Frage an Jens Kerstan von Ferdinand von A. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Kerstan,
anstatt alternative Konzepte, insbesondere für den Schwerlastverkehr, zu entwickeln, haben wir in den vergangenen zweieinhalb Jahren schwarz-grüner Koalition, zumindest im Süderelberaum, nur die Fortsetzung konventioneller Verkehrspolitik erlebt:
Das Verkehrskonzept für den Süderelberaum ist mindestens fragwürdig - Die neue südliche Trasse der geplanten Hafenquerspange ist laut Gutachten des NABU die umweltschädlichste aller HQS-Varianten!
Das Ergebnis der Planungsprozesses zum Verkehrskonzept Süderelbe stand schon vorher fest. Wesentliche betroffene Bevölkerungsgruppen, wie bspw. Anwohner der B75 in Harburg wurden hieran nicht beteiligt!
Die geplante Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße ist zu einem ein reinen Autobahnprojekt mutiert! Alles deutet darauf hin dass durch diese Maßnahme eine weitere Schnellstraße zwischen A7 und A1 (bzw. Hafengebiet) geschaffen werden soll. Hierdurch würde sich die ohnehin schon schwere Verkehrs- und Lärmbelastung der Anwohner der B 75 in Harburg (Bremer Straße) weiter erhöhen. Dies erst recht wenn dann die Hafenquerspange letztendlich nicht gebaut wird.
Jetzt schon rasen LKWs und PKWs zuweolen ungebremst mit 70 km/h durch Wohngebiete. Vorschläge von Bürgerinitativen zur Durchsetzung von Tempolimits werden rundheraus abgelehnt! Dabei gibt es eine Reihe von Vorschlägen für eine alternative Verkehrspolitik (Bsp.: Masterplan ´Straßenverkehr Hafen Hamburg´ der HPA oder Stärkung des Schienentransports durch CargoBeamer-Verfahren).
Nunmehr deutet einiges darauf hin, dass noch vor den Wahlen ein Beschluß zur Umsetzung der Wilhelmsburger Reichsstraße in der Bürgerschaft ´durchgeboxt´ werden soll!
Meine Frage:
Wird die GAL-Fraktion für oder gegen die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße stimmen?
Mit freundlichen Grüßen,
Ferdinand von Ahnen
Sehr geehrter Herr von Ahnen,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte.
Vorab ein paar Fakten: Die Wilhelmsburger Reichsstraße (WBR) ist eine Bundesstraße, für die der Bund die Verantwortung und somit auch die Kosten trägt. Jede Straße hat ihre "Lebenszeit" und muss in regelmäßigen Abständen grundinstandgesetzt werden. Die WBR entspricht nicht mehr den derzeitig gültigen Bundesgesetzen.
Wir haben nun die Wahl: Entweder wird die Straße an dem derzeitigen Standort in Hochlage instandgesetzt oder sie wird verlagert und neu gebaut. Bei einer Sanierung müsste die Straße mit Standstreifen ausgestattet werden und dem sogenannten Regelquerschnitt entsprechen, d.h. breiter werden. Man müsste zudem eine ca. 8 Meter hohe Lärmschutzwand errichten. Dies würde bedeuten, dass sich die sanierte WBR wie die "Berliner Mauer" für die nächsten 50 Jahre mitten durch eine attraktive Region Wilhelmsburgs ziehen würde. Die Stadt Hamburg hat nun entschieden - und wir stimmen dem zu - die WBR zu verlagern, mit den Bahngleisen zusammenzulegen und für beide Lärmquellen einen ausreichenden Lärmschutz anzulegen. Dieser Lärmschutz ist für die GAL zwingend. Eine weitere Grundbedingung ist das Gesamtverkehrskonzept, an dem noch gearbeitet wird. Hier muss es zu maßgeblichen Entlastungen für die jeweiligen Quartiere kommen. Die erwähnten Geschwindigkeitsreduzierungen richten sich ebenfalls nach der Straßenverkehrsordnung - einem Bundesgesetz. Dort, wo es zulässig ist, wird sich die GAL auch für Reduzierungen einsetzen. Auf der WBR wird eine Geschwindigkeit von 80 km/h gelten. Der Ausbaustandard (z.B. die Breite der Straße) wird ebenfalls den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Das wird der Standard einer Bundesstraße sein, auch wenn vielfach fälschlicherweise von "Autobahn" die Rede ist. Eine Abschaffung der WBR ist nicht möglich, da dann die A7 auf 10 bis 12 Spuren verbreitert werden müsste, um die Verkehre aufzunehmen.
Mit der Verlagerung wird im zentralen Bereich Wilhelmsburgs ein großes Wohnungsbaupotenzial frei, welches wir im Inneren der Stadt dringend benötigen und das zur weiteren Attraktivitätssteigerung Wilhelmsburgs sorgen wird. Wir setzen uns für ein Wachstum im Inneren ein - und nicht auf der "grünen Wiese". Durch die Verlagerung der Wilhelmsburger Reichsstraße an die Bahntrasse werden die schon jetzt durch den Lärm der Bahn geplagten Anwohner erstmals einen effektiven Lärmschutz bekommen. Die Verlagerung der Wilhelmsburger Reichsstraße wird also zu einer Reduzierung der durchschnittlichen Lärmbelastung der Anwohnerinnen und Anwohner führen und nicht zu einer Steigerung. Der wesentliche Grund, warum die Wilhelmsburger Reichsstraße teurer als ursprünglich geplant wird ist, dass der Bund nun bereit ist, den Umfang der Lärmschutzmaßnahmen noch einmal deutlich zu erhöhen. Damit können die Anwohnerinnen und Anwohner noch wirksamer vor Lärmbelastungen geschützt werden. Deshalb wird die GAL-Fraktion der Verlegung der WBR in der Bürgerschaft zustimmen.
Die sogenannte Hafenquerspange (HQS) steht noch nicht einmal im Bundesverkehrswegeplan, geschweige denn, dass dafür finanzielle Mittel bereit stehen. Hier wird noch viel Wasser die Elbe hinunterfließen, bevor auch nur ein Bagger rollen wird. Wir haben mit der Abschaffung des Freihafens für eine Reduzierung der Stauproblematik gesorgt und werden für eine Verkehrstelematik zur weiteren Effizienzsteigerung des bestehenden Verkehrsnetzes im Hafen sorgen.
Mit freundlichen Grüßen,
Jens Kerstan