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Jan Mücke
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Frage von Boris K. •

Frage an Jan Mücke von Boris K. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Mücke,

ich möchte Sie hiermit nachdrücklich bitten, sich in kommenden Abstimmungen zur sogenannten "Eurorettung" GEGEN eine weitere Ausweitung dieser Maßnahmen auszusprechen. Als Bürger mit in Jahrzehnten mühsam erarbeiteten Ersparnissen (die eines Tages auch zur Deckung einer ausreichenden Rente etc dienen sollen) beunruhigen mich Pläne der deutschen Regierung zu einem gemeinsamen Einlagensicherungsfonds etc ZUTIEFST!!! Warum sollen WIR deutsche Sparer für Fehlspekulationen spanischer/italienischer Banken herhalten müssen?

UND: Sie sollten sich bewusst sein, dass die aktuelle Situation das Vertrauen der Deutschen in den Euro als Währung derart massiv untergräbt, dass bereits Menschen in meinem Bekanntenkreis lieber ihre Ersparnisse in Fremdwährungen, Gold, Silber, Immobilien transferieren als sie weiter in Euro zu halten. So ein Vertrauensverlust jedoch ist auf Dauer tödlich für eine Währung (die wohl doch eher ein Fehler war).

Vergl. hierzu auch:

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/euro-krise-hans-werner-sinn-ruft-zu-protest-gegen-bankenunion-auf-a-842662.html

In diesem Sinne, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Boris Kunert M.A.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Kunert,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage vom 5. Juli 2012, in der Sie mich bitten, weiteren Maßnahmen zur „Eurorettung“ nicht zuzustimmen. Da mich Ihre Frage nach der Abstimmung im Deutschen Bundestag über den Europäischen Stabilisierungs-Mechanismus (ESM) und den Fiskalpakt erreicht hat, gehe ich davon aus, dass Sie sich auf die geplanten Hilfskredite für den spanischen Finanzsektor beziehen. Gerne werde ich Ihnen hierzu meine Position darlegen und auf Ihre Ausführungen eingehen.

Für meine Entscheidung über die Zustimmung oder die Ablehnung der Zahlung von Finanzhilfen an den spanischen Finanzsektor liegt mir ein ausführliches Maßnahmen- und Vorhabenpaket der Europäischen Kommission und der Antrag
des Bundesministeriums der Finanzen zur Finanzhilfe zugunsten Spaniens vor, in dem sowohl der zeitliche Ablauf als auch die Auflagen für die spanischen Banken detailliert aufgelistet sind. Ich bitte um Ihr Verständnis, dass ich diese als vertrauliche eingestuften Informationen nicht im Detail darlegen kann.

Ich kann Ihnen allerdings mitteilen, dass die dargestellten Hilfsmaßnahmen und Forderungen von Unterstützungsgeldern für die Rekapitalisierung von Banken über die Restruktuierung von Banken bis hin zur vollständigen Abwicklung der betroffenen Geldinstitute reichen. Es liegen also alle Optionen auf dem Tisch und noch ist keine Entscheidung darüber gefallen, ob die Banken – und wenn ja, welche Banken – Gelder erhalten. Diese ergebnisoffene und harte Analyse der Überlebenschancen einzelner Banken stimmt mich zuversichtlich, dass am Ende nur dann Geld fließt, wenn auch tatsächlich Besserung in Sicht ist und die Banken ein verlässliches und langfristiges Geschäftskonzept vorlegen. Zockern und skrupellosen Finanzjongleuren wird damit das Handwerk gelegt. Hinzu kommt, dass die unabhängige Prüfung der spanischen Banken durch die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB), die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) und den Internationalen Währungsfonds (IWF) durchgeführt werden. Das Ergebnis dieser Analyse soll uns im Herbst vorliegen.

In diesem Sinne werde ich nach meinem derzeitigen Kenntnisstand am kommenden Donnerstag für eine Finanzhilfe aus den Mitteln der Europäischen Finanz-Stabilisierungs-Fazilität (EFSF) an Spanien stimmen – zumal dadurch auch der Aufbau einer von allen Mitgliedsstaaten getragenen Europäischen Bankenaufsicht einen Schritt näher rückt. Dies tue ich auch, um die bislang erfolgreichen Reformbemühungen der spanischen Regierung außerhalb des Finanzsektors weiter zu unterstützen. Ein zahlungsunfähiges Spanien könnte die Europäische Union kaum verkraften. Gleichzeitig werde ich darauf achten, dass die Reformbestrebungen auch weiterhin mit der gleichen Intensität weiter verfolgt werden.

Gerne möchte ich auch auf Ihren Hinweis zum Vertrauen in den Euro eingehen. Die von Ihnen dargelegte Tendenz vieler Privatpersonen in andere Währungen oder Sachwerte zu investieren ist sehr bedauerlich. Umso wichtiger ist es, dass Vertrauen in unsere Gemeinschaftswährung erneut zu stärken (und nicht zu vergessen, dass der Euro vor nunmehr zehn Jahren mit einem deutlich geringeren Wert als heute gestartet ist). In diesem Sinne halte ich den am 29. Juni vom Deutschen Bundestag ratifizierten Europäischen Stabilisierungs-Mechanismus (ESM) sowie den Fiskalvertrag für unbedingt notwendig.

Der ESM ist ein Nothilfeinstrument, welches durch seine am konkreten Einzelfall angepassten Eingriffsmöglichkeiten maßgeblich zur Stabilisierung der Eurozone beitragen wird. Fiskalvertrag und ESM bilden dabei zwei Seiten einer Medaille ab. Der ESM dient zur kurzfristigen Stabilisierung von in Not geratenen Staaten zur Bewahrung der Stabilität in der Eurozone insgesamt. Der Fiskalvertrag gewährleistet, dass es in Zukunft nur noch
tragfähige Staatshaushalte in der Eurozone und damit letztlich keine Notfälle für
den ESM mehr geben wird. Dabei sind beide Verträge als Einheit zu betrachten. Staaten, die den Fiskalvertrag nicht umsetzen, erhalten keine neuen Hilfsprogramme.

Mit dem Fiskalvertrag errichten wir verbindliche Regelungen zur Erreichung
fiskalpolitischer Solidität. Sie ist die Basis, von der aus das Vertrauen in unsere
Gemeinschaftswährung wieder wachsen kann. Wesentliche Regelung des Fiskalvertrages ist die Verpflichtung aller unterzeichnenden Staaten, eine Schuldenbremse in ihre nationalen Rechtsordnungen zu verankern. Die Umsetzung der Vorgaben für innerstaatliche Schuldenbremsen wird durch ein sanktionsbewehrtes Klageverfahren beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) sichergestellt. Darüber hinaus werden zukünftig Verfahren im Falle eines übermäßigen Defizits quasi automatisiert eingeleitet und durchgeführt.
Mitgliedstaaten, die sich in einem Defizitverfahren befinden, müssen ein Haushalts- und Wirtschaftspartnerschaftsprogramm mit konkreten Strukturreformen auflegen,
das von Rat und Europäischer Kommission genehmigt und überwacht wird.

Alle wesentlichen Entscheidungen, die der ESM treffen kann, einschließlich der Gewährung von Finanzhilfen oder Änderungen am Ausleihvolumen und Stammkapital, müssen einstimmig durch die Finanzminister des Euro- Währungsgebiets getroffen werden, womit Deutschland jederzeit ein Vetorecht zukommt. Mit dem ESM-Finanzierungsgesetz haben wir dieses Vetorecht dem Deutschen Bundestag übertragen, indem dem Abstimmungsverhalten des deutschen Vertreters im Gouverneursrat ein umfangreicher Parlamentsvorbehalt vorgeschaltet wurde. Dieser umfangreiche Parlamentsvorbehalt geht auf Initiative und Drängen der FDP zurück und setzt sich aus dem bisherigen Rettungsschirm EFSF fort.

Sehr geehrter Herr Kunert, ich weiß um die Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Nicht nur weil ich seit nunmehr fast vier Jahren in zahlreichen Bürgergesprächen und durch zahlreiche Zuschriften erst zur amerikanischen Bankenkrise und dann zur europäischen Schuldenkrise im Austausch mit den Menschen in unseren Land stehe, sondern, weil auch ich mir vor jeder europa- und finanzpolitischen Entscheidung die Frage stelle, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Meine Antwort lautete bislang bei jeder Abstimmung „Ja“. Denn ich bin mir sicher, dass es zu Europa, zu unserer gemeinsamen Währung und vor allem zu unserem gemeinsamen Binnenmarkt keine Alternative gibt – auch nicht von den zahlreichen Gegnern dieser Maßnahmen wie zum Beispiel der von Ihnen zitierte Professor Hans-Werner Sinn (Vergleich hierzu auch die Gegenargumentation von Professor Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, der Ausführungen von Herrn Sinn als „Panikmache“ betitelt). Ein Scheitern der Europäischen Union – und nicht anderes wäre beim Auseinanderbrechen der Eurozone zu erwarten – würde uns in eine ungewisse Zukunft tragen, bei der vor allem Deutschland als europäischer Wirtschafts- und Exportmotor nur verlieren könnte. Auch unseren eigenen Schuldenstand können wir im Übrigen nur dann abbauen, wenn unsere Wirtschaft erfolgreich ist und der deutsche Staat dadurch von Einnahmen profitieren kann.

Mit meinen besten Grüßen

Jan Mücke