Frage an Jan Mücke von Elke-Martina K. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Mücke,
die Partei, der Sie angehören ist Im Begriff eine Gesundheitsreform auf den Weg zu bringen, die mehr Gerechtigkeit demonstrieren soll.
Die sogenannte Kopfpauschale ist für mich hinsichtlich dieses Kriteriums überhaupt nicht mehr nachzuvollziehen.
Ich bin seit 1 Jahr in der Altersteilzeit ( bei Abschluss 2003 waren noch andere Voraussetzungen) und mit meinem Gehalt als Alleinverdiener entsprechend an der Grenze des Machbaren angekommen. Mein Mann ist seit 10 Jahren arbeitslos und findet auf Grund seines Alters über 50 keine mehr, Stütze vom Amt erhalten wir nicht, weil ich dafür noch "genügend genug verdiene". Mein Mann ist über mich mit krankenversichert. Wie soll ich von meinem "als genügend" eingestuften Gehalt dann noch zusätzlich 2 Pauschalen bezahlen ?
Alle sehr gut verdienenden geben das gleiche ab, was nicht weh tut, bei mir aber die Schmerzgrenze überschreitet. Ich verstehe nicht, was damit gerechter geregelt wird ?
Vielleicht, dass die Wohlhabenden sich eine Zusatzversicherung leisten können und die 2 Klassengesellschaft noch mehr auseinanderschert? Ich habe mein Leben lang gearbeitet, nach meinem Studium immer eine leitende Position innegehabt, nach der Wende sofort Arbeit bekommen und jetzt unter diesen Umständen fühle ich mich arm, ausgenutzt, nicht mehr vertreten und machtlos.
Ich bin auf Ihre Antwort sehr neugierig
MfG E.Kaminski
Sehr geehrte Frau Kaminski,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur geplanten Reform des deutschen Gesundheitssystems.
Die FDP setzt sich dafür ein, dass auch in Zukunft alle Menschen in Deutschland unabhängig von Einkommen, Alter, sozialer Herkunft und gesundheitlichem Risiko die notwendige medizinische Versorgung in qualitativ hochwertiger Weise und wohnortnah erhalten. Für uns heißt das auch, dass keiner vom medizinischen Fortschritt ausgeschlossen sein darf. Um dies - insbesondere vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung - sicherstellen zu können, müssen Struktur, Organisation und vor allem Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung angepasst werden. Die Finanzierbarkeit muss auch mittel- und langfristig gewährleistet sein. Hierfür ist es unverzichtbar, die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung nachhaltig und konjunkturunabhängig auszugestalten. Die einkommensabhängige Finanzierung zeigt gerade in Zeiten eines konjunkturellen Abschwungs und steigender Arbeitslosigkeit ihre gravierende Schwäche: Die gesetzliche Krankenversicherung hat mit konjunkturbedingten Einnahmeausfällen zu kämpfen, die der Bund in diesem Jahr mit einen einmaligen Bundeszuschuss in Höhe von 3,9 Mrd. Euro abfedern muss.
Eine Erhöhung des bundesweit einheitlichen Beitragssatzes, um steigenden Ausgaben oder Einnahmeausfällen zu begegnen, ist generell Gift für den Erhalt von Arbeitsplätzen und die konjunkturelle Entwicklung. Höhere Krankenkassenbeiträge verteuern im aktuellen System über die Lohnzusatzkosten den Faktor Arbeit und kosten damit Arbeitsplätze oder verhindern die Entstehung neuer Beschäftigung. Aus dem Teufelskreis von steigenden Beiträgen, höheren Lohnzusatzkosten, gestiegener Arbeitslosigkeit, Einnahmeausfällen bei den Krankenkassen und wiederum höheren Beiträgen bzw. sogar Leistungskürzungen können wir nur über eine konjunkturunanfälligere Finanzierung der Krankheitskosten aussteigen.
Gerade das heutige System führt aufgrund seines unvollständigen Einkommensausgleichs zu Ungerechtigkeiten. Bislang wird für einen Einkommensausgleich nämlich nur das Erwerbseinkommen des Mitglieds bis zur Beitragsbemessungsgrenze herangezogen. Der Schluss, einen auf alle Einkommensarten und alle Personengruppen bezogenen (vollkommenen) Einkommensausgleich in der Krankenversicherung anzusiedeln, wie dies z.B. in der von der SPD vorgeschlagenen Bürgerversicherung vorgesehen ist, ist hingegen falsch. Hierzu existiert in der Bundesrepublik bereits ein zielgenaues und transparentes System, nämlich das bisherige Steuer- und Transfersystem. Nur dort ist gewährleistet, dass starke Schultern auch mehr tragen als schwache.
Ein vollständiger Einkommensausgleich in der Sozialversicherung würde vor diesem Hintergrund letztlich nicht mehr Gerechtigkeit, sondern lediglich mehr Bürokratie durch neue Doppel- und Dreifachstrukturen schaffen. Im Übrigen ist ein prozentualer Beitrag auf alle Einkommensarten nichts anderes als eine neue (Einkommen-)Steuer. Die FDP hat es sich jedoch zum Ziel gesetzt, die Menschen zu entlasten, aber nicht durch neue Steuern noch weiter zu belasten.
Die Aufgabe eines Ausgleiches in der Krankenversicherung ist der Ausgleich zwischen Gesunden und Kranken. Es ist die Grundaufgabe jeder Gesellschaft, den einzelnen mit Risiken, auch gesundheitlicher Art, die ihn individuell überfordern würden, nicht allein zu lassen. Die Koalition arbeitet daher an einem Verfahren, wie der soziale Ausgleich möglichst unbürokratisch und ohne zusätzlichen Aufwand für die Betroffenen umgesetzt werden kann. Das Nähere hierzu wird eine Regierungskommission beraten, an der Experten aller betroffenen Ressorts und Sachverständige beteiligt sein werden. Ergebnisse sind für den Sommer zu erwarten. Sicher ist aber bereits heute, dass niemand über Gebühr belastet wird. Grenzen der Überforderung jedes einzelnen werden wir verankern. Kann die Gesundheitsprämie nicht aus eigenen Mittel aufgebracht werden, erhält der Betroffene die notwendige staatliche Unterstützung. Seien Sie versichert, dass auch künftig in Deutschland keinem aus finanziellen Gründen eine Krankenversicherung versagt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Jan Mücke