Jens Peter Seipenbusch
PIRATEN
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Frage von Torsten W. •

Frage an Jens Peter Seipenbusch von Torsten W. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Seipenbusch,

Sie setzen sich für ein radikal liberaleres Urheberrecht ein. Die Lobbys der Film-, Musik-, Spiele- und Buchbranche fordern ein verschärftes Urheberrecht, um ihre Einnahmequellen zu sichern. Wie sollen Kulturschaffende angemessen entlohnt werden, wenn nicht durch ein hart greifendes Urheberrecht?

Wie bewerten Sie den vermeintlichen Erfolg Ihrer schwedischen Schwesternpartei, die nach eigenen Angaben die viertgrößte schwedische Partei nach Mitgliedszahlen ist? Halten Sie diese Zahl für realistisch oder haben die Kollegen geflunkert?
Wie schätzen Sie die Chancen der deutschen und der schwedischen Piratenpartei bei der Europawahl ein? Glauben Sie, dass ab 2009 Piraten im Europaparlament sitzen?

MIt freundlichen Grüßen,
Torsten Wagner

Antwort von
PIRATEN

Sehr geehrter Herr Wagner,

> Sehr geehrter Herr Seipenbusch,

> Sie setzen sich für ein radikal liberaleres Urheberrecht ein. Die Lobbys
> der Film-, Musik-, Spiele- und Buchbranche fordern ein verschärftes
> Urheberrecht, um ihre Einnahmequellen zu sichern. Wie sollen
> Kulturschaffende angemessen entlohnt werden, wenn nicht durch ein hart
> greifendes Urheberrecht?

Wir setzen uns u.a. für eine deutliche Verkürzung der betreffenden Fristen ein, die in der jüngeren Vergangenheit ja immer wieder verlängert wurden. Dies stellt eine deutliche Trendwende dar, aber radikal zu nennen ist eher unsere Forderung, vom ersten Tag an jegliche digitale Privatkopie zu erlauben, den urheberrechtlichen Verwertungsschutz also nur auf kommerzielle Aktivitäten anzuwenden, damit die Kriminalisierung weiter Bevölkerungsteile endlich aufhört und keine Konkurrenz von Urheberrecht und fundamentalen Bürgerrechten wie dem Fernmeldegeheimnis entsteht.

Wie sie in ihrer Frage bereits andeuten, sind es nicht die Urheber, sondern die Verwertungsfirmen, die vehement für eine Verlängerung dieser Fristen eintreten. Bei den Urhebern gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten zu dem Thema, da lange Fristen auch das Aufbauen auf bestehenden Werken blockieren. Wir stehen mit vielen Künstlern in Kontakt, damit unsere Forderungen nicht zu der immer wieder befürchteten Einkommenslosigkeit führt. Allerdings ist das Urheberrecht keine mystische Kraft, die Einkommen für Künstler generiert. Ein großer Teil der Künstler hat keine Probleme mit einem Wandel der Geschäftsmodelle zur wirtschaftlichen Verwertung ihrer Werke, die klassische Verwertungsindustrie mit ihren autoritären Strukturen schon. Kulturschaffende sind wir im übrigen fast alle, unabhängig davon ob wir dafür irgendeine finanzielle Entlohnung bekommen.
Es hat sich in Studien und der Praxis der vergangenen Jahre gezeigt, dass privates Filesharing keineswegs im Gegensatz zu einer wirtschaftlich erfolgreichen Vermarktung von digitalen Medien steht. Darüberhinaus haben die zurückliegenden Verschärfungen des Urheberrechts bisher meines Wissens keinerlei Einkommenssteigerung bei den Urhebern gezeitigt. Im Gegenteil haben sie auf Gebieten wie Wissenschaft und Bildung oder auch bei sog. verwaisten Werken starken Schaden angerichtet.

> Wie bewerten Sie den vermeintlichen Erfolg Ihrer schwedischen
> Schwesternpartei, die nach eigenen Angaben die viertgrößte schwedische
> Partei nach Mitgliedszahlen ist? Halten Sie diese Zahl für realistisch
> oder haben die Kollegen geflunkert?
Diese Zahlen sind nach meinem jetzigen Wissensstand korrekt, dazu muss man wissen, dass die Mitgliedschaft in der schwedischen Piratenpartei nur geringe oder gar keine Kosten mit sich bringt, da das Finanzierungsmodell rein auf Spenden (auch der Mitglieder) aufbaut. Somit ist die Hürde gerade für die jungen Leute nicht so hoch, dort Mitglied zu werden. Wegen geringerer bürokratischer Anforderungen als in Deutschland kann man dort sogar per SMS Mitglied werden, soweit ich weiß.

> Wie schätzen Sie die Chancen der deutschen und der schwedischen
> Piratenpartei bei der Europawahl ein? Glauben Sie, dass ab 2009 Piraten im
> Europaparlament sitzen?

Nach unseren bisherigen Abschätzungen wird wohl aus Schweden mindestens ein Pirat im neuen Europaparlament sitzen, was für die gesamte Piratenpartei-Bewegung natürlich ein großer Erfolg wäre. In Deutschland hindert uns wohl die 5%-Hürde daran, Sitze zu bekommen, selbst wenn wir anteilig genug Stimmen dafür hätten. Wenn wir die 5%-Hürde knacken, dann würde es sicher anschliessend die größte Piratenparty geben, die Deutschland je gesehen hat.