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Frage von Johann S. •

Frage an Jan Mücke von Johann S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Mücke,

in letzter Zeit hört man immer öfter vom Konzept des bedingunglosen Grundeinkommens. Was ist von diesem Konzept zu halten? Wie ist Ihre Meinung dazu?

Mit freundlichen Grüßen
Johann Schmidt

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schmidt,

vielen Dank für Ihre Email, in der Sie sich für meine Haltung zum so genannten "bedingungslosen Grundeinkommen" interessieren.

Die Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten, da es mehrere verschiedene Konzepte gibt, die unter diese Kategorie fallen. Das zurzeit wahrscheinlich populärste und radikalste dieser Konzepte ist das Modell vom Chef der dm-Drogeriemarktkette, Prof. Götz Werner, der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus hat ein ähnliches Modell vorgeschlagen, auch Teile der Grünen machen sich für ein Grundeinkommen ohne Gegenleistung stark.

All diese Konzepte sind durchaus interessant, insbesondere die dort meist geforderte Bündelung der verschiedenen Sozialleistungen ist durchaus sinnvoll. Doch insgesamt lehne ich diese Konzepte aus folgenden Gründen ab:

Ein Grundeinkommen, das allen Bürgern ohne Gegenleistung zukommt und zudem deutlich höher ist als das gegenwärtige Arbeitslosengeld II, müsste zunächst einmal finanziert werden. Wenn man zudem - wie Götz Werner - die Besteuerung des Einkommens komplett abschaffen will, stellt man die Grundordnung unseres Steuersystems vollständig auf den Kopf. Die Lösung, die Götz Werner vorschlägt, ist die radikale Anhebung der Mehrwertsteuer. Prinzipiell ist die Richtung weg von der Besteuerung von Arbeit zwar richtig, um den Faktor Arbeit wieder attraktiver zu machen. Doch wenn man in dem Maße, wie von Götz Werner vorgeschlagen, die Mehrwertsteuer anheben will (er spricht von einem Steuersatz von bis zu 50%), fördert man nicht nur den Schwarzmarkt im Inland, man müsste die Verbrauchssteuern auch im internationalen Gleichschritt anheben, um der Schieberei von Waren vom günstigeren Ausland nach Deutschland zu entgehen.

Schwerer als die praktische Undurchführbarkeit und das wirtschaftliche Chaos, das eine Einführung eines solchen Modells nach sich ziehen würde, wiegt jedoch die Auswirkung auf die Psyche derjenigen, die dieses Grundeinkommen als einziges Einkommen in Anspruch nehmen. Die Gefahr, dass sich große Teile der Bevölkerung langfristig aus der Arbeitsgesellschaft verabschieden, ist groß. Wo Götz Werner die mögliche Entfaltung kreativer Kräfte sieht, sehe ich eher die Verwahrlosung einer wachsenden Bevölkerungsgruppe. Wer einmal arbeitslos und auf den Sozialstaat angewiesen war, weiß, wie schnell man ohne Arbeit in ein Phlegma fällt und wie schwer es ist, sich selbst aus diesem Tief wieder zu befreien.

Die FDP stellt diesen Konzepten ein finanzierbares und durchdachtes Modell entgegen, das nicht die Arbeitslosigkeit bezahlt, sondern die Arbeit: Das Modell des "Liberalen Bürgergelds".

Nach diesem Modell werden alle steuerfinanzierten sozialen Hilfen des Staates pauschaliert und in einen Universaltransfer, dem Bürgergeld, zusammengeführt. Das Bürgergeld wird mit der Einkommensteuer zu einem einheitlichen Steuer-Transfer-System verbunden, Steuern und soziale Hilfen werden im Finanzamt miteinander verrechnet. Die Bündelung der Sozialleistungen ist damit auch vollzogen, doch wird das Liberale Bürgergeld nicht bedingungslos ausgezahlt. Es funktioniert nach dem Prinzip der negativen Einkommensteuer im Niedriglohnbereich, wonach jedoch bei jeder Einkommensstufe immer noch ein Anreiz bestehen bleibt, mehr zu verdienen. Dadurch bleibt das Leistungsprinzip auch im Niedriglohnbereich in Kraft, und für den Arbeitnehmer wird ein sonst nicht existenzsichernder Lohn durch den Zuschuss wieder attraktiv.

Den Beschluss des Bundesparteitags der FDP zum Liberalen Bürgergeld habe ich beigefügt.

Mit freundlichen Grüßen

Jan Mücke