Frage an Jan Lüdtke-Reißmann von Ines G. bezüglich Gesundheit
Hallo Jan, schau Dir doch mal die Kampagne unserer Elternvereine an. Diese fordert für die Schwerst- und Spezialfälle an den Universitäts-Kinderkliniken umgehend eine faire und kostendeckende Vergütung, die sich am tatsächlichen Behandlungs- und Pflegeaufwand orientiert.
Denn an deutschen Universitäts-Kinderkliniken herrscht akuter finanzieller Notstand: Dort sammeln sich kostenintensive Schwerst- und Spezialfälle. Jedoch werden die entstehenden Kosten aufgrund der geltenden Fallpauschalenregelung oft nur zu einem Teil erstattet und müssen von den Kliniken mit getragen werden.
Die Folgen: Die Behandlung und Pflege kranker Kinder verschlechtert sich, da die Universitäts-Kinderkliniken dazu gezwungen sind, die entstehenden Millionendefizite durch Stellenabbau bei Ärzten und Pflegepersonal auszugleichen.
Ein erster Schritt sind der Versorgungszuschlag und die Analyse der Extremkostenfälle, die am 14. Juni 2013 im Bundestag beschlossen wurden. Jedoch reichen diese Maßnahmen bei Weitem nicht, um die an deutschen Universitäts-Kinderkliniken in den letzten Jahren entstandenen und entstehenden Defizite zu decken. So ist es mittlerweile leider die Regel, dass Pflege- und Arztpersonal über Eltern- und Fördervereine mitfinanziert werden.
Was benötigt wird, ist eine kostendeckende Finanzierung – umgehend. Damit auch in Zukunft alle Kinder gut versorgt werden können.
Die Erfahrungsberichte aus den Universitäts-Kinderkliniken haben mich sehr bewegt.
Wie sieht Dein Konzept aus, um universitäre Kinderkliniken am Leben zu erhalten?
Hallo Ines,
vielen Dank für deine Frage und diesen Stich ins Wespennest der Gesundheitsversorgung.
Im Bereich der Fallpauschalen waren sich die Bundestagsparteien ja weitgehend einig. Schwarz-Gelb haben 1996 den Anfang gemacht und Rot-Grün haben es dann 2004 zu einem unrühmlichen Zwischenstand gebracht.
Gesundheitsversorgung ist aus meiner Sicht primär keine wirtschaftliche Frage. Gesundheitspolitik muss sich zunächst viel mehr am Wohl der Patienten orientieren. Es ist klar, das hierbei jedoch nicht die Leistungserbringer vollkommen aus dem Auge gelassen werden können. Trotzdem muss ein Vergütungssystem so aufgebaut sein, dass gerade im Bereich neuer oder multipler Erkrankungen eine Finanzierung, auch über einen längeren Zeitraum, sichergestellt ist.
Dies gilt insbesondere dort, wo die Wissenszentren stehen. Der Grundmangel der Fallpauschalen ist das Ergebnis: Ein Fall wird pauschal vergütet. Hierdurch werden unsinnige Anreize gesetzt und jene Universitätskliniken, denen dann die Spezialfälle bleiben beißen als letzte in der Versorgungskette und als Spitze der Forschung, die Hunde.
Du hast als Einleitung und auch in deiner Frage, Bezug auf die Kinderkliniken genommen. Die Krux der Kinderkliniken ist die häufige Konfrontation mit bisher völlig unbekannten Erkrankungen. Zum Einen ist die Behandlung zunächst unklar, zum Anderen wird die Vergütung vom System der Fallpauschalen nicht erfasst. Das die Kinderkliniken in der Konsequenz die weitere Versorgung tragen, bzw. auf private Trägervereine abgewälzt wird, ist aus meiner Sicht ein unhaltbarer Zustand.
Wenn ich z.B. nach Tübingen zum Universitätsklinikum schaue, so kann es
nicht sein, dass dort personelle Grundversorgungen der Betreuung über
Trägervereine und Spenden abgewickelt werden müssen. Umfassend
beschrieben findet sich die dortige Situation unter diesem Link
https://www.ichbinkeinefallpauschale.de .
Die PIRATEN setzen sich dafür ein, das System der medizinischen Fallpauschalen und der Einzelleistungsvergütung im ambulanten Bereich, einer regelmäßigen Überprüfung zu unterziehen. Daneben setzen sich die PIRATEN dafür ein, regionale und thematische Besonderheiten in Modellprojekten und in neuen Vergütungsformen speziell zu betrachten.
Den Umfassenden Ansatz der PIRATEN zur Gesundheitspolitik findest du unter diesem Link:
https://www.piratenpartei.de/politik/wahl-und-grundsatzprogramme/wahlprogramm-btw13/gesundheitspolitik/
Ines, ich hoffe ich konnte deine Frage mit der Sicht Piraten beantworten. Wenn etwas unklar geblieben ist, stelle einfach eine neue Frage in das System :)
Viele Grüße und viel Spaß beim wählen am 22.09.2013
Jan Lüdtke-Reißmann