Frage an Jan Philipp Albrecht von Jörg D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Albrecht,
zur Zeit kocht in den Medien das Thema Datenschutz auf EU Ebene hoch. Mich würde interessieren, wie Sie mein Grundrecht auf Datenschutz verteidigen.
Mit freundlichen Grüßen
Jörg Dietz
Sehr geehrter Herr Dietz,
vielen Dank für Ihre Frage. Die Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament hat sich schon immer für einen starken Datenschutz eingesetzt, unabhängig davon, ob es um die Verarbeitung Ihrer Daten durch staatliche Behörden oder gar polizeiliche Einrichtungen handelt oder durch private Unternehnmen. Wir haben unter anderem dafür gesorgt, dass das erste Abkommen zur Weitergabe der europäischen Bankdaten an die US-Regierung ("SWIFT-Abkommen") 2010 abgelehnt wurde. Auch in anderen Bereichen kämpfen wir für einen starken Datenschutz und digitalen Verbraucherschutz. Ich selbst, der dieses Thema in der Grünen Fraktion schwerpunktmäßig betreut, bin seit März 2012 dafür verantwortlich, die Neufassung des EU-Datenschutzrechts mit einer Datenschutz-Grundverordnung für das gesamte Europäische Parlament zu koordinieren (als sogenannter "Berichterstatter"). Meine Änderungsvorschläge am Entwurf der EU-Kommission würden den Schutz unserer persönlichen Daten vor ungefragter Erhebung und Verarbeitung sowie unsere Rechte auf Auskunft, Löschung, Datensparsamkeit und anderes deutlich stärken. Dabei sind auch innovative Elemente eingeflossen, etwa die Nutzung technischer Standards wie z.B. "Do Not Track" oder die verinfachte Darstellung von Datenschutzerklärungen durch eingängige Logos, damit man nicht wie bisher lange unverständliche Nutzungsbedingungen studieren muss. Dieser Ansatz wird von der Fraktion Grüne/EFA aktiv unterstützt. Weitere Informationen und Links zu den wichtigen Dokumenten finden Sie auf meiner Homepage: www.janalbrecht.eu/themen/datenschutz-und-netzpolitik/alles-wichtige-zur-datenschutzreform.html.
Die Diskussion um die neue Datenschutzverordnung schlägt allerdings momentan eine Richtung ein, in der sich vor allem US-Lobbygruppen mit einer Kampagne durchzusetzen versuchen, die darauf abzielt, Regelungen zum Datenschutz generell auszuhebeln und die geplante Verordnung als allgemeine Gefahr für Unternehmen darzustellen. Mein Eindruck ist, dass wir es mit einer der bisher umfangreichsten Lobbykampagnen im Europäischen Parlament zu tun haben. Verschiedene Interessengruppen versuchen über das gängige Maß hinaus, nicht nur Einfluss auf den Berichterstatter zu nehmen, sondern auch auf die weiteren Abgeordneten im federführenden Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) und in den mitberatenden Ausschüssen für Industrie, Forschung und Energie (ITRE), Binnenmarkt und Verbraucherrechte (IMCO), Recht (JURI) und Beschäftigung und Soziales (EMPL) massiv Druck auszuüben.
Der Versuch der Einflussnahme durch von neuen Gesetzen betroffene Interessengruppen ist grundsätzlich legitim, doch ist mein Eindruck, dass die Meinungsbildung zur Datenschutzreform doch sehr einseitig beeinflusst wird. Wie von www.lobbyplag.eu in den letzten Tagen aufgedeckt wurde, sind sogar viele der konservativen Änderungsanträge direkt von Lobbypapieren vor allem amerikanischer Online- und Technologiefirmen kopiert worden, ohne die Interessen der BürgerInnen und NutzerInnen entsprechend zu berücksichtigen. Wir Grüne werden mit allen Kräften dafür kämpfen, dass das Europäische Parlament sich für einen besseren und stärkeren Schutz der persönlichen Daten und der Rechte der NutzerInnen einsetzt.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Philipp Albrecht