Frage an Jens Bullerjahn von Frank H. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Bullerjahn, ich bin Lehrer an einer Förderschule für Lernbehinderte im Landkreis "Börde". Auch in Zeiten der Diskussion über "Inklusion" und "Gemeinsamen Unterricht" halte ich unsere Förderschulen für einen unverzichtbaren Bestandteil des Bildungssystems in Sachsen-Anhalt. Die Erziehungsberechtigten müssen nach meiner Auffassung auch künftig die Wahlmöglichkeit des für ihr Kind optimalen Förderortes ("Gemeinsamer Unterricht" oder "Förderschule") behalten. Wie stehen Sie und Ihre (übrigens auch meine) Partei dazu?
In Erwartung Ihrer Antwort mit freundlichen Grüßen aus Wanzleben! Frank Hursie
Sehr geehrter Herr Hursie,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Selbstverständlich können Eltern von Kindern mit festgestelltem sonderpädagogischen Förderbedarf auch künftig über den Ort der Förderung selbst entscheiden.
Als Förderschullehrer wissen Sie aber auch, dass Deutschland der UN-Konvention zum Schutz der Rechte von behinderten Menschen beigetreten ist. Somit ist die verstärkte integrative Beschulung von Schülern mit Förderbedarf auch eine wichtige Aufgabe in Sachsen-Anhalt. Allerdings plädieren wir dabei für ein behutsames Vorgehen und eine schrittweise Entwicklung, die es allen Beteiligten ermöglicht, sich weiter zu entwickeln. Entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung ist die Schaffung der notwendigen personellen, sächlichen und administrativen Rahmenbedingungen.
Trotz einer verstärkten integrativen Förderung wird es natürlich auch künftig Förderschulen geben. Im Rahmen der diesbezüglichen Beratungen im Bildungskonvent wurde allerdings diskutiert, ob wir vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des fortschreitenden Integrationsprozesses künftig noch eine so starke Ausdifferenzierung in sieben Förderschultypen benötigen. Dieser Frage steht übrigens auch der Verband der Sonderpädagogik sehr aufgeschlossen gegenüber.
Letztlich geht es darum, dass diese Jugendlichen die optimale Förderung erhalten und mehr Schülern als bisher der Zugang zu einem Schulabschluss eröffnet wird. Das werden Sie sicherlich unterstützen. Insofern benötigen wir ein Miteinander von Politik, Förderschulen, Regelschulen und insbesondere der betroffenen Schüler und Eltern. Es möchte auch niemand den Förderschulen etwas wegnehmen. Es geht im Gegenteil darum, wie wir im Rahmen eines verstärkten Integrationsprozesses die Förderschullehrkräfte als festen Bestandteil des Lehrerkollegiums an der Regelschule stärker in die Arbeit einbinden können. Lassen Sie uns somit nicht angstvoll in die Zukunft blicken, sondern die vielfältigen Chancen erkennen, die aus dem Integrationsprozess für Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf gleichermaßen erwachsen.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Bullerjahn