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Iris Firmenich
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Frage von Friedrich P. •

Frage an Iris Firmenich von Friedrich P. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrte Frau Firmenich,

der Lehrermangel begleitet uns nicht erst, seit er in den Medien breitgetreten wird. Sachsen Regierung reagiert bspw. mit Verbeamtung - wie ist Ihre persönliche Meinung dazu, bringt dies etwas ja/nein/vielleicht - vor allem was?

Gleichzeitig sind wir massiv auf Seiteneinsteiger angewiesen bzw. versuchen damit die Lücken (auch perspektivisch dauerhaft) zu schließen - wie ist Ihre Meinung dazu, macht dies Sinn ja/nein/vielleicht, wie ist Ihre Meinung dazu Vor-/Nachteile?.

"Man" hört, dass es in Lehrerkollegien teilweise rumort, weil plötzlich "die da" (Seiteneinsteiger) von außen kommen - wenn dem so ist, kann das nicht förderlich für's Schulklima sein - wie sehen Sie das?

Vielen Dank für Ihre Antworten.

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„Der Lehrermangel begleitet uns nicht erst, seit er in den Medien breitgetreten wird. Sachsen Regierung reagiert bspw. mit Verbeamtung - wie ist Ihre persönliche Meinung dazu, bringt dies etwas ja/nein/vielleicht - vor allem was?“

Der Lehrermangel beschäftigt uns schon lange. Wir haben mit einer Vielzahl an Maßnahmen gegengesteuert - jedoch mit überschaubarem Erfolg. Wir haben die Zahl der Lehramtsstudienplätze verdoppelt, mit den Unis Sonderzielvereinbarungenzum Lehramtsstudium abgeschlossen, um die Ausbildung nach Schularten und Fächern einigermaßen zu steuern. An der TU Chemnitz wurde die Grundschullehrerausbildung wieder aufgebaut. Um den Lehrerberuf iun Sachsen attraktiver zu machen, haben wir die Vergütung in allen Schularten auf das Niveau des Gymnasiums, also E 13, angehoben. Darüber hinaus gibt es Zulagen für Funktionen und für eine Tätigkeit an einer Schule im ländlichen Raum. Bei jeder Diskussionsrunde mit Lehrern stand jedoch immer wieder die Forderung nach Verbeamtung im Vordergrund. Eigentlich halten wir die Verbeamtung für Lehrer für nicht mehr zeitgemäß. Und mit Blick auf zukünftige finanzielle Lasten für den Landeshaushalt, die Beamtenpensionen betreffend, ist uns die Entscheidung, die Verbeamtung der Lehrer wieder einzuführen, nicht leicht gefallen. Doch manchmal wirkt die Macht des Faktischen. Es bringt keinen Nutzen, wenn man meint, als einziges von 16 Bundesländern tapfer gegen den Strom zu schwimmen und weiter nicht zu verbeamten, wenn es alle anderen 15 tun. Dann bilden wir in Sachsen auf unsere Kosten gute Lehrer aus, um sie anschließend an andere lehrersuchende Bundeländer mit Verbeamtung zu verlieren. Also verbeamten wir seit Anfang dieses Jahres und es zahlt sich aus, denn es bleiben wesentlich mehr junge Lehrer nach Abschluss ihres 2. Staatsexamens in Sachsen und auch die Zahl derer, die zurück in die Heimat kommen, weil sie ihren Beamtenstatus behalten können, nimmt zu. Insofern war die Entscheidung unausweichlich und auch erfolgreich. Für die Beamtenpensionen der Zukunft sorgen wir vor, indem im Haushalt dafür Geld in einem sogenannten Generationenfonds angespart wird.

„Gleichzeitig sind wir massiv auf Seiteneinsteiger angewiesen bzw. versuchen damit die Lücken (auch perspektivisch dauerhaft) zu schließen - wie ist Ihre Meinung dazu, macht dies Sinn ja/nein/vielleicht, wie ist Ihre Meinung dazu Vor-/Nachteile?“

Die Ursachen für den Lehrermangel in Sachsen sind vielfältig - zum Teil hausgemacht, zum anderen Teil aber auch durch unvorhersehbare Einflüsse von außen. Um den Unterricht trotz fehlender Lehrer dennoch abzusichern, gab es zur Gewinnung von Seiteneinsteigern keine Alternative. Nun darf man sich das nicht so vorstellen, dass hier unqualifizierte Personen einfach vor die Klassen gestellt werden. Die Voraussetzung für einen Seiteneinstieg ins Lehramt ist immer ein abgeschlossenes (möglichst) Universitätsstudium in einer Fachrichtung, aus der sich mindestens ein Schulfach ableiten lässt. Das wird durch das LASUB gründlich geprüft. Ein anderer Weg ist der Hochschulabschluss in einem pädagogischen Fach. Seiteneinsteiger müssen dann aber noch berufsbegleitend ein zweites Fach studieren bzw. ein berufsbegleitendes Referendariat absolvieren. Ein Vierteljahr vor Beginn des Schuljahres und damit ihres Einsatzes an einer Schule erhalten die Seiteneinsteiger eine Vorqualifikation, wo ihnen die wichtigsten Grundlagen vermittelt werden. Auch kümmert sich ein Mentor dann um sie, wenn sie ihren Schuldienst antreten.

Ich persönlich sehe im Einsatz von Seiteneinsteigern - mit entsprechender Qualifikation und persönlicher Eignung - durchaus einen Gewinn für Schüler und Lehrer gleichermaßen. Seiteneinsteiger haben in der Regel bereits in einem Beruf gearbeitet. Sie bringen also Erfahrungen aus der Parxis und auch entsprechende Lebenserfahrungen mit. Das ist durchaus ein Vorteil. Natürlich kann man von einem Seiteneinsteiger nicht erwarten, dass er auf Anhieb alle pädagogischen Kniffe beherrscht. Die muss er lernen und dazu braucht er die Unterstützung seiner Lehrerkollegen. Viele machen das gut aber eben nicht alle und das ist schade.  Seiteneinsteiger sind keine Lehrer zweiter Klasse. Sie sind in der Regel motiviert und leisten mit Unterricht und berufsbegleitendem Studium eine ganze Menge. Mit Blick auf die Schülerzahlprognose und die Personalentwicklung bei den Lehrern wird es auch in den kommenden Jahren nicht ganz ohne Seiteneinsteiger gehen.

„"Man" hört, dass es in Lehrerkollegien teilweise rumort, weil plötzlich "die da" (Seiteneinsteiger) von außen kommen - wenn dem so ist, kann das nicht förderlich für's Schulklima sein - wie sehen Sie das?“

Ja, diese Haltung gibt es in manchen Lehrerkollegien - leider. Doch wie bereits oben geschildert, sind Seiteneinsteiger keine "Dummies" sondern hochqualifizierte Leute mit dem Willen, sich einer neuen Herausforderung zu stellen. Sie brauchen dafür die Unterstützung der grundständig ausgebildeten Lehrer. Wenn ein solcher Seiteneinsteiger in einem Kollegium Ablehnung erfährt, hat er es verdammt schwer. Ich sehe dort in erster Linie die Schulleitung in der Verantwortung, eine entsprechende Haltung einzunehmen, diese vorzuleben und von den Lehrern auch einzufordern. Niemand muss um seine Stelle als Lehrer fürchten und es gibt keinen Grund, auf die "Neuen" von oben herab zu sehen. Wer das tut, sollte seine Haltung hinterfragen.

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