Frage an Jan Philipp Albrecht von Michael M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Albrecht,
ich habe eine Frage zur Neuregelung des Sorgerechts ab 19.05.2013. Wie Sie wissen, wurde Deutschland vom EGMR (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) wegen der alten Regelung (bis 18.05.2013) mehrfach wegen Diskriminierung von Vätern und somit einer Verletzung der Menschenrechte verurteilt.
In einer aktuellen Stellungnahme eines Jugendamtes an ein Familiengericht war nun folgendes zu lesen:
"Aufgrund des heutigen Sachstands ist davon auszugehen, dass eine Mitsorge des KV die KM so erheblich beeinflussen würde, dass ihr momentan stabiles Krankheitsbild nicht erhalten bleiben würde. Zum Kindeswohl ist es von erheblichen Belangen, dass sich die KM umfassend um das Kind kümmern kann und deshalb stabil bezüglich ihrer depressiven Erkrankung bleiben muss. Es ist unbedingt zu verhindern, dass das Kind noch einmal aus seiner gewohnten Umgebung genommen werden muss, um dem Kind Stabilität für ihre Entwicklung zu bieten."
Werden Kinder nunmehr vom Jugendamt (auch) als Medikamente missbraucht?
Wie passen die bereits angedrohte "Herausnahme des Kindes" und das Sorgerecht des Vaters zusammen?
Bitte nehmen Sie dazu Stellung.
Sehr geehrter Herr Mosuch,
vielen Dank für ihre Anfrage.
Einleitend möchte ich darauf hinweisen, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) keine Institution der Europäischen Union ist. Der EGMR wacht über die Einhaltung der Rechte, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention festgelegt sind. Die Umsetzung der Entscheidungen des EGMR wird auch nicht auf europäischer, sondern auf nationaler Ebene organisiert. Zudem wendet der EGMR die Vorschriften des Völkerrechts an, welche nicht durch Organe der EU festgelegt werden.
Fragen zum Sorgerecht und vor allem die Frage nach dem Kindeswohl sind immer sehr emotional und damit schwierig und nur unter Würdigung des Einzelfalls zu bewerten. Da ich die Hintergründe des von Ihnen zitierten Auszuges nicht kenne, kann ich den konkreten Fall und die Stellungnahme des Jugendamtes nicht wirklich beurteilen.
Mit dem Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht verheirateter Eltern, soll Vätern nun die Möglichkeit gegeben werden, auch gegen den Willen der Mütter vor Gericht eine Beteiligung am Sorgerecht zu beantragen. Voraussetzung hierfür ist, dass eine gemeinsame Sorge grundsätzlich möglich ist und das Kindeswohl dadurch nicht gefährdet werde. Eine Beteiligung am Sorgerecht ist daher nur realisierbar, wenn beide Elternteile in der Lage sind, das Sorgerecht gemeinsam auszuüben. So eine gemeinsame Sorge setzt schließlich voraus, dass beide Elternteile bereit sind, gemeinsam Verantwortung für das Kind zu tragen. Dies erfordert ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen Vater und Mutter. Fehlt es hieran und sind die Eltern zur Kooperation weder bereit noch in der Lage, kann die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl zuwiderlaufen.
Zuletzt möchte ich ihre Frage, ob Kinder nunmehr vom Jugendamt (auch) als Medikamente missbraucht werden, mit einem klaren Nein beantworten.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Philipp Albrecht