Jens Peter Seipenbusch
PIRATEN
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Jens Peter Seipenbusch zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Wolfgang S. •

Frage an Jens Peter Seipenbusch von Wolfgang S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Seipenbusch,

wie stehen Sie zur Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens?

Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Schwarz.

Antwort von
PIRATEN

Sehr geehrter Herr Schwarz,

zunächst bitte ich um Entschuldigung für die späte Antwort, es gab
Probleme mit der E-Mail.

Zu ihrer Frage:
Die Piratenpartei hat sich auf ihrem letzten Parteitag gegen die Forderung eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) ausgesprochen. Dazu muß man wissen, dass der Begriff eines BGE ja leider oft pauschal für alle möglichen Transferleistungsmodelle benutzt wird, insofern könnte man sagen, dass es mit der Sozialhilfe(konkret ALG II) heutzutage schon eine Art BGE gibt.

Die Vorschläge reichen von einer Negativen Einkommensteuer (bedarfsorientiert oder bedarfsunabhängig) über ein Bürgergeld bis hin zum mit BGE meistens gemeinten Modell von Götz Werner und anderen ähnlichen Vorschlägen.

Gerade dieses letzte Modell lehne ich auch persönlich ab, und zwar aus mehreren Gründen:

Zunächst mal scheint es mir widersinnig, dass in einem solchen Modell auch gut verdienende Menschen und Spitzenverdiener aus staatlichem Mitteln zusätzlich ein (recht hoch angesetztes) Einkommen bezahlt bekommen. Ich bin darüberhinaus skeptisch gegenüber der oft als Zukunftsvision dargestellten Ansicht, wir hätten in der Zukunft durch Automatisierung u.ä. Geld und Güter jederzeit im Überfluß, so daß man die Ernte nur noch verteilen müsste - jeder Bauer weiß doch, dass der Weizen auf seinem Feld nur durch harte Arbeit dort so wächst und auch die Ernte harte Arbeit ist.

Sicherlich gibt es Rationalisierungsgewinne usw. und ich bin sehr der Ansicht, dass diese gerechter verteilt werden müssen, aber in der Politik sollte man m.E. die Realität nicht zu stark ausblenden. Genau diese Ausblendung der Realität kritisiere ich auch bei der wirtschaftlichen Argumentation für ein solches BGE.

Ich habe bereits zahlreiche qualifizierte Diskussionen zu diesem Thema verfolgt und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass die beiden Forderungen, einerseits ein solches BGE jedem unterschiedlos zu zahlen und andererseits die Höhe dieser Leistung so festzulegen, dass es existenzsichernd bzw. sogar ausreichend für eine Teilnahme am öffentlichen Leben ist (und bleibt!), nicht übereinanderzubringen sind. Und dabei sind noch nicht einmal die anderen Problempunkte berücksichtigt. Zum Beispiel müsste man einen Staat der ein BGE mit extrem hohen Konsumsteuern zu decken versucht, ja an seinen Grenzen mit Zöllen o.ä. unheimlich abschotten, damit die Bürger nicht einfach im Ausland konsumieren. Wunschdenken bringt uns hier also nicht weiter.

Im Gegensatz dazu sehe ich bei den unterschiedlichen Modellen zur Existenzsicherung von Menschen mit geringem oder keinem Einkommen durchaus hohen Diskussionsbedarf. Jedes der Modelle wie Negative Einkommenssteuer, Bürgergeld, bedarfsorientierte Grundsicherung (ALG II) und Kombilohn hat Vorteile und Nachteile, die im Detail betrachtet und bewertet werden müssen. Meiner Ansicht nach sollten hier zwei Aspekte im Vordergrund stehen:

Eine Grundsicherung muss ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Dies ist leider aktuell nicht der Fall, die Sätze müssen dringend angehoben werden und es dürfen beispielsweise nicht alte Menschen durch das Raster fallen oder von absurden Bürokratieanforderungen ausgegrenzt werden. Zum zweiten müssen die Transferleistungen vereinfacht werden (in Umfang und Zugang) und direkter an die Menschen anstatt an Kategorien geknüpft werden.

Wenn ich beispielsweise Kinder fördern möchte, dann soll es pro Kind eine (recht hohe) Förderung geben und nicht 20 verschiedene, die ich beantragen muß, und die verschiedenen Bedingungen unterliegen. Man darf den Leuten ruhig mehr vertrauen, dass sie von dem Geld auch Schulbücher kaufen, ohne dass man immer alles haarklein bürokratisch und von oben kontrolliert. Die Menschen können vor Ort gemeinsam viel besser die individuellen Probleme bewältigen, als es ein aufgeblasener Regelapparat jemals können wird.

Mit freundlichen Grüßen,

Jens Seipenbusch