Frage an Iris Hoffmann von Bettina S. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Hoffmann,
kurze Vorgeschichte:
Ich lebe seit ca. 6 Jahren mit einem Mann zusammen, der zwei Kinder aus erster Beziehung hat und für beide Monat für Monat einen hohen Unterhalt zahlt, der ihn an das Existenzminimum treibt. Vor 3 Jahren wurde unser gemeinsames Kind geboren. Ich konnte nicht einmal ein volles Erziehungsjahr zu Hause bleiben und unser Kind richtig aufwachsen sehen, da ich dazu gezwungen war, Geld dazuzuverdienen, um dem Kind Sachen etc. zu kaufen, weil der Unterhalt für die anderen beiden Kinder so hoch ist.
Auch können die beiden Kinder aus erster Beziehung viel besser leben, da die Mutter für Beide mit staatlichem Kindergeld plus Unterhaltszahlungen monatlich knapp 900 Euro zur Verfügung hat und dazu auch noch Einkünfte aus selbstständiger Arbeit.
Wir als Zweitfamilie haben nicht mal 600 Euro monatlich zur Verfügung (2 Erwachsene und 1 Kind), obwohl ich auch 6 Std. täglich arbeiten gehe! Urlaub und gute Anziehsachen gibt es für uns nicht. – Dies wird sich wohl auch vorerst nicht ändern, wenn man bedenkt, wie lange Väter nur „Zahlväter“ sind.
Sind wir als Zweitfamilie eine Familie 2.Klasse? Ist unser gemeinsames Kind ein Kind 2.Klasse?
Was soll ich unserem Kind sagen, wenn es fragt, wann wir endlich mal in Urlaub fahren, da die beiden anderen Kinder ja erzählen, dass sie z.B. auf Ibiza und in der Türkei waren?
1. Wann und was wollen Sie in Zukunft für Zweitfamilien tun?
Bleiben wir etwa immer diejenigen, die auf alles verzichten müssen?
2. Wohin werden Väter getrieben, die so viel Unterhalt zahlen müssen?
Haben sie kein Recht auf eine neue Familie, da dies finanziell nicht machbar ist?
3. Was heißt bei Ihnen „Familienpolitik“?
Sind wir als Zweitfamilie denn keine Familie?
Ein Vater, der regelmäßig den Unterhalt zahlt, kann seine erstgeborenen Kinder bald nicht mehr zu sich nehmen, da das Geld für die Umgangsfahrten nicht mehr da ist. Soll damit erreicht werden, dass sich die Kinder vom Vater und den „Halb“-Geschwistern entfremden und ganz den Kontakt aufgeben.
Wozu gibt es gemeinsames Sorgerecht, wenn die/der Alltagssorgeberechtigte sowieso über alle (eigentlichen) Pflichten hinweggucken kann (z.B. keine Auskunft zum Gesundheitszustand, schulische Sachen, Aufenthaltsgeschichten)?
4. Wie wollen Sie das gemeinsame Sorgerecht gerechter gestalten und damit Vätern an der gewollten Erziehung teilhaben lassen?
Zu all den Fragen habe ich bisher nie konkrete Auskünfte bekommen. – Ich hoffe daher, dass sie auch an die Anliegen der vielen Zweitfamilien gedacht haben!? Oder werde ich auch diesmal wieder enttäuscht???
Ich glaube, dass meine Fragen für viele „Zweit“-Frauen und Trennungsväter im Lande für eine Wahl wichtig sind.
Ihre Bettina Schmidt
Sehr geehrte Frau Schmidt,
das SPD-geführte Bundesministerium der Justiz hat im April 2005 den „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts“ vorgelegt. Das aus dem Jahre 1977 stammende Unterhaltsrecht wird den veränderten Lebensformen in diesem Land ganz offensichtlich nicht mehr gerecht. Mit unserem Gesetzesentwurf haben wir unter anderem auch darauf reagiert, dass immer mehr Ehen geschieden werden. Daher kommt es nach der Scheidung auch immer häufiger zur Gründung einer "Zweitfamilie" mit Kindern. Hier muss heute im Mangelfall das Einkommen zwischen allen Kindern (aus erster und zweiter Ehe) und beiden Ehegatten aufgeteilt werden, wobei der erste Ehegatte gegenüber dem zweiten privilegiert ist. Für die zweite Familie bleibt deshalb "unter dem Strich" oft nur wenig übrig. Besonders hart trifft der Mangelfall heute die nicht verheiratete Mutter (oder Vater), die ein Kleinkind betreut. Sie geht nach der geltenden Rangfolge häufig ganz leer aus und erhält keinen Betreuungsunterhalt; auch nicht in den ersten Lebensjahren des Kindes, in denen es in besonderer Weise auf eine Betreuung angewiesen ist. Im Mittelpunkt steht für uns die Förderung des Kindeswohls. Geplant sind die Änderung der Rangfolge im Unterhaltsrecht und die Besserstellung nicht verheirateter Mütter und Väter, die Kinder betreuen.
Mit freundlichen Grüßen
Iris Hoffmann
Mehr Informationen zu dem Gesetzesvorhaben finden sie unter
http://www.bmj.bund.de/enid/ab0b64d40c4d5d505ee7fddbed1f09d4,55a304092d09/Familienrecht/Unterhaltsrecht_pw.html
Dort finden Sie auch einen Link zu dem Gesetzesentwurf.