Frage an Jens Kerstan von Viola G. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Kerstan,
der Flächennutzungsplan „Eignungsgebiete für Windenergieanlagen in Hamburg“ weist im sog. Eignungsgebiet Ochsenwerder einen Teil der BEZIRKSSTRASSE „Oortkatenweg“ sowie die Flächen rechts und links von dieser Bezirksstraße ALS EIGNUNGSGEBIET für Windenergieanlagen aus. Gleichzeitig finden Sie in der Drucksache 20/9810 zur Änderung des Flächennutzungsplans der Eignungsgebiete für Windkraftanlagen auf Seite 56 Abstandsangaben, die bei der Errichtung von Windkraftanlagen gesetzlich einzuhalten sind. Diese betragen zu Hauptverkehrsstraßen 1 x H, wobei H die Gesamthöhe der Windkraftanlage ist. Zu anderen Straßenkategorien, wie die von mir aufgeführte Bezirksstraße „Oortkatenweg“, werden ebenfalls Abstände von 1 x H gefordert. Insofern dürfte aufgrund der gesetzlichen Abstandsregelungen ein Teil der Bezirksstraße „Oortkatenweg“ selbst und die Fläche rechts und links neben dieser Bezirksstraße in einem Abstand von jeweils 150 m NIEMALS mit einer Windenergieanlage bebaut werden und NIEMALS Eignungsgebiet sein. Jeder versteht, dass auf eine Straße keine Windenergieanlage gebaut werden kann. Die BSU scheint dies anders zu sehen. Die BSU hat in ihren grafischen Darstellungen diese Bezirksstraße nie eingezeichnet, unterschlagen, überplant und damit die BürgerInnen sowie alle Abgeordneten schlichtweg getäuscht.
Warum weist der neue Flächennutzungsplan „Eignungsgebiete für Windenergieanlagen in Hamburg“ eine Fläche aus, die aufgrund gesetzlicher Bestimmungen niemals Eignungsgebiet sein und damit niemals mit einer Windenergieanlage bebaut werden könnte?
Warum hat die BSU die Bezirksstraße grafisch unterschlagen, überplant und damit BürgerInnen und Abgeordnete getäuscht?
Plant die BSU, eine Windenergieanlage auf die Straße "Oortkatenweg" zu bauen?
Hätte ein von Ihnen geforderter wissenschaftlicher Dienst die grafische Täuschung der BSU entdecken können?
Mit freundlichen Grüßen
V. G.
Sehr geehrte Frau Gietzelt-Fleischhauer,
vielen Dank für Ihre Fragen zur Ausweisung der Eignungsgebiete für Windenergie in Ochsenwerder.
Darüber, warum die BSU in ihren Planunterlagen bestimmte Darstellungsweisen gewählt hat oder welche Absichten sie im Eignungsgebiet Ochsenwerder verfolgt, könnte auch ich nur spekulieren. Sicher erwarten Sie das nicht von mir. Ich möchte Sie aber ermutigen, Ihre Fragen direkt an die Behörde zu stellen.
In der mir vorliegenden, von der BSU veröffentlichten Änderung des Flächennutzungsplans (Nummer F1/12, http://www.hamburg.de/contentblob/3585982/data/3b-ochsenwerder.pdf ) ist auf einigen der thematischen Blätter der Oortkatenweg selbst oder der Straßenname tatsächlich nicht eingezeichnet, so wie einige andere topgraphische Gegebenheiten auch. Auf anderen thematischen Karten und vor allem auf der vorangestellten Übersichtskarte ist der Oortkatenweg jedoch deutlich mit Straßennamen eingezeichnet. Es ist auch deutlich zu sehen, dass er das Eignungsgebiet in dessen südöstlichem Teil durchschneidet. Ich kann es nachvollziehen, wenn diese Darstellungsweise für Sie irritierend wirkt, eine Täuschungsabsicht der BSU kann ich aber nicht erkennen.
Mit den Eignungsgebieten werden die Flächen beschrieben, auf denen der Bau von Windkraftanalgen überhaupt zulässig ist. Durch die Ausweisung der Eignungsgebiete wird er gleichzeitig im übrigen Stadtgebiet ausgeschlossen, selbst dann, wenn von einer Anlage alle Abstandsregelungen und sonstigen Auflagen eingehalten würden. Insofern ist es kein Widerspruch, wenn ein Eignungsgebiet einen Straßenabschnitt einschließt.
Weil ich keine Täuschungsabsicht der BSU erkennen kann, kann ich Ihre Frage nach dem Nutzen eines wissenschaftlichen Dienstes nicht auf diesen Einzelfall bezogen sondern nur allgemein beantworten. Die Bürgerschaft muss sich zunehmend mit sehr komplexen Fragen befassen. Dafür ist nicht nur die Planung der Windenergienutzung ein Beispiel, sondern etwa auch die Elbphilharmonie-Verträge, die Beteiligung an den Energienetzen und deren Rückkauf oder die Hapag-Lloyd-Beteiligung. Oft geht es dabei um viel Geld und weitreichende Festlegungen für die Zukunft. Es ist unsere Aufgabe als Abgeordnete, verantwortlich und im Sinne der Bürgerinnen und Bürger, die wir vertreten, zu entscheiden. Je komplexer die Fragen sind, umso mehr brauchen wir die Beratung durch Fachleute, über die wir bisher aber nicht ausreichend verfügen. Es ist für die Demokratie auch nicht förderlich, wenn das Parlament, das die Regierung kontrollieren soll, in so großem Maße von Informationen der Regierung abhängig ist, wie das bisher in Hamburg der Fall ist, weil die Bürgerschaft nicht über unabhängige Wissens- und Informationsquellen verfügt. Darum haben wir Grünen die Einrichtung eines wissenschaftlichen Dienstes der Bürgerschaft vorgeschlagen.
Uns Grünen ist die Energiewende mit dem Ausbau Erneuerbarer Energien ein sehr wichtiges Anliegen. Ebenso wichtig ist uns die umfassende Information und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Wir haben uns darum dafür eingesetzt, dass die Planungen der Behörde in den zuständigen Ausschüssen ausführlich öffentlich und unter Beteiligung der betroffenen Bürgerinnen und Bürger beraten werden. Unseren Vorschlag, in einem Mediationsverfahren mit allen Beteiligten eine einvernehmliche Lösung für die Planungen zu suchen, hat die SPD in der Bürgerschaft leider abgelehnt.
Mit freundlichen Grüßen,
Jens Kerstan