Frage an Jan Philipp Albrecht von Jay S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Albrecht,
welche Möglichkeiten haben Sie und das EU-Parlament um die Abhöraktionen und das Abschöpfen von Daten durch die NSA und den britischen Geheimdienst aufzuklären?
Sind aus dem Echelon-Untersuchungsausschuss Konsequenzen gezogen worden?
Vielen Dank für die gute Arbeit im EU-Parlament und vermutlich gute Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Scharff
Lieber Herr Scharff,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 25. September 2013.
Es ist ein Skandal, dass die Regierungen der Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission sich bei der Verurteilung der Überwachungsmaßnahmen durch die NSA und andere Geheimdienste so zurückhalten. Die EU kann es sich nicht leisten diese massive Überwachung nicht zu verurteilen. Das Europäische Parlament kritisiert in seiner Resolution vom Juli geschlossen die illegalen Abhöraktionen. Rechtsverletzungen müssen sanktioniert werden. Es muss sowohl politisch als auch diplomatisch reagiert werden.
Eine erste Maßnahme die Abhöraktionen aufzuklären, war die Einberufung einer Sonderuntersuchung im Ausschuss für Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments. Ziel dieser Sonderuntersuchung ist es, den Sachverhalt zu prüfen, Aufklärung für die Abgeordneten im Europäischen Parlament und in der Öffentlichkeit zu schaffen sowie auf Missstände hinzudeuten. Ende des Jahres werden die Schlussfolgerungen der Sonderuntersuchung in einem Bericht formuliert, der als Grundlage für weitere politische Schritte dient.
Im Gegensatz zu einem Untersuchungssauschuss auf Ebene des Bundestags, können im Europäischen Parlament keine Zeugen vorgeladen werden. Mitarbeiter der NSA und andere Verantwortliche werden zwar eingeladen, sie können sich allerdings frei entscheiden, ob sie kommen oder nicht. Durch den Vertrag von Lissabon hat das Europäische Parlament mehr an Einfluss gewonnen und ist längst nicht mehr so machtlos wie in der Vergangenheit. Es kann die Grundwerte der EU einfordern. Kurzfristig können z.B. Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden oder der EuGH angerufen werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, in der Zusammenarbeit mit Ministerrat und Kommission Vorhaben zu blockieren (wie z.B. bei der Schengen-Reform).
Nun zu Ihrer zweiten Frage: Sind aus dem „Echelon“-Untersuchungsausschuss Konsequenzen gezogen worden? Leider sind die Erkenntnisse aus der „Echelon“-Untersuchung wegen der Terroranschläge vom 11. September 2001 vollkommen in den Hintergrund gerückt und dann in Vergessenheit geraten. Der „Echelon“-Bericht wurde sechs Tage vor den Terroranschlägen veröffentlicht. Aus dem Bericht sind keine Konsequenzen gezogen worden. Der damalige Berichterstatter Gerhard Schmid war in der zweiten Sitzung der LIBE-Sonderuntersuchung vom 5. September 2013 anwesend und beanstandete, dass bereits in den 180-Seiten starken Untersuchungsschlussfolgerungen des „Echelon“-Berichts die Entwicklung zu Tempora und Prism hätte erkannt werden können.
Die traurige Realität macht klar, dass das Europäische Parlament und wir alle nicht noch einmal die Gelegenheit verpassen dürfen, uns gegen die illegale Überwachung jeglicher Kommunikation zur Wehr zu setzen.
Weitere Informationen zur Sonderuntersuchung finden Sie unter folgendem Link:
http://www.janalbrecht.eu/themen/datenschutz-und-netzpolitik/ueberwachungsskandal-prism.html
Mit freundlichen Grüßen
Jan Philipp Albrecht