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Joachim Herrmann
CSU
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Frage von Ulrich O. •

Sehr geehrter Herr Herrmann, inwiefern die Anwendung der Präventivhaft-Klausel des PAG auf den Protest von Klimaaktivisten verhältnismäßig?

Sehr geehrter Herr Herrmann,
die Präventivhaft wurde im PAG verankert, um Extremisten frühzeitig festzusetzen und um Terroranschläge (i.S. von Attentaten, die das Leben unzähliger Menschen gefährden) zu verhindern. Nun wird sie auf Klimaaktivisten angewendet.
Es lässt sich sicherlich darüber streiten, ob "Klebe-Protest" in dieser Form ein angemessenes Mittel des Protestes sein sollte, bzw. ob er von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Allein, dafür gibt es Gerichte.
Eine Klausel für Extremisten und Terroristen auf protestierende Bürger*innen anzuwenden, zeugt jedoch von einem zutiefst autoritären Staatsverständnis. Wie können Demonstrierende fortan sicher sein, nicht Opfer der Präventivhaft-Klausel zu werden? Wo ziehen Sie, zieht das Innenministerium die Grenze zwischen legitimen Protest und Präventivhaft?
Welche Folgen hat dies für die freie Meinungsäußerung in einer Demokratie?

Mit freundlichen Grüßen
Ulrich O.

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr O.,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 22. November 2022.

Friedliche Demonstrationen sind ein wichtiges und im Grundgesetz verbürgtes Instrument demokratischer Mitwirkung und Meinungsbildung. Unangemeldet Straßen zu blockieren und für stundelange Staus zu sorgen, kann aber in Abhängigkeit des jeweiligen Einzelfalls eine Straftat darstellen. Verschärfend kommt hinzu, dass solche Aktionen sehr gefährlich sind.

Derzeit sehen wir uns Personen gegenüber, die ihre Taten sowohl im Vorfeld öffentlichkeitswirksam ankündigen, als auch im Rahmen dieser Aktionen mehrfach in Erscheinung treten bzw. schon in Erscheinung getreten sind. Unter diesen Umständen, in denen eine fortgesetzte Begehung von Straftaten offensiv in der Öffentlichkeit kommuniziert und auch in die Tat umgesetzt wird, ist insbesondere die Anwendung des (längerfristigen) Gewahrsams ein Mittel der Gefahrenabwehr, um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit zu gewährleisten. Gleichfalls ist zu beachten, dass das Vertrauen in den Rechtsstaat auch dann leidet, wenn aus politischen Motiven offen angekündigte Straftaten tatenlos hingenommen werden.

Zu betonen ist dabei aber, dass es stets auf den konkreten Einzelfall ankommt und auch hier eine Prüfung strikt am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen hat. Dies gilt insbesondere für die Dauer der Maßnahme. Ein Gewahrsam unterliegt strengen Voraussetzungen. Unter anderem muss immer eine konkrete Gefahr vorliegen. Zudem müssen andere Maßnahmen bereits erfolglos gewesen sein oder absehbar keinen Erfolg versprechen. Wird eine Person durch die Polizei nach Art. 17 des Polizeiaufgabengesetzes festgehalten, so ist – wie in den vorliegenden Fällen auch geschehen – unverzüglich eine richterliche Entscheidung über Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung herbeizuführen. Alle Ingewahrsamnahmen von Klimaaktivisten wurden also richterlich bestätigt. Sobald der Grund der Ingewahrsamnahme wegfällt – wie dies im vorliegenden Fall mit der Ankündigung der Gruppierung „Letzte Generation“ zur vorläufigen Beendigung der Aktionen auch geschehen ist – wird die Maßnahme umgehend beendet.

Insofern teile ich Ihre Auffassung nicht, wonach die Maßnahmen gegenüber den Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten von einem „zutiefst autoritären Staatsverständnis“ zeugen.

Abschließend darf ich Sie also um Ihr Verständnis bitten. Der Zweck, den die Klimaaktivisten mit Ihrem Protest erreichen wollen, rechtfertigt nämlich nicht den Einsatz jedes Mittels und schon gar nicht das Übertreten von Gesetzen oder das Verursachen von Gefahren.

Mit freundlichen Grüßen 

Joachim Herrmann, MdL
 

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