Die meisten Kommunen in Deutschland sind am Limit.Fordern Sie von der Bundesregierung auch Maßnahmen gegen die EU-Binnenmigration,von der Deutschland stark betroffen ist?
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 18. April 2023, in der Sie mir eine Frage zum Thema EU-Binnenmigration stellen.
Mit EU-Binnenmigration ist zunächst einmal terminologisch die Zuwanderung von EU-Bürgern nach Deutschland gemeint. Innerhalb Europas können und sollen sich nach dem Grundgedanken der Europäischen Union alle EU-Bürger frei bewegen, wohnen und arbeiten dürfen. Hinter dem hierbei zur Geltung kommenden Wert der Freizügigkeit, welcher die große integrative und solidarische Errungenschaft Europas verkörpert, stehe ich – auch im Interesse Bayerns und Deutschlands – mit vollster Überzeugung. Im Einzelnen bedeutet Freizügigkeit vor allem auch, dass EU-Staatsangehörige sich unter gewissen Voraussetzungen zum Zwecke der Ausbildung, der Erwerbstätigkeit und zur Arbeitssuche sowie zur Erbringung oder zum Empfang von Dienstleistungen auch länger in Deutschland aufhalten können. Die Erwerbstätigkeit von Unionsbürgern ist daher ein wichtiger Bestandteil zur Linderung des in Deutschland bestehenden Fachkräftemangels. Klar ist aber auch, dass das Freizügigkeitsrecht nicht missbraucht werden darf und zur Einwanderung in unsere Sozialleistungssysteme führt. Um dies zu verhindern, sehen die hierfür maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im Freizügigkeitsgesetz/EU Möglichkeiten zur Aufenthaltsbeendigung vor.
Soweit mit dem Begriff der Binnenmigration im öffentlichen Diskurs manchmal auch die Weiterwanderung von Asylbewerbern innerhalb der Europäischen Union umschrieben wird, über die medial intensiv berichtet wird und die auch maßgeblich zu der von Ihnen angesprochenen Belastung der Kommunen beiträgt, ist für die Akzeptanz des Asylrechts und für den Erhalt der Integrationsfähigkeit Deutschlands die Steuerung der irregulären Migration entscheidend. Maßgeblich ist hier die Bundesregierung gefordert und verantwortlich – auf europäischer und nationaler Ebene. Vom Bundeskanzler muss ein unmissverständliches Signal ausgehen, dass diese Bundesregierung hier endlich handelt, beispielsweise durch einen schnellen Abschluss der Reform des gemeinsamen europäischen Asylsystems (GEAS). Dazu gehören ein effektiver Schutz der Außengrenzen, eine nachhaltige europäische Entwicklungspolitik zur Bekämpfung von Fluchtursachen in den Herkunftsländern, eine stärkere Zusammenarbeit mit Transitländern, die von der Europäischen Kommission in ihrem Migrations- und Asylpaket vorgeschlagenen Asylverfahren an den EU-Außengrenzen sowie eine gerechtere Verteilung von Geflüchteten innerhalb der Europäischen Union. Die Bundesregierung muss zudem gegenüber den europäischen Partnern auf die Einhaltung des geltenden europäischen Rechts drängen, damit diese in Zukunft ein Durchwinken von Migranten unterlassen. Und schließlich muss die lange vom Bund angekündigte Rückführungsoffensive endlich in die Tat umgesetzt werden. Bayern hat hier bereits mehrfach den Bund aufgefordert zu handeln und diese Position klar gemacht.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL