Frage an Ingrid Fischbach von Sascha S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Fischbach,
laut der Publikation des Bundestages über Großspenden an die Parteien geht hervor, dass Mitglieder der Familie Quandt relativ regelmäßig anzeigepflichtige Großspenden an die CDU richten. Erst kürzlich hat diese Familie insgesamt 225.000 Euro an Ihre Partei gespendet.
Quelle: http://dip.bundestag.de/btd/16/081/1608169.pdf
Aus einer Dokumentation "Das Schweigen der Quandts" des NDR geht hervor, dass das heutige Vermögen der oben ganneten Familie sich auf einen direkten Weg in die Zeit des NS Regimes zurück verfolgen lässt. So haben auf den Werksgeländen der Familie Quandt Zwangsarbeiter unter unmeschlichen Bedingungen arbeiten müssen. (Ca. 80 Tote pro Monat). Weiter befanden sich unmittelbar auf den Werksgeländen Konzentrationslager. Mit viel Geschick konnten sich die Quandts entnazifizieren lassen. Bis heute hat sich kein Mitglied der Familie Quandt von der Zusammenarbeit mit der NS-Diktatur distanziert. Tatsache ist also, dass die Spenden an Ihre Partei aus einem Vermögen stammen, dass mittelbar in den oben genannten Bedingungen entstehen konnten.
Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang fragen, ob eine Partei, die sich auf christliche Werte beruft, nicht moralisch verpflichtet ist, Spenden der Familie Quandt abzulehnen bzw. diese den Opfern der werkseigenen Konzentrationslager zukommen zu lassen. Sie sind bis heute ohne Entschädigung und Entschuldigung seitens der Familie Quandt.
Vielen Dank für Ihre Mühe.
Mit freundlichen Grüßen
Sascha Steffens
Sehr geehrter Herr Steffens,
vielen Dank für Ihre Email bei abgeordnetenwatch.de. Ich möchte in meiner Antwort aber nicht näher auf die Familien- und Firmengeschichte der Familie Quandt eingehen, so geboten das auf den ersten Blick auch scheinen mag.
Viele heute noch existierende Firmen oder deren Vorgänger haben in den 12 Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft Gelegenheit gehabt, ihr Kapital auf Kosten von Häftlingen und Zwangsarbeitern zu vermehren. Deswegen hat die Bundesregierung im Jahre 2000 das Gesetz zur Errichtung der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ verabschiedet, welches individuelle und humanitäre Zahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter und andere Opfer der Nationalsozialismus vorsah. Zusammen mit der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft stellte der Bund damals 10,1 Mrd. DM zur Verfügung.
Mittlerweile unterstützt die Stiftung aus Mitteln des Fonds "Erinnerung und Zukunft" dauerhaft internationale Projekte, die die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den Ländern, die unter dem Nationalsozialismus besonders gelitten haben, stärken. Auch Firmen, die der Familie Quandt gehören, beteiligten sich an dem Fonds, BMW und Altana gehörten sogar zu den Gründern der Stiftungsinitiative, dies sei nur als Tatsache am Rande erwähnt.
Die Einnahmen aus Parteispenden bilden zusammen mit den Mitgliedsbeiträgen und öffentlichen Zuschüssen die Grundlage der Parteienfinanzierung, in § 25 Parteiengesetz sind die Voraussetzungen für die Annahme und Verwendung von Spenden geregelt. Parteispenden dienen somit zur Stärkung des parlamentarischen Systems und der Demokratie in Deutschland. Daher kann für eine Partei, die sich auf christliche Werte beruft, Zielsetzung nur sein, Demokratie und Menschenrechte so zu stärken, dass es nie wieder zu einer Wiederholung solcher Ereignisse kommt, wie sie zwischen 1933 und 1945 in Deutschland geschehen konnten.
Indem die Union die Gelder, die an sie gespendet werden, entsprechend einsetzt, kommt sie ihrer Verantwortung gegenüber den Opfern des nationalsozialistischen Zwangsarbeitersystems damit meines Erachtens nach. Ich hoffe, Ihre Frage beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ingrid Fischbach, MdB