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Jan Kürschner
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Frage von Stephan H. •

Welche Position vertreten Sie zur im Entwurf des Reformstaatsvertrags vorgesehenen Einschränkung des Online-Angebots der öffentlich-rechtlichen auf bereits ausgestrahlte Sendungen?

Guten Tag Herr Kürschner,

aus dem Staatsvertragsentwurf zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der Rundfunkkommission würde sich ergeben, dass die öffentlich-rechtlichen Sender im Internet ausschließlich Beiträge zu bereits ausgestrahlten Sendungen veröffentlichen dürfen und dies auch nur bezogen auf einzelne Sendungen. Damit wäre es zum einen für die öffentlich-rechtlichen nicht mehr möglich, Meldungen zu "Breaking News" im Internet zu veröffentlichen, solange nicht auch bereits in einer Sendung dazu berichtet wurde. Außerdem wäre es nicht mehr möglich, Meldungen zu verschiedenen Sendungen zusammen auf einer Seite anzuzeigen, da immer der Bezug zu einer einzelnen Sendung gegeben sein müsste.

Meine Frage dazu: Sind diese Konsequenzen von den Autoren des Entwurfs beabsichtigt und gewollt und wurden auch alternative Möglichkeiten diskutiert, mit dem Thema "Presseähnlichkeit" umzugehen? Wie stehen Sie, Ihre Fraktion und die Landesregierung zu diesem Entwurf?

Vielen Dank

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Lieber Herr M.,

zunächst der Hinweis von meiner Seite, dass es nicht ganz so ist, wie im Vortext zu Ihrer Fragestellung dargestellt. Schlagzeilen und Faktenchecks wären auch nach einer Änderung der Staatsvertrages immer - auch ohne eigene Sendung im öffentlich-rechtlichen Rundfunkt - möglich. Außerdem werden Vorberichte zu eigenen Sendungen ermöglicht. Die entsprechende Passage im Reformstaatsvertrag finden Sie hier ab S. 32: 

https://rundfunkkommission.rlp.de/fileadmin/rundfunkkommission/Dokumente/ReformStV/ENTWURF_Synopse_ReformStV_Anhoerungsfassung_09-26-2024_ofin26.pdf

Zu Ihrer Frage, was die Autoren des Reformstaatsvertrages diskutiert haben, vermag ich nichts beizutragen. Ausgehandelt wird dieser Text zwischen den Staatskanzleien der Bundesländer, die diesen Text dann in die Landtags zur Abstimmung einbringen.

Die Haltung der Landesregierung Schleswig-Holsteins bitte ich direkt dort abzufragen, ich bin als Landtagsabgeordneter zwar Teil einer regierungstragenden Landtagsfraktion, aber nicht Teil der Landesregierung. Ich gehe allerdings davon aus, dass die Landesregierung hinter dem Reformvorschlag steht.

Eine Haltung unserer Fraktion gibt es dazu bisher nicht, denn der Reformstaatsvertrag wurde noch nicht besprochen. Es ist nicht ganz einfach, hier eine Position zu finden. Einerseits gibt es eine Krise der klassischen Printmedien, insbesondere der Lokalzeitungen. Das ist schlecht für die Demokratie. Ich vertrete einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk, aber was z. B. wichtige investigative Recherchen angeht, halte ich die privaten (und von öffentlichen Einfluss fernen) Medien für ebenso wichtig. Natürlich macht der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit journalistischen, presseähnlichen Beiträgen ohne eigene Sendung der privaten Presse Konkurrenz, und zwar zu ungleichen Bedingungen, denn der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist vom Markt entkoppelt. Das ist der Grund für den Vorschlag im Reformstaatsvertrag. Allerdings sehe ich die Gefahr, dass gerade bei jungen Leute eine Tendenz bestehen könnte, bei einem Wechsel vom Angebot der öffentliche-rechtlichen zu anderen Medien nicht unbedingt die qualitativ hochwertigen (und teuereren) Medienanbieter ausgewählt werden könnten. Eine solche Entwicklung könnte wiederum auch die Demokratie gefährden und möchte man nicht befördern. Eine einfache Entscheidung ist es nicht.

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