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Joachim Herrmann
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Frage von Matthias L. •

Frage an Joachim Herrmann von Matthias L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Herrmann,

nach Google Streetview möchte nun auch Microsoft mit Bing Streetside einen ähnlichen Dienst anbieten. Dass auch der Service von Microsoft umstritten sein wird war absehbar, auch wenn vorher versucht wurde, die Einführung mit Datenschützern abzuklären [1]. Sie haben sich ähnlich geäußert und drohen Microsoft damit, den Dienst zu untersagen. Sie sagen, "Es ist nicht hinnehmbar, dass es gegen die Aufnahmen kein vorheriges Widerspruchsrecht gibt. Das ist mit einem wirksamen Datenschutz unvereinbar" [2].

Meine Frage an Sie lautet daher: Warum verwehren Sie sich in diesem Maße gegen Google oder Microsoft, wenn der Staat selbst seit Jahren regelmäßig Luftaufnahmen (!) macht - also in die Gärten der Bürger schauen kann, i.d.R. im Gegensatz zu Straßenaufnahmen - um diese Daten für 140´000 auch gerne gewinnbringend weiter zu veräußern [3]? Zusätzlich ist über diese Aufnahmen die Zuordnung von Anwesen, Adresse und mitunter auch Namen der Bewohner möglich.

Warum sorgen Sie sich also um den Datenschutz der Bürger, wenn von Seiten des Staates viel intensiver in diese Rechte eingegriffen wird und der Staat diese Daten auch noch verkauft?
Sind die Bürgerrechte inkl. des Datenschutzes abhängig davon, welche Stelle die Daten erhebt - öffentlich sind sie ja beide?

Ich würde - nicht nur in diesem Punkt - transparente und konsistente Regelungen und Aussagen seitens der Politik erwarten, denen ich als Bürger vertrauen kann.

Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Lohr

[1] http://www.heise.de/newsticker/meldung/Microsoft-Streetside-Kamerafahrten-fuer-Panoramabilder-in-Bing-Maps-1221942.html
[2] http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bayerns-Innenminister-droht-mit-Verbot-von-Bing-Maps-Streetside-1231044.html
[3] http://www.shz.de/nachrichten/top-thema/article//beschattung-von-oben.html

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Lohr,

ich danke Ihnen für Ihre Zuschrift, die mir das Portal "abgeordnetenwatch" übermittelt hat.

Wie Sie festgestellt haben, habe ich in der Vergangenheit stets deutlich gemacht, dass bei "Google Street View", "Microsoft Bing Streetside" und allen anderen vergleichbaren Vorhaben privater Geodatendienste die Vorschriften des Datenschutzrechts einzuhalten sind. Daraus folgt nach meiner Auslegung des Bundesdatenschutzgesetzes - die von den Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder geteilt wird - unter anderem auch, dass den betroffenen Bürgern das Recht eingeräumt werden muss, bereits vor der Veröffentlichung Widerspruch gegen die Abbildung ihrer Hausfassaden einzulegen, der bis zur Veröffentlichung durch geeignete technische Maßnahmen umzusetzen ist. Entsprechende Forderungen enthält auch der von uns unterstützte Gesetzentwurf des Bundesrates vom Juli 2010 (vgl. BR-Drs. 259/10 (Beschluss)).

Die Luftaufnahmen der staatlichen Vermessungsverwaltung unterscheiden sich aber erheblich von diesen Vorhaben privater Dienstanbieter. Anders als z. B. bei den Bildern von Google Street View oder Bing Streetside handelt es sich bei den Luftbildern der Vermessungsverwaltung ausschließlich um Senkrechtaufnahmen, d.h. es lassen sich weder die Hausfassaden noch einzelne Personen im Detail erkennen. Die Luftbilder der Vermessungsverwaltung werden mit einer Auflösung von 20 cm pro Pixel erstellt. Der Öffentlichkeit zugänglich sind sie im BayernViewer mit einer Auflösung von 40 cm. Sie ermöglichen weder eine Erkennbarkeit von Personen noch eine detaillierte Ansicht der Gebäude oder Hausfassaden. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts von Bürgern erscheint daher bei solchen Luftaufnahmen kaum vorstellbar.

Die Bayerische Vermessungsverwaltung hat nach dem Bayerischen Vermessungs- und Katastergesetz den gesetzlichen Auftrag, flächendeckend das Gebiet des Freistaats Bayern in Luftbildern aufzunehmen. Für eine Vielzahl staatlicher und kommunaler Aufgaben sind sie unverzichtbar, z. B. bei Naturschutz- und Umweltangelegenheiten oder der Bauleitplanung. Ebenso werden die Luftbilder der Vermessungsverwaltung häufig von Privatkunden oder der Wirtschaft genutzt, z.B. von Planungsbüros, Energieversorgungsunternehmen oder Versicherungen. Insgesamt betrachtet wird also unsere Haltung zu den Luftbildaufnahmen der Vermessungsverwaltung einerseits und zu den Angeboten privater Geodatendienste von der Zielsetzung bestimmt, die legitimen Informationsinteressen der Allgemeinheit und die Erfordernisse des Datenschutzes zu einem angemessenen Ausgleich zu bringen.

Mit freundlichen Grüßen

Joachim Herrmann, MdL
Bayerischer Staatsminister des Innern

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