Frage an Jens Kerstan von marc r. bezüglich Jugend
Könnten Sie erklären warum Sie im Wahlkampf als GAL für eine Befreigung von der Kita Gebühr vor der Einschulung geworben haben, nun aber beschliessen das Kinder die sogenannten Kann Kinder jetzt doch bezahlen müssen.
Erscheint es Ihnen nicht willkürlich und gegen den Verfassungsgrundsatz dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind das ein Kind das am 30.06 geboren ist beitragsfrei ist und ein Kind das am 01.07 geboren ist wie bei uns 2000 Euro extra zahlen muss.?
Sehr geehrter Herr Rader,
es ist richtig, dass in der allgemeinen politischen Diskussion verkürzt von der gebührenfreien fünfstündigen Betreuung im Jahr vor der Schule die Rede war. Damit wurde eine Erwartung geweckt, die jetzt in der konkreten Ausgestaltung möglicherweise nicht für alle Familien erfüllt werden kann. Um den Tatbestand der Betragsfreiheit bzw. der Beitragsermäßigung aber eindeutig zu regeln, war es notwendig, auf die reguläre Schulpflicht und nicht auf die tatsächliche Einschulung Bezug zu nehmen. Das ist auch kein Hamburger Sonderweg, auch in Berlin orientiert sich die Beitragsfreiheit an der regulären Schulpflicht.
Bei den von Ihnen angesprochenen Kann-Kindern lohnt unter dem Aspekt der Gleichbehandlung/Ungleichbehandlung eine differenzierte Betrachtung, denn die vorzeitige Einschulung hat auch Vorteile. Zum einen reduziert sich der Zeitraum der Kinderbetreuung und damit das insgesamt zu leistende Beitragsvolumen. Zum anderen kann die Schule eher abgeschlossen und die Ausbildung bzw. das Studium früher begonnen werden. Es wäre dann gegenüber den Eltern von "Muss-Kindern" ungerecht, wenn Eltern vorzeitig eingeschulter Kinder zusätzlich zu diesem Vorteil auch noch von Beiträgen entlastet würden. Eine weitere Überlegung war, keinen zusätzlichen finanziellen Anreiz für eine vorzeitige Einschulung von Kindern zu schaffen. Denn damit ist aus unserer Sicht das Risiko verbunden, dass die Schulfähigkeit von Kindern, insbesondere aus einkommensschwachen Familien, von den Eltern überschätzt wird und in der Folge Schulprobleme entstehen.
Es ist richtig, wenn Sie darauf hinweisen, dass diese Vorteile so nicht mehr bestehen, wenn man ein im Juni geborenes "Muss-Kind" mit einem im Juli geborenen "Kann-Kind" vergleicht. Denn in der Regel kommen beide Kinder zur gleichen Zeit mit sechs Jahren in die Schule. Dazu ist grundsätzlich zu sagen, dass auch Kann-Kinder die Möglichkeit der kostenfreien vorschulischen Bildung haben. Denn bei der Wahl einer Vorschule, die in aller Regel zur Einschulung im darauffolgenden Jahr führt, erhalten sie ebenfalls ein beitragsfreies Betreuungsjahr.
Aber was sich nicht wegdiskutieren lässt, ist die Tatsache dass jegliche Stichtagregelung zwangsläufig immer auch mit Ungerechtigkeiten verbunden ist. Dennoch sind solche Regelungen nicht unüblich und in vielen Politikbereichen anzutreffen.
Die Diskussion über die sogenannten Kann-Kinder ist in unserer Fraktion noch nicht abgeschlossen und wir nehmen Anfragen wie die Ihre sehr ernst.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Kerstan