Frage an Jan-Marco Luczak von Kerstin S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Luczak, als Berufsbetreuerin äußere ich mein Entsetzen über die jüngste Entwicklung zum Gesetzesentwurf zur dringend benötigten Vergütungserhöhung. Die Erfahrung zeigt, dass Politiker die Einblick haben in die Tätigkeit beeindruckt sind von der Fülle der Aufgaben, der erforderlichen Fachkenntnis und der Verantwortung. Warum wird der Reformprozess derartig gefährdet? Gibt es ein Interesse die UN-BRK, das BTHG umzusetzen oder geht es um maximale Einsparmöglichkeiten? Ist den Verantwortlichen bewusst, dass die Glaubwürdigkeit der Politiker weiter ramponiert wird? Wie können Sie uns unterstützen? Freundliche Grüße K. S.
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie die Notwendigkeit einer Erhöhung der Betreuervergütung thematisieren. Ich bin mir darüber bewusst, welche große Bedeutung Ihre Arbeit für unsere Gesellschaft hat und wie viel Herzblut Sie tagtäglich aufbringen müssen, um die Fülle der Aufgaben Ihres Berufes zu bewerkstelligen. Umso mehr kann ich Ihren Unmut nachvollziehen.
Womöglich haben Sie bereits aus der medialen Berichterstattung die jüngsten und m.E. sehr positiven Entwicklungen zu dieser wichtigen Thematik erfahren. Der Bundestag hat am vergangenen Donnerstag in der abschließenden Lesung das "Gesetz zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung" beschlossen.
Mit dem Beschluss einer Erhöhung um durchschnittlich 17 Prozent nehmen wir die dringend erforderliche Anpassung der seit 13 Jahren unveränderten Vergütung von rechtlichen Betreuern, Vormündern und Verfahrenspflegern vor. Die Arbeit der Betreuungsvereine und Berufsbetreuer ist unverzichtbar, damit auch Menschen mit Einschränkungen möglichst selbstbestimmt leben können.
Sie wissen sicherlich aus Ihrem eigenen Umfeld, dass viele Betreuungsvereine und Berufsbetreuer in den letzten Jahren sogar gezwungen waren, aufzugeben. Daher brauchen sie dringend angemessen erhöhte Einkünfte. Das nun beschlossene System orientiert sich an den durchschnittlichen Kosten eines Betreuungsvereins für einen angestellten Vollzeit-Betreuer. Es ist eine objektive Bemessungsgrundlage für die Vergütungsanpassung und sorgt für eine auskömmliche Bezahlung.
Ich hoffe jetzt auf eine zügige Zustimmung der Länder im Bundesrat, die – und auch das gehört zur Wahrheit dazu – neben den Betreuten selbst die Kosten der Betreuung zu zahlen haben.
Der Forderung nach einer Dynamisierung der Vergütung konnten wir nicht entsprechen, da die Länder dazu nicht bereit waren.
Um aber zu verhindern, dass erneut viele Jahre vergehen, bis eine gegebenenfalls erforderliche Anhebung erfolgt, haben wir eine Evaluierung gesetzlich verankert, die parallel beginnt und bis 2024 vorliegen muss. Die bislang gültige Vergütung beruht auf Erhebungen aus dem Jahre 2005.
Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, werden wir uns in einem weiteren Schritt intensiv mit der Verbesserung von Qualität und Struktur der rechtlichen Betreuung befassen.
Sehr geehrte Frau S., Betreuungsvereine und Berufsbetreuer sollten nun aufatmen können. Wir haben eine zufriedenstellende und auskömmliche Vergütung sichergestellt. Damit ist der Fortbestand dieser für unsere Gesellschaft durch den demographischen Wandel zunehmend wichtigen Betreuer-Institution gesichert.
Für Ihre Initiative, mir in dieser außerordentlich wichtigen Angelegenheit zu schreiben, möchte ich Ihnen herzlichst danken. Ebenso möchte ich Ihnen für Ihre wertvolle Arbeit großen Dank und meinen Respekt aussprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Jan-Marco Luczak