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Frage von Horst Z. •

Frage an Jan Mücke von Horst Z. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Mücke,

als Sie sich im vergangenen Jahr vehement für den Verkauf der Dresdner WOBA eingesetzt haben, hatte man den Eindruck, daß die Privatisierung öffentlichen Eigentums Ihr liebstes Hobby sei. Wie kommt es, daß die FDP bei der Privatisierung der Bahn auf einmal nicht so privatisierungswütig ist? Wohnungsbaugesellschaften, Krankenhäuser, Bahngesellschaften... Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, worauf der Staat Einfluss ausüben muss und worauf nicht?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Zeise,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Bahnprivatisierung und dem darin gezeigten Interesse für die politische Arbeit der FDP.
Die FDP befürwortet Unternehmensprivatisierungen, soweit sie wirtschaftlich und ordnungspolitisch vernünftig sind und nicht dem Fürsorgeauftrag des Staates zuwiderlaufen. In vielen Bereichen ist nicht ersichtlich, warum der Staat Aufgaben erfüllen soll, denen der Markt kompetenter und effizienter nachkommen kann. Die Vergangenheit hat vielfach gezeigt, dass eine Unternehmensführung in privater Hand Erfolge - sowohl für das Unternehmen als auch für seine Kunden - erzielen konnte, die unter staatlicher Eigenregie undenkbar schienen.
Der Verkauf der kommunalen WOBA war ein richtiger und wichtiger Schritt. Der Dresdner Haushalt konnte dadurch nachhaltig saniert werden. Mussten im Jahr 2005 noch 11,9 Prozent der gesamten Steuereinnahmen allein für Zinszahlungen verwendet werden, ist die Stadt nunmehr schuldenfrei und in der Lage, die freigewordenen Finanzmittel in die Zukunft der Stadt zu investieren. Dabei fanden die Interessen der Mieter hinreichend Berücksichtigung: Die Möglichkeit von Mieterhöhungen wurde vertraglich begrenzt. Ebenso wurde Mietern, die älter als 60 Jahre sind, ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt. Darüber hinaus besteht ein Verbot, Luxussanierungen durchzuführen.
Anders als ich ihrer Frage zu entnehmen vermag, sind wir auch nicht gegen eine Privatisierung der Deutschen Bahn AG generell, sondern nur in der derzeit diskutierten Form. Aus Sicht der FDP-Bundestagsfraktion muss bei der Privatisierung zwischen den Infrastrukturbereichen einerseits und den Transport- und Logistikbereichen andererseits unterschieden werden. Es kann nicht im Interesse des Bundes oder allgemein des deutschen Steuerzahlers liegen, mit der Deutschen Bahn AG unter Einsatz von Steuermitteln einen global agierenden Mobilitäts- und Logistikdienstleister aufzubauen. Ein solcher Staatskonzern passt nicht in die Unternehmenslandschaft. Es wäre eine grobe Verletzung der ordnungspolitischen Spielregeln gegenüber privaten Unternehmen derselben Branche, die sich nicht auf eine staatlich garantierte Konkursfestigkeit verlassen können. Als Transport- und Logistikunternehmer ist der Staat weder gefragt noch kompetent.
Hingegen muss der Bund gemäß Art. 87e Absatz 3 Grundgesetz dauerhaft Mehrheitseigentümer der Infrastrukturgesellschaften bleiben. Das ist auch sinnvoll, da die Infrastruktur - also vor allem das Schienennetz - dauerhaft nur mit hohen Zuschüssen des Bundes unterhalten werden kann. Eine Privatisierung würde dazu führen, dass die Zuschüsse letztlich in Aktionärsdividenden verwandelt würden, was selbstverständlich nicht Sinn der Sache sein kann. Außerdem muss auch berücksichtigt werden, dass die Infrastruktur als Drehscheibe des Verkehrs auch das Schlüsselinstrument ist, um Wettbewerb auf der Schiene zu behindern. Aus diesem Grunde wollen wir - anders als in dem von Bundesverkehrsminister Tiefensee vorlgelegten Gesetzentwurf vorgesehen -, dass die Infrastruktur vom restlichen DB-Konzern getrennt wird und vollständig im juristischen und wirtschaftlichen Eigentum des Bundes verbleibt.
Sehr geehrter Herr Zeise, Sie sehen, dass die FDP alles andere als privatisierungswütig ist. Vielmehr entscheidet sie in jedem Einzelfall, ob aus ordnungspolitischen und interessengerechten Motiven eine Privatisierung zweckmäßig erscheint.

Mit freundlichen Grüßen

Jan Mücke