die meisten Betriebe der erneuerbaren Energien Mittelstandsbetriebe sind. Folglich steht Ihre Unterstützung der Atomkraftbetreiber im Widerspruch zu Ihrer Wahlkampagne, wo sie eine Mittelstandsförderung versprochen haben.
4. Atomkraft verhindert den Aufbau einer dezentralen Energieversorgung.
Ihr Parteikollege und weltbekannte UN-Untergeneralsekretär, Prof. Töpfer, stellte bei der Energiefachtagung in Wörrstadt am 30.10. 2009 fest: "Wir müssen mit Solardächern, Windrädern, Biomasse und Geothermie vor allem die dezentrale Energieversorgung ausbauen. So können wir das Klima schützen und gleichzeitig die (mittelständische!) Wirtschaft vor Ort ankurbeln."
Hat Ihr berühmter Parteikollege unrecht?
5. Sie beklagen, dass Deutschland eine hohe Energieabhängigkeit hat - zu Recht. Sie liegt momentan bei ca. 78%. Meines Wissens ist die BRD bei Uran zu hundert Prozent vom Ausland abhängig. Haben Sie mir dazu andere Informationsquellen?

Mit freundlichen Grüßen
Manfred Niess

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Niess,

zu Frage 1:

Die Energiepolitik steht vor vielfältigen Aufgaben. Einer weltweit wachsenden Nachfrage stehen begrenzte fossile Ressourcen und daraus resultierend steigende Energiepreise gegenüber. Hinzu kommen die vom Menschen verursachten Klimafolgen, die politische Instabilität wichtiger erdöl- und erdgasexportierender Länder sowie ein noch ausbaufähiger Wettbewerb auf dem Energiemarkt. Derzeit beträgt der Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung in Deutschland rund 30 Prozent. Die erneuerbaren Energien werden im Jahr 2020 etwa 30 Prozent zur Stromerzeugung beitragen. Würde es bei einem Ausstieg aus der Kernenergie bleiben, müssten wir die restlichen 70 bis 75 Prozent unseres Strombedarfs dann immer noch durch schadstoffreiche, fossile Energieträger abdecken.

Vor diesem Hintergrund versteht die Union den Beitrag der Kernenergie zur Stromversorgung als Brückentechnologie. Nicht mehr und nicht weniger. Eine einseitige Festlegung auf die Kernkraft halte ich vor diesem Hintergrund nicht für sinnvoll. Kernenergie und erneuerbare Energien sind zwei Seiten derselben Medaille. Wir können uns hier keine ideologischen Scheuklappen leisten. Statt die Energieträger gegeneinander auszuspielen, plädiere ich vielmehr für einen breiten Energiemix, der die fossilen Rohstoffe Kohle und Erdgas ebenso mit einschließt, wie die erneuerbare Energien und die Kernenergie. Ausbau der erneuerbaren Energien, Effizienzsteigerungen, Investitionen in moderne konventionelle Kraftwerke und Laufzeitverlängerung bieten die Chance, bis 2020 über 60 Prozent des Stroms CO2-frei zu produzieren. Erst dadurch kann es gelingen, die drei wesentlichen Eckpunkte der Energiepolitik Versorgungssicherheit, Preisstabilität sowie Umwelt- und Klimaschutz in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander zu setzen, damit unsere Energie sicher, sauber und bezahlbar bleibt.

Zu Frage 2:

An dieser Stelle vermengen Sie die Themen. Die Frage der Haftung hat nichts aber auch gar nichts mit den Kosten der Asse zu tun.

Die Frage der Haftung wird in der öffentlichen Diskussion oftmals verkürzt und unscharf dargestellt. So entsteht der Eindruck einer unzureichenden Absicherung im Haftungsfall. Das Gegenteil ist der Fall: Jeder Kernkraftwerksbetreiber haftet summenmäßig unbegrenzt und unabhängig von der Schuldfrage (Gefährdungshaftung) für die von seiner Anlage verursachten Schäden (§ 31 Abs. 1 AtG). Die Betreiber der Kernkraftwerke sind deshalb zum Abschluss einer Deckungsvorsorge verpflichtet. Diese Deckungsvorsorge sichert Schäden im Umfang von bis zu 2,5 Mrd. Euro. Übersteigt die Schadensumme 2,5 Mrd. Euro, so haftet der Betreiber mit seinem ganzen Vermögen.

Die Deckungsvorsorge ist über eine Haftpflichtversicherung und eine gegenseitige Garantiezusage der Konzerngesellschaften der Betreiber abgedeckt. Da eine Versicherung in Höhe von 2,5 Mrd. Euro auf dem Versicherungsmarkt nicht erhältlich ist, haben die Konzerngesellschaften der Betreiber eine gegenseitige Garantiezusage gegeben. Diese Möglichkeit gewährt das Atomgesetz (§ 14 AtG).

Der Kernkraftwerksbetreiber kann zum Schadenersatz herangezogen werden, gleich ob ihn am Schadenhergang ein Verschulden trifft oder nicht (Gefährdungshaftung).

In der Höhe der Deckungsvorsorge nimmt die Bundesrepublik Deutschland im internationalen Vergleich eine Spitzenposition ein. Die Absicherung der Kernkraftwerke ist klar und umfassend im Atomgesetz geregelt: Versicherungen, Garantiezusagen und Konzernvermögen in Milliardenumfang sichern mögliche Schadenersatzforderungen bei Unfällen rundum ab.

Zum Thema Asse möchte ich folgendes festhalten: Die Asse wurde als Forschungsendlager in Betrieb genommen um die technischen Voraussetzungen einer Endlagerung zu erforschen. Die Kraftwerks-Bertreiber waren an den Vorgängen in der Asse nicht beteiligt. Zu den Kosten der Asse empfehle ich Ihnen, den Koalitionsvertrag zu lesen. Dort sehen Sie, dass sich die jetzige Regierungskoalition darauf verständigt hat, die Kernkraftwerks-Betreiber an den Kosten für die Sanierung der Asse zu beteiligen.

Zu Frage 3:

Ohne eine Laufzeitverlängerung werden die Strompreise stärker ansteigen. Das stellt auch das Ökoinstitut fest. Die Studie erwartet kurzfristig einen preisdämpfenden Effekt von 5 bis 10 Euro je Megawattstunde. Der aus Gas gewonnene Anteil am Strom wird sich von heute rund 14 Prozent bis zum Jahr 2020 auf 20 bis 23 Prozent fast verdoppeln. Im Ergebnis wird die stärkere Nutzung von teurem Gas zur Stromerzeugung die Verbraucher mit mehreren Milliarden Euro zusätzlich belasten. Insofern kommt eine Laufzeitverlängerung auch dem Mittelstand zu Gute.

Die Stärkung des Mittelstandes steht wie im Wahlkampf versprochen auf der politischen Agenda der schwarz-gelben Regierungskoalition ganz oben. Das Bundeswirtschaftsministerium bringt mit den "Neun Punkten für den Mittelstand" deshalb eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg, um die Wirtschaft weiter zu stabilisieren und die Grundlagen für einen nachhaltigen Aufschwung zu verbessern. Den detaillierten Maßnahmenkatalog finden Sie unter http://www.bmwi.de/BMWi/Navigation/Mittelstand/mittelstandspolitik,did=151564.html .

Zu Frage 4:

Der von mir sehr geschätzte Parteikollege Herr Prof. Töpfer hat nicht Unrecht. Aber wie kommen Sie zu der Auffassung, dass die Kernenergie den Aufbau einer dezentralen erneuerbaren Energieversorgung verhindert? Im EEG ist eindeutig ein Einspeisevorrang für erneuerbare Energien festgeschrieben. Alles andere zu diesem Thema habe ich Ihnen in meiner Antwort auf Ihre erste Frage bereits erläutert.

Zu Frage 5:

Es ist richtig, dass in Deutschland heute kein Uranabbau mehr stattfindet. Uranvorkommen gibt es in Deutschland hauptsächlich im Erzgebirge, in Ostthüringen, der Sächsischen Schweiz, im Schwarzwald, im Bayerischen Wald und im Fichtelgebirge. Uran wird hauptsächlich in Kanada und Australien produziert und damit in politisch stabilen Ländern. Aus diesem Grund gilt Kernenergie als quasi heimische Ressource.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Joachim Pfeiffer MdB