Frage an Jimmy Schulz von Jonas S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Schulz,
leider habe ich feststellen müssen, das wieder ein Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung blockiert wurde. Da in Deutschland noch nicht einmal die UN-Konvention gegen Korruption vollständig umgesetzt wurde, ist das besonders ernüchternd. Können Sie erläutern, weshalb Sie und ihre Fraktion gegen die Gesetzesinitiative gestimmt haben? Welchen Grund sollte es denn geben, nicht sicherzustellen, dass keine Bestechung von Abgeordneten stattfindet?
Mit freundlichen Grüßen,
Jonas Schmiddunser
Sehr geehrter Herr Schmiddunser,
vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie dafür werben, dass Deutschland die VN-Konvention gegen Korruption ratifiziert, welche es am 9. Dezember 2003 unterschrieben hat.
Sie haben vollkommen Recht! Abgeordnetenbestechung ist ein Übel, welches weltweit konsequent bekämpft werden muss!
Diese Konvention ist jedoch weder unter Rot-Grün, noch von der großen Koalition, noch vom aktuellen Parlament ratifiziert worden.
Bestechung ist natürlich in Deutschland bereits verboten.
Die FDP-Bundestagsfraktion ist der Auffassung, dass eine Ratifikation der VN-Konvention gegen Korruption nicht sinnvoll ist. Kern der Begründung ist die mangelnde Vereinbarkeit der VN-Konvention mit dem gültigen § 108e StGB zur Ahndung von Abgeordnetenbestechung in Deutschland.
Der Hintergrund ist folgender: Die strafrechtlichen Regelungen nach § 331 StGB (Vorteilsannahme) und 332 StGB (Bestechlichkeit) gelten zwar für einen Amtsträger bzw. für einen für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten. Diese Straftatbestände gelten jedoch nicht für frei gewählte Abgeordnete. Sie können nicht mit Beamten oder beamtenähnlichen Personen gleichgesetzt werden. Denn anders als bei Beamten besteht kein klarer Pflichtenkreis für Abgeordnete. Somit ist es auch strafrechtlich sehr schwierig, konkrete Diensthandlungen zu bestimmen bzw. Verletzungen von Dienstpflichten festzustellen. Zudem kann und darf der Abgeordnete nach dem GG (Art. 8) im Gegensatz zu einem Beamten auch völlig einseitig Interessen vertreten. Regelmäßig setzen sich Abgeordnete in ihrem Wahlkreis konkret für die Belange der Wähler ein (z.B. Erhalt einer öffentlichen Einrichtung in dem Wahlkreis). Nach der VN-Konvention würden sich die Abgeordneten dann strafbar machen, wenn ihm die Bürger dafür ihre Stimme versprechen. Das kann natürlich nicht sein.
Ein möglicher Tatbestand, wie ihn Grüne und Linke fordern (zuletzt DIE LINKE, 17/1412; GRÜNE 16/6726) wäre wegen fehlender Klarheit und diverser unbestimmter Rechtsbegriffe verfassungsrechtlich angreifbar. Die Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe könnte zu unklaren Ergebnissen führen (z.B. „rechtswidriger Vorteil liegt vor, wenn seine Verknüpfung mit der Gegenleistung als verwerflich anzusehen ist“, hier ist unklar wie „verwerflich“ zu definieren ist). Es ist nicht möglich, Abgeordnete strikt und objektiv nur dem Allgemeinwohl unterwerfen zu wollen, da es ein solches nicht gibt, sondern höchstens einen Durchschnitt aller Einzelinteressen. Um einem solchen dienen zu wollen, müssten alle Abgeordneten ein gleiches durchschnittliches Gesamtinteresse vertreten und dürften niemals Interessen einzelner Interessengruppen im Blick haben. Wenn sie gar selber zu einer Interessengruppe gehören, dürften sie nach dieser Logik keinem Gesetz mehr zustimmen, das sie zwar für richtig halten, das sie aber am Ende begünstigt. Ferner stellte der Bundesgerichtshof im Urteil vom 9. Mai 2006 (Aktenteichen: 5 StR 453/05) dazu noch einmal klar, dass Abgeordnete keine Amtsträger sind.
Aus diesen grundsätzlichen Erwägungen hält meine Fraktion eine Ratifikation der VN-Konvention gegen Korruption in Deutschland nicht für angezeigt. Jedoch auch ohne die Umsetzung dieser Konvention kann Deutschland aufgrund seines anerkanntermaßen ausgeprägten Rechtsstaats international glaubwürdig für die Bekämpfung von Korruption eintreten.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen damit Ihre Frage beantworten. Bei weiteren Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Jimmy Schulz