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Jens Bullerjahn
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Frage von Sebastian P. •

Frage an Jens Bullerjahn von Sebastian P. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrter Herr Bullerjahn,

in Ihrem am 9. Oktober 2010 beschlossenen Wahlprogramm heisst es auf Seite 30 zum Punkt "Solide Landes- und Kommunalfinanzen", dass Sie "grundsätzlich ohne neue Schulden auskommen" wollen.

Die Faktenlage ist ja die, dass das Land 20 Mrd Altschulden hat, die immer wieder refinanziert werden müssen, dazu kommen nochmal Mrd Bürgschaften und zudem kann sich eine große Anzahl der Kommunen nur noch mit Kassenkrediten über Wasser halten, nachdem dort auch bereits um die 2,8 Mrd an Schulden aufgelaufen sind. Vor kurzem hat das Land ja erst die Schulden der Landeshauptstadt übernommen. Zusammen mit dem aktuellen Wahlplakat der SPD, wo das "d" aus dem Wort "Schulden" gestrichen wurde und den offiziell verfügbaren Zahlen und Fakten entsteht der Eindruck, dass die SPD die Schulden streichen will, wie es etwa die Piratenpartei in ihrem Positionspapier fordert.

Sind Sie nach wie vor der Überzeugung, dass der Schuldentilgungsplan aus Ihrem Ministerium vor dem Hintergrund der leeren Kassen und der zunehmenden Überschuldung der Kommunen überhaupt noch umsetzbar ist?
Und was würde eine eventuelle SPD-geführte Landesregierung anders machen, als ihre erolglosen Vorgänger?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Pautsch,

vielen Dank für Ihre Frage.

Mit der Schuldenbremse ist im Grundgesetz der Grundsatz eines ohne Einnahmen aus Krediten ausgeglichenen Haushalts festgeschrieben. Über Konsolidierungshilfen wird es den Ländern mit schwieriger Haushaltslage, zu denen neben Bremen, Berlin, dem Saarland und Schleswig-Holstein auch Sachsen-Anhalt zählen, möglich gemacht, die Vorgaben der Schuldenbegrenzung ab dem Jahr 2020 zu erfüllen. Diese Konsolidierungshilfen sind dabei an die Einhaltung eines strikten Konsolidierungspfades gebunden. Ziel der Schuldenbremse ist es, die langfristige Tragfähigkeit der Haushalte von Bund und Ländern und die finanziellen Handlungsspielräume zur Erfüllung der staatlichen Aufgaben zu sichern.

Die Neuregelung (Art. 109 und Art. 115 GG) gelten für Bund und Länder ab dem Jahr 2011. Im Rahmen einer Übergangsregelung (Art. 143d Abs. 1 GG) ist zwar festgelegt, dass für den Bund noch bis einschließlich 2015 und für die Länder bis einschließlich 2019 Abweichungen möglich sind. Das Land Sachsen-Anhalt wird aber von der grundgesetzlich eingeräumten Möglichkeit einer langfristigen Übergangsregelung bis zum Haushaltsjahr 2019 keinen Gebrauch machen und bereits im Jahr 2012 – eine Fortsetzung der konjunkturellen Erholung und eine entsprechende Entwicklung der Einnahmen vorausgesetzt – einen Haushalt ohne Neuverschuldung vorzulegen. Das bedeutet, dass sich das Land weiter zu einem strikten Konsolidierungskurs und damit zu einer Anpassung der Ausgaben unter Beachtung der demografischen Entwicklung an die langfristig sinkenden Einnahmen verpflichtet. Dazu hat der Landtag von Sachsen-Anhalt auf Initiative des Ministeriums der Finanzen am 12. November 2010 eine Änderung des § 18 der Landeshaushaltsordnung (LHO) beschlossen, womit die bisherige Koppelung der Kreditaufnahmemöglichkeit an die Ausgaben für Investitionen aufgegeben und Art. 109 Abc. 3 GG gesetzgeberisch bereits ab sofort umgesetzt wird. Dieser Weg wird vom Land und den Kommunen gemeinsam gegangen werden. Das Land Sachsen-Anhalt unterstützt dabei die Kommunen im Rahmen des Teilentschuldungsprogramms „STARK II“, das im Auftrag des Landes von der Investitionsbank Sachsen-Anhalt abgewickelt wird.

Der Weg über neue Schulden zur Finanzierung von durch eigene Einnahmen nicht gedeckter Ausgaben scheidet zukünftig aus. Dafür sind zwei Gründe ausschlaggebend. Zum einen lässt die Verschuldungssituation des Landes eine weitere Schuldenfinanzierung öffentlicher Aufgaben nicht zu. Die Pro-Kopf-Verschuldung ist mit 8.831 EUR je Einwohner in 2010 (bis 2014 wird ein Anstieg auf 9.386 EUR erwartet) überdurchschnittlich hoch. Angesichts des anhaltenden Bevölkerungsrückganges steigt diese zudem auch dann weiter an, wenn der Schuldenstand konstant gehalten wird, sodass die Tilgung von Landesschulden schon deshalb notwendig ist, um die Pro-Kopf-Verschuldung nicht weiter anwachsen zu lassen. Wenn pro Jahr gut 200 Mio. EUR getilgt werden, kann der Schuldenstand pro Kopf stabilisiert werden. Um eine Reduzierung der Pro-Kopf-Verschuldung zu erreichen, müssten deutlich höhere Tilgungsbeiträge geleistet werden. Die Langfristprojektion des Finanzministeriums sieht ab 2014 Tilgungen von 300 Mio. EUR vor. Die erheblichen Konsolidierungsfortschritte seit dem Jahr 2006 in Sachsen-Anhalt sind ein beachtliches Signal. Von 2007 bis 2009 ist es zum ersten Mal in der Landesgeschichte gelungen, keine neuen Schulden aufzunehmen. Wenn das Land diesen Weg entschlossen und konsequent weitergeht, sind die finanzpolitischen Herausforderungen auch zu bewältigen.

Mit freundlichen Grüßen

Jens Bullerjahn