Frage an Joachim Hennig von frigga w. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Hennig,
wie stehen Sie zu den in SGB-II verankerten und täglich vollzogenen "Sanktionen"?
Sehen Sie einen Nutzen darin für die Wiedereingliederung der betroffenen Erwerbslosen oder Aufstocker?
Ist die Menschenwürde, die durch das Existenzminimum gesichert wird, ihrer persönlichen Meinung nach "unverfügbar", oder ist auch für das "letzte Auffangnetz" des Sozialstaates ein "Wohlverhalten" des bedürftigen Bürgers im Sinn von Kooperation oder ggf. auch Unterordnung unter Anweisungen des Vermittlungspersonals unerlässlich?
Gern können Sie in Ihrer Antwort auch auf "Totalverweigerer" Bezug nehmen wie z.B. Ralph Boes, der derzeit zu 100% sanktioniert ist, weil er absichtlich keins der vom Jobcenter an ihn gerichteten Angebote annahm und dadurch für öffentliches Interesse und Klagen sorgt.
Seine Grundsatzfrage "Wer bestimmt eigentlich, was als "Arbeit" anzusehen ist und wohin ein Mensch seine tägliche Arbeitskraft stecken darf," bewegt mich nicht minder.
Beste Grüße,
Frigga Wendt
Sehr geehrte Frau Wendt,
herzlichen Dank für diese auch für mich wichtige Frage.
Ich bin kategorisch gegen Sanktionen. Es bringt nichts, außer "Einsparungen" des JobCenters. Wenn der oder die Bearbeiter/-in genauso sanktioniert würde, weil er/sie die Aufgabe der JobCenter "Fordern und Fördern" so wahrnehmen würde, also Versuche unterstützt, in Arbeit oder Ausbildung zu kommen, wäre das etwas anderes. Das Werkzeug JobCenter ist zu einem reinen Terrorinstrument verkommen, für das es keine rechtsstaatlichen Prinzipien und keine gesetzliche Kontrolle mehr gibt. JobCenter müssen sofort wieder in Sozialamt und Arbeitsamt getrennt werden, um persönliche Verantwortlichkeiten für Willkür und Rechtsbeugung gegen Mitarbeiter ahnden zu können.
Diese Richtung verfolge ich, unabhängig, wie die Wahlen am 22.09.2013 für mich als Direktkandidat und Straßensozialarbeiter ausgehen. Dazu laufen bereits mehrere Strafanzeigen von mir gegen Mitarbeiter und Geschäftsführer Berliner JobCenter.
Menschenwürde ist für mich nicht "verfügbar", sondern einzuhalten. Unter den Bedingungen der Agenda 2010 ist das hier kein Sozialstaat mehr. Ihr Beispiel Ralph Boes ist für mich etwas grundsätzlich anderes. Hier möchte einer garnicht arbeiten, solche Menschen gibt es leider viele. Im Wahlkampf kamen einige auf mich zu und fragten nach meiner Meinung zum "bedingungslosen Grundeinkommen". Meine Antwort als FREIER WÄHLER war und ist "geh arbeiten, Faulpelz". Warum soll ich und andere dafür arbeiten, dass sich einige schmarotzend von der Gesellschaft aushalten lassen. Als Sozialarbeiter an Kotti und Mariannenplatz kann ich nach mehreren Jahrzehnten einschätzen, ob mich das ein Junky fragt, der sich seine Drogen unabhängig vom JobCenter besorgt, also Schwarzeinkünfte hat.
Wenn Herr Boes seinen zweifellos vorhandenen Intellekt dazu einsetzen würde, das den Rechtsstaat außer Kraft setzende Prinzip "Agenda 2010" zu bekämpfen, würde ich das vorbehaltlos unterstützen. Daraus eine Medien-Show zu veranstalten, halte ich für unanständig.
Wir werden nach der Wahl noch Gelegenheit suchen und finden, das Thema in
Kreuzberg öffentlich weiter zu diskutieren.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Joachim H. Hennig