Frage an Joachim Herrmann von Guido L. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Herrmann,
T-online berichtet heute, dass Frau Prof. Dr. Ursula Gresser aus Sauerlach (Oberbayern) gestern "Besuch" von der Polizei bekam, weil sie auf "Twitter" auf eine Veranstaltung aufmerksam gemacht hatte, bei der die wegen ihrer öffentlichen Äußerungen im Fall Gustl Mollath momentan stark in der öffentlichen Kritik stehende bayerische Justizministerin Dr. Beate Merk (CSU) sprechen wollte, siehe http://www.t-online.de/regionales/id_63806420/gustl-mollath-polizeibesuch-bei-ursula-gresser-wegen-mollath-tweet.html .
Meine Fragen:
- Ist es mittlerweile normal in Bayern, dass die Polizei das Internet auf Kommentare zu öffentlichen Veranstaltungen durchsucht?
- Ist es mittlerweile normal in Bayern, dass aufgrund von weder beleidigenden noch ehrverletzenden Äußerungen im Internet die Polizei ausrückt?
Falls ja:
- Was will die Ihnen disziplinarisch unterstellte Polizei damit erreichen?
- Ist Ihnen sowie der bayerischen Polizei Art. 5 GG, Satz 1, bisher unbekannt (siehe http://dejure.org/gesetze/GG/5.html )?
- Weisen Sie die bayer. Polizisten aufgrund des gestrigen Vorfalls in Sauerlach jetzt an, nur dann unbescholtene Bürger (hier: Frau Prof. Dr. Ursula Gresser) aufzusuchen, wenn es einen Verdacht auf eine geplante oder vollendete Straftat gibt oder wenn es um eine Zeugenbefragung geht?
- Teilen Sie meine Auffassung, dass es angebracht wäre, wenn Sie sich bald bei Frau Prof. Dr. Gresser (die im Übrigen CSU-Mitglied ist) für den offensichtlichen, m.E. rechtlich nicht zulässigen Übereifer der Zivilpolizisten in Sauerlach entschuldigen?
- Leiten Sie ggf. ein Disziplinarverfahren gegen die beiden Beamten, die Frau Dr. Gresser aufgesucht haben, ein?
- Wissen Sie, warum der Twitter-Eintrag von Frau Dr. Gresser wieder entfernt wurde? Wurde sie zu diesem Schritt von der Polizei genötigt?
Für Ihre baldige, dezidierte Beantwortung meiner Fragen danke ich Ihnen im Voraus und verbleibe
mit freundlichen Grüßen aus Eching (Oberbayern)
Guido Langenstück
Sehr geehrter Herr Langenstück,
Ihre über www.abgeordnetenwatch.de gestellte Anfrage vom 12.06.2013 in der Angelegenheit “Inneres und Justiz“ habe ich erhalten.
Einleitend darf ich in aller Deutlichkeit feststellen, dass mir als Bayerischem Innenminister aber auch der gesamten Bayerischen Polizei sehr daran gelegen ist, stets alle Sachverhalte aufzuklären, die das positive Bild der Polizei bei den Bürgerinnen und Bürgern beschädigen können. Diese dürfen selbstverständlich erwarten, dass sich die Beamtinnen und Beamten an Recht und Gesetz halten und sich ihrer Vorbildfunktion sowie ihrer Stellung in der Öffentlichkeit bewusst sind. So werden Beschwerden oder Anzeigen gegen Polizeibeamte, die konkrete Anhaltspunkte für dienstliche Verstöße liefern, sorgfältig überprüft. Festgestelltes Fehlverhalten wird von der Justiz entsprechend gewürdigt. Losgelöst von der Würdigung durch die unabhängigen Gerichte werden Sachverhalte, die Anhaltspunkte für dienstliche Verstöße liefern, zusätzlich von den Dienstvorgesetzten geprüft und bewertet. Das kann zur Konsequenz haben, dass disziplinarrechtliche Maßnahmen wie zum Beispiel ein Verweis, eine Geldbuße, gegebenenfalls auch eine Gehaltskürzung oder gar die Entfernung aus dem Dienst getroffen werden.
Am Montag, 10.06.2013, wurde Frau Prof. Dr. Gresser in Sauerlach in ihrer Wohnung durch zwei Polizeibeamte aufgesucht. Der Grund hierfür war das Schreiben eines Rechtsanwaltes, das beim Justizministerium eingegangen ist.
In diesem Schreiben wurde die Besorgnis dargestellt, dass es bei einer Veranstaltung mit Frau Justizministerin Dr. Merk am 10.06.2013 in Brunnthal möglicherweise zu Störungen durch Frau Prof. Dr. Gresser kommen könnte. Es war zu befürchten, dass sie offenbar sehr emotional über einen schon länger andauernden Sorgerechtsstreit referieren wollte.
Dieser Sachverhalt wurde vom Rechtsanwalt so detailliert und glaubwürdig dargestellt, dass man sich von polizeilicher Seite dazu entschloss, ein klärendes Gespräch mit Frau Prof. Dr. Gresser bei ihr zu Hause zuführen, um eine mögliche Eskalation zu vermeiden. Dieses Gespräch verlief nach Darstellung der Beamten in einem völlig normalen Rahmen. Die betreffende Veranstaltung mit Frau Justizministerin Dr. Merk, an der Frau Prof. Dr. Gresser teilnahm, verlief ohne jegliche Störung.
Sehr geehrter Herr Langenstück, die mediale Darstellung dieses Sachverhalts kann einen Eindruck vermitteln, der nach meiner Überzeugung den Leistungen der Bayerischen Polizei nicht gerecht wird. Vor diesem Hintergrund sollte den Polizeikräften, der Polizeiführung sowie den Strafverfolgungsorganen grundsätzlich das Vertrauen entgegengebracht werden, das jede staatliche Einrichtung zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Herrmann, MdL