Frage an Jens Kerstan von Siegrun L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kerstan,
leider steht das Thema öffentlicher Nahverkehr hier nicht als Thema zur Auswahl. Was tun Sie, damit die exorbitant hohen Preise gesenkt werden, damit Autofahren weniger attraktiv wird? Ich wohne in Boberg, wenn ich nur mal 10 min. etwas in Bergedorf besorgen will, kostet das Euro 4,60 hin und zurück und dauert eine dreiviertel Stunde. Mit dem Auto maximal 1,-- Parkgebühr und keine 20 Minuten hin und zurück, z.B. Und ein Kinobesuch etc. in der City kostet dann gleich nochmal 6,60 Euro HVV!! Das ist doch unmöglich!
In Hessen gibt es jetzt das Jahresticket für Senioren, schon länger für Schüler und Studenten, für 365 Euro. Da kann man für 1,-- Euro täglich 300 km von Nord nach Süd und ca. 200 km von Ost nach West fahren! Warum kriegt das reiche Land Hamburg das nicht fertig für ein viel kleineres Gebiet?
Und was tun Sie, um einige der unsäglichen Ampeln zu entschärfen? z.B. an der Kreuzung Boberg springt die Ampel sofort auf ROT, sobald man die Straße betreten hat, um die B 5 zu überqueren. Ich bin noch gut zu Fuß, aber da gehen massenhaft kleine Schulkinder rüber und auch viele Ältere.Ein unsäglicher Zustand, daß Fußgänger gehetzt werden und Autos durchrasen können!
Wir wollen in den nächsten Jahren den öffentlichen Nahverkehr so ausbauen, dass es an allen Stellen in Hamburg eine Alternative zur Nutzung des Autos gibt. Das ist unsere erste Priorität.
Sie haben aber auch Recht, dass man das Tarifsystem des HVV überarbeiten muss, um es sozialverträglicher zu machen.
Wir haben bereits Schritte auf den Weg gebracht, um die Kosten für die Mobilität für die Hamburger*innen zu senken. Wir haben dafür die vormittägliche Sperrzeit für Senioren aufgehoben und beschlossen, die Azubis den Studierenden gleichzustellen, indem wir ein Azubi-Ticket auf den Weg gebracht haben. Dennoch sehen wir bei den Tickets weiteren Handlungsbedarf. Wir wollen die Mobilität in Hamburg zu günstigeren Preisen ermöglichen. Dies gilt insbesondere für Familien, die nicht nur hohe Wohnkosten, sondern bei der Nutzung des ÖPNV Mehrfachkosten jeweils für die einzelnen Familienmitglieder haben.
Damit das Umsteigen von PKW auf ÖPNV noch leichter wird und es auch bei der Verkehrswende gerecht zugeht, wollen wir das Preissystem im HVV weiterentwickeln. Die Verkehrswende kann nur im Zusammenspiel mit der Metropolregion gelingen. Wir wollen das Tarifsystem vereinfachen und nach dem Vorbild des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg prüfen, den HVV-Tarif zu einem Nordtarif nach Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern auszuweiten. Ein guter öffentlicher Nahverkehr mit guten Löhnen kostet Geld. Wir wollen deswegen jedes Jahr viel mehr Geld in den HVV investieren. Dies gilt insbesondere für die Neubaupläne und die Preis- und Angebotsoffensiven. Wir wollen, dass diese Pläne nicht nur durch die Kunden, sondern auch durch die Stadt finanziert werden, die wir endlich wieder an der Finanzierung des HVV beteiligen wollen. Unser Versprechen lautet: Die Preissteigerungen für die Kunden wollen wir auf die Inflationsrate begrenzen, sodass die reale Belastung für die Kunden stabil bleibt oder sogar leicht sinkt. Gleichzeitig soll die Stadt diesen Betrag mindestens verdoppeln, sodass der Kostendeckungsgrad des HVV insgesamt sinkt. Dieser Preis-Airbag soll für einen langfristig bezahlbaren, leistungsfähigen und am stadtwirtschaftlichen Nutzen orientierten HVV sorgen.
Wir wollen zu Fuß Gehen und Radfahren verbessern in der Stadt. Dazu muss man an vielen Stellen die Ampelschaltungen so verändern, dass sie Fußgänger und Radfahrer freundlicher werden. Bisher werden die Ampelschaltungen unter Verantwortung der Verkehrs- und Innenbehörde vor allem im Interesse der Autofahrer gestaltet. Das wollen wir grundsätzlich ändern.