Frage an Jens Geier von Gerhard R. bezüglich Finanzen
Ist es möglich, eine Auflistung der €-Summen zu bekommen, die den Euroländern seit ihrem Beitritt ausgezahlt wurden? Warum wurde nie kontrolliert, wie die Gelder verwendet wurden? Wie stehen Sie zu Eurobonds?
Sehr geehrter Herr Ritter,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
In dieser sprechen Sie drei Themen an, zu denen ich gerne Stellung nehmen möchte.
1. Sie haben gefragt, ob und wo man die Summen einsehen kann, die an die Euro-Länder ausgezahlt wurden. Dazu möchte ich klarstellen, dass Geld aus dem europäischen Haushalt bisher nur in Form von Förderprogrammen in die Mitgliedsstaaten geflossen ist. Die Listen zu den öffentlichen Geldern sind in jedem Mitgliedsstaat veröffentlicht. In Deutschland sind sie nach EU-Fördertopf und Bundesland auf den Internetseiten des jeweiligen Landesministeriums online. Eine europaweite Liste gibt es aber nicht.
2. Ihrer Vermutung bezüglich der Kontrolle europäischer Mittel muss ich widersprechen. Wenn Staaten der EU von Fördergeldern profitieren, so haben sie sich stets an das europäische Regelwerk zu halten. Die Vorgänge in den Mitgliedsstaaten werden seitens der europäischen Behörden strikt überwacht. Die Kontrolle dieser Finanzierung gehört auch zur Kernaufgabe des Haushaltskontrollausschuss im Europäischen Parlament, dem ich seitens der Sozialdemokraten angehöre. Sollten Gelder nicht korrekt verwendet oder abgerechnet werden, so ist es möglich und gängige Praxis Zahlungsflüsse zu unterbrechen oder Beträge zurückzuhalten und erst wieder auszuzahlen, wenn die Probleme behoben sind.
Die Europäische Kommission kann fehlerhafte Ausgaben auch zurückfordern. Die Höhe der Forderungen an EU-Mitgliedsstaaten beträgt heute mehrere Milliarden Euro. Die Staaten mit den höchsten Fehlerraten im Haushaltsjahr 2010 waren übrigens Italien, Spanien und Großbritannien. Für den Fall, dass mutwillig Gelder veruntreut wurden, gibt es eine Anti-Betrugsbehörde bei der Europäischen Kommission, die ebenfalls einschreiten kann.
3. Ich bin eindeutig ein Befürworter von Eurobonds. Unter dem Begriff Eurobonds können allerdings verschiedene Konzepte verstanden werden, die öffentliche Diskussion dazu ist arg verkürzt: Eine Möglichkeit wäre, dass alle Staaten im Euro einen Teil ihrer Anleihen bündeln um einen riesigen hocheffizienten Markt für diese Staatspapiere zu schaffen. Damit würden die Zinskosten für diese Staaten langfristig sinken. Euroanleihen müssten dann in ihrem Volumen sinnvoll begrenzt werden, zum Beispiel auf 60 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung. Marktanreize zum Schuldenabbau blieben aber bestehen, da alles was an Schulden über die Begrenzung hinaus geht auch weiterhin von den Staaten refinanziert werden muss.
Staaten, die nach wie vor günstige Zinskonditionen erhalten, wie zum Beispiel die Bundesrepublik Deutschland werden durch diesen Ausgleichsmechanismus geschützt, so dass sie keine finanziellen Nachteile haben werden. Für dieses Modell der Eurobonds werde ich mich aktiv einsetzen.
Ich hoffe Ihre Fragen zufriedenstellend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Geier