Frage an Joachim Mertes von Andreas T. bezüglich Finanzen
Warum hat das unionsgeführte Bayern eine pro-Kopf-Verschuldung von 1.600 Euro, das CDU-geführte Sachsen eine pro-Kopf-Verschuldung von 3.100 Euro, das SPD-geführte Rheinland-Pfalz aber eine pro-Kopf-Verschuldung von 7.100 Euro?
Sehr geehrter Herr Tümmler,
die von Ihnen genannten Zahlen kann ich für alle drei Länder nicht nachvollziehen. Nach den aktuellen Zahlen des Bundesfinanzministeriums betrug die Pro-Kopf-Verschuldung des Landes Rheinland-Pfalz am 31.12.2005 5.987 Euro.
Seit unserer Regierungsübernahme im Jahr 1991 hat sich Rheinland-Pfalz bei der Pro-Kopf-Verschuldung im Ländervergleich deutlich verbessert, und zwar vom 11. auf den 7-günstigsten Rang. Ohne die rheinland-pfälzischen Sonderlasten durch die Konversion und unser bundesweit einmaliges Konzept der dauerhaften Verstetigung der Finanzausgleichsleistungen des Landes an unsere Kommunen im Rahmen des sog. Beistandspaktes läge der Schuldenstand je Einwohner noch rund 500 Euro niedriger. Betrachtet man die letzten Jahre (2000 bis 2005) weist Rheinland-Pfalz die viertniedrigste Zunahme der Pro-Kopf-Verschuldung auf. Auch diese Entwicklung zeigt: Unser haushaltspolitisches Konzept überzeugt und kann sich im Ländervergleich sehen lassen. Andere Behauptungen sind nicht nachvollziehbar bzw. schlicht falsch.
Rheinland-Pfalz mit Sachsen zu vergleichen, einem Land das was die Schulden angeht 1990 bei Null neu starten durfte und das in den letzten 15 Jahren von einer überdurchschnittlichen Finanzausstattung profitiert hat, ist meiner Auffassung nach nicht sachgerecht.
Rheinland-Pfalz ist auch mit dem Land Bayern kaum vergleichbar. So verfügt Rheinland-Pfalz über keinen Ballungsraum der mit den Regionen um München oder Nürnberg auch nur in etwa vergleichbar wäre. Sehr vorteilhaft hinsichtlich zahlreicher industrieller Kerne und diverser Großprojekte in Bayern war es auch, dass die CSU über Jahrzehnte Regierungspartei in Bonn bzw. Berlin gewesen ist. Auch die bereits erwähnten rheinland-pfälzischen Sonderlasten und die strukturellen Unterschiede in den Haushalten beider Länder müssen berücksichtigt werden. So ist beispielsweise Rheinland-Pfalz das einzige Bundesland, das seit 1996 für jede neu eingestellte Beamtin und Richterin und jeden neu eingestellten Beamten und Richter eine versicherungsmathematisch berechnete monatliche Versorgungsrücklage an einen Pensionsfonds zahlt, um deren spätere Versorgung sicherzustellen. Alleine im Jahr 2005 waren dies 161 Millionen Euro.
Aus all diesen und vielen anderen Unterschieden resultiert, dass Bayern zur Gruppe der finanzstarken Länder zählt, während Rheinland-Pfalz im Ländervergleich zu den finanzschwachen Ländern zählt. So liegt die Steuerkraft je Einwohner in Rheinland-Pfalz auch nach Durchführung des Finanzausgleichs immer noch um 9 % unter dem Durchschnitt aller Länder.
Damit fehlen dem Land Rheinland-Pfalz im verglichen mit der durchschnittlichen Steuerkraft aller Länder jährlich mehr als 1 Milliarde an Steuereinnahmen. Zum Vergleich: die Neuverschuldung 2005 lag bei 984 Millionen Euro.
Die Einnahmeseite des Haushaltes ist landespolitisch nur sehr begrenzt beeinflussbar.
Ganz anders die Ausgabenseite. Hier ist festzustellen:
Die Gesamtausgaben 2005 wurden gegenüber 2004 um minus 1,9 % oder rund 213 Mio. Euro unterschritten. In den letzten Jahren war kein Bundesland sparsamer als Rheinland-Pfalz.
Während unsere Gesamtausgaben von 2000 bis 2005 im Durchschnitt um 0,3 % jährlich zurückgegangen sind (bei einer jährlichen Preissteigerung von + 1,8 %), sind die Ausgaben aller anderen Bundesländer deutlich gestiegen (+ 1,5 % im Jahresdurchschnitt).
Diesen konsequenten Konsolidierungskurs werden wir fortsetzen und in der nächsten Legislaturperiode jedes Jahr durchschnittlich 100 Mio. Euro einsparen. Mit einem Teil davon werden wir unsere neuen Programme und Schwerpunkte finanzieren, den Rest verwenden wir zur weiteren Reduzierung der Nettokreditaufnahme.
Mit freundlichem Gruß
Joachim Mertes