Frage an Jan Papsch von Ulli E. bezüglich Verbraucherschutz
Guten Tag Herr Papsch,
im Februar (mündliche Verhandlungen) sind diverse Klagen gegen die sogen. "Lissabonner EU-Verfassung(Vertrag)" beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in die "heisse Phase" eingetreten.
Ein Urteil wird evtl. noch vor der EU-Wahl im Juni erwartet.
Wie stehen Sie und die Newropeans zu dieser schleichenden Entwertung unseres weltweit anerkannten Grundgesetzes, welches ggfls. unter Missachtung von Art. 146 durch eine EU-Verfassung ersetzt werden und eine Entwertung wesentlicher Verfassungsartikel
(z. B. Art. 1 ff, Art. 20, 25, 79, 101 etc.) mit sich bringen würde.
Die derzeit bereits laufende EU-Gesetzgebung (im Juni 2008 von
Bundeskanzlerin, Bundespräsident, Justizministerin gezeichnet und umgesetzt) zeigt deutlich die Richtung zu einer neoliberalen
EU-Verfassungs-Diktatur an mit eingeschränkten Grundrechten, im EU-Vertrag festgeschriebener Militarisierung Europas etc. pp.
- sozusagen ein verfassungsfeindlicher "Putsch" gegen unser Grundgesetz von "oben" aus der EU-Ebene ... !
(Quelle u. A.: Artikel "Letzte Ausfahrt" aus Focus 09/2009 zu den aktuell am BVG verhandelten Klagen gegen den Lissaboner Vertrag)
Ihr Kommentar ... ??! Danke !
Sehr geehrter Herr Egel,
vielen Dank für Ihre Frage.
Das Urteil des BVerfG erwarte ich, wie alle die sich mit dem europäischen Recht befassen, mit Spannung.
Meiner Ansicht nach verstoßen die von deutschen Politikern akzeptierten Verträge und Maßnahmen wohl formal nicht gegen das Grundgesetz. Sie schränken trotzdem Werte, die im Grundgesetz zentrale Bedeutung haben, übermäßig ein. Leider ist aber nicht damit zu rechnen, dass das BVerfG die Kohlen aus dem Feuer holt - die Probleme sind primär auf politischem, nicht auf rechtlichem Wege zu lösen.
An erster Stelle steht hierbei die fehlende demokratische Kontrolle. Mit dem Europäischen Rat hat ein mit Vertretern der nationalen Exekutive besetztes Organ, dessen Protokolle (wie in der Exekutive üblich) nicht veröffentlicht werden, die Hauptaufgabe der Rechtssetzung. Das heißt, dass in der EU die Exekutive die Aufgaben der Legislative weitgehend mit übernimmt.
Das führt natürlich auch in der Praxis dazu, dass die Grundrechte einschränkende Gesetzesinitiativen (z.B. die Vorratsdatenspeicherung), sollten sie im nationalen Parlament scheitern, dank des Umwegs über die EU doch durchgesetzt werden können.
Somit können Verfahrensmängel auf europäischer Ebene den Grundrechtsschutz auf nationaler Ebene deutlich abschwächen.
Ein Ersetzen des Grundgesetzes durch eine europäische Verfassung ist meines Wissens nicht geplant, und wäre auch weder wünschenswert noch durchsetzbar.
Die wirtschaftsliberale Ausrichtung der europäischen Verträge legt für den deutschen Gesetzgeber ein wirtschaftspolitisches Modell fest, was im GG bewusst nicht geschehen ist.
Unserer Ansicht nach ist die soziale Marktwirtschaft europaweit von den Bürgern akzeptiert. Eine weitergehende Festlegung im Rahmen der europäischen Verträge sollte jedenfalls nicht ohne die Zustimmung der Bürger möglich sein. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass schon die vorhandenen Verträge durch ihre eher wirtschaftsliberale Ausrichtung viel vorgeben. Daher ist es erforderlich, dies durch soziale Maßnahmen (wie etwa die von uns vorgeschlagene europäische Sozialversicherung und europäische Arbeitslosenversicherung, jeweils als Optionale Alternative zum nationalen Modell) zu ergänzen.
Newropeans will den Schutz der Bürgerrechte, wie er auf nationaler Ebene gerade in Deutschland seit langem funktioniert sichern, und eine Schwächung über den europäischen Umweg vermeiden. Wir brauchen die EU - aber die Bürger Europas sollten deren Grundlinien festsetzen können.
Vertragliche Festlegungen im militärischen Bereich sind problematisch und sollten gleichermaßen nicht erfolgen, ohne ausdrücklich von der Bevölkerungsmehrheit getragen zu werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen Herr Engel mit meiner Antwort weiterhelfen! Für weitere Fragen stehe ich Ihnen natürlich gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Papsch