Frage an Iris Firmenich von Undine P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Warum sollen in Frankenberg Privatgrundstücke umgemünzt werden? Das kommt einer Enteignung gleich. Ein Grundstück von 1000m² ist zurzeit ca 28000,00 Euro Wert. Nach der Umnutzung in Grasland sind es noch ca 70,00 Euro. Wer sein Land als Gegenwert zum Baukredit gegeben hat, kann sich dann wohl aufhängen? Ist das die Politik die Sie wollten? Wir haben Sie gewählt, weil wir dachten es bringt Vorteile für die Stadt. Leider sieht es so aus, als würden in Frankenberg alle Mittel eingesetzt, um einen Kleinkrieg gegen die Frau Hunger zu gewinnen, egal wer dabei alles mit drauf geht. Wer bezahlt eigentlich die Gerichtskosten, wenn Frau Hunger klagt und gewinnen sollte?
Sehr geehrte Frau P.,
Sie haben über die Seite abgeordnetenwatch.de eine Frage an mich gestellt, die ich Ihnen hier gern beantworten will:
Obwohl Sie es in Ihrer Mail nicht genau zum Ausdruck bringen, gehe ich davon aus, dass Sie mit Ihrer Frage den Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan an der Zschopau-Aue meinen.
Dazu müssen wir ein paar Jahre zurück schauen. Im Jahr 2002 hat das verheerende Hochwasser weite Teile der Stadt Frankenberg überflutet. Besonders betroffen war das Stadtgebiet Gunnersdorf, wo sich die Zschopau mit großer Gewalt ihr altes Flussbett wieder gesucht hatte, aber auch die gesamte Auenlandschaft stand unter Wasser. In Folge dieses Hochwasserereignisses haben die Stadträte bereits damals entschieden, dass das Gebiet der Zschopau-Aue langfristig der Natur vorbehalten bleiben und nicht mehr bebaut werden soll. Dazu hat man bereits damals einen Flächennutzungsplan aufgestellt. Dass die Stadträte damit richtig gehandelt haben, hat das Hochwasser 2013 leider bestätigt.
Der Flächennutzungsplan ist eine Vorstufe eines Bebauungsplans, der jedoch in dem konkreten Fall auch aus Kostengründen bisher nicht erstellt worden ist. Flächennutzungs- und Bebauungspläne sind legitime Planungsinstrumente einer Kommune zur Steuerung der Entwicklung der Stadt. In Frankenberg gibt es davon eine ganze Reihe.
Wie Sie auch wissen, hat Frankenberg den Zuschlag für die Ausrichtung der Landesgartenschau 2019 erhalten. Die Zschopau-Aue wird in das Ausstellungsgelände einbezogen und die konkreten Planungen laufen an. In diesem Zusammenhang ist nun der Bebauungsplan für die Zschopau-Aue aufzustellen. Der Geltungsbereich wird erweitert – /„von der Insel entlang des Mühlgrabens, dann weiter zum Kreuzungspunkt der B 169 mit der B 180 – die Bebauung am Auenweg einschließend, dann weiter die B 169 bis zur Brücke über die Zschopau und den Fluss entlang wieder zur Insel zurück“/. Das Ziel der Planung ist /die Ausweisung von Grünflächen sowie Anlagen für Sport und Freizeitgestaltung/ und damit die Sicherung der Ziele der Landesgartenschau in diesem Bereich.
Ein Bebauungsplan wird in einem klar geregelten Verfahren erstellt, das etwa zwei Jahre in Anspruch nehmen wird. Ich habe die Stadtverwaltung gebeten, den Verfahrensablauf darzustellen.
Demnach läuft ein Bebauungsplanverfahren in folgenden 12 Schritten ab:
1.Aufstellungsbeschluss durch den Stadtrat – (gefasst am 20.05.15)
Grobe Aussage zu den Zielen und dem Geltungsbereich
2. Ortsübliche Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses im Amtsblatt, (am 12.06.15 geschehen)
Information der Öffentlichkeit zu den Zielen und dem Geltungsbereich
3.Ausarbeitung des Vorentwurfes
Ausformulierung der Ziele im Planentwurf; ggf. Abstimmung im TA oder Stadtrat
4. Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und der sonstigen Träger öffentlicher Belange (TöB) für ca. 1 Monat
Demokratie: Beteiligung der Öffentlichkeit, der Nachbargemeinden und der Behörden
5. Behandlung der Äußerungen und Stellungnahme – Fertigung eines
Entwurfes
Auswertung der Äußerungen zum Vorentwurf – Beachtung in der
Entwurfsfertigung
6. Billigung des Bebauungsplanentwurfes durch den Stadtrat und
Bestimmung der öffentlichen Auslegung
Notwendiger Schritt durch das Stadtparlament; Identifizierung mit den Zielen
7. Öffentliche Auslegung (1 Monat Auslegungsfrist) des
Bebauungsplanentwurfes mit Begründung (1 Woche vorher ortsübliche
Bekanntmachung)
Formelle 2. Beteiligung der Öffentlichkeit, der Nachbargemeinden und
der TöB
8. Würdigung bzw. Abwägung der eingegangenen Anregungen durch den Stadtrat
Formelle Prüfung der eingegangenen Anregungen
9. Bei Änderungen oder Ergänzungen des Bebauungsplanentwurfes erneute
öffentliche Auslegung (1 Monat i.d.R.)
Formelle Beteiligung der Öffentlichkeit, der Nachbargemeinden und der TöB
10. Abwägung der Anregungen zur Planung und Satzungsbeschluss durch den
Stadtrat
Anschließende Würdigung der Stellungnahme und Beschluss des Planes als
Satzung
11. Genehmigungsverfahren erforderlich, wenn der Bebauungsplan nicht
aus dem Flächennutzungsplan (FNP) entwickelt wurde
Ggf. auch entbehrlich, wenn eine nachträgliche Berichtigung des FNP
erfolgen kann
12.Rechtskraft des Bebauungsplanes durch ortsübliche Bekanntmachung im
Amtsblatt des Satzungsbeschlusses bzw. der Genehmigung
Sie sehen also, das Verfahren ist transparent und offen. Wir stehen noch ganz am Anfang. Sie haben als Bürgerin die Möglichkeit, ihre Belange einzubringen.
Bewohnte Grundstücke, die in der Zschopau-Aue gelegen sind, haben Bestandsschutz und müssen sich nicht um die Zukunft sorgen. Das betrifft im Wesentlichen z.B. die Gunnersdorfer Mühle, die Häuser an der Chemnitzer Straße,am Auenweg sowie weitere Gebäude. Diese bebauten Grundstücke kann man innerhalb des Bebauungsplans abgrenzen. Damit werden diese Grundstücke von den Einschränkungen des Bebauungsplans nicht berührt und damit auch nicht beeinträchtigt. Ihre Sorge hinsichtlich einer Entwertungist also unbegründet. Was jedoch nicht mehr geht, sind Neubauten innerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplans. Das ist aber auch das Ziel – nämlich der Vorrang der Natur in der Flussaue der Zschopau und die Nutzung als Freizeit- und Erholungsgebiet.
Für die Immobilie der Frau Hunger ist die Situation insofern eine andere, als dass dieses Objekt schon seit mehr als 10 Jahren brach liegt und somit den Bestandsschutz verloren hat. Mit Frau Hunger sind bereits Gespräche geführt worden und ich hoffe, dass wir uns noch auf eine gemeinsame Lösung zwischen der Stadt Frankenberg und Frau Hunger verständigen können.
Mit freundlichen Grüßen
Iris Firmenich