Frage an Ingrid Arndt-Brauer von Michael K. bezüglich Verkehr
Bar jeder Sachkenntnis und einfach nur frech ist das Verhalten unseres Bundestagsfraktionschefs und unseres Parteivorsitzenden. Beide haben sich mit ihren vorschnellen Äußerungen zum GDL-Streik als kenntnisfrei geoutet. Weder Peter Struck noch Kurt Beck haben sich die Mühe gemacht, dass Angebot der Bahn zu lesen, das sie den Lokführern gemacht hat. Ich finde es dreist, dass die Auszahlung bereits geleisteter Überstunden als Teil des Angebots steht.
Und ich finde es zynisch und heuchlerisch, dass sich Peter Struck gemeinsam mit den Kollegen aus dem Bundestag nach 4 Jahren der Zurückhaltung eine Lohnerhöhung um 9,4 Prozent genehmigt. Die Lokführer haben seit 1994 einen Reallohnverlust von 9,4 Prozent hinnehmen müssen, weil sie bei mittlerweile 4 Beschäftigungsbündnissen zum Wohle des Unternehmens zurückgesteckt haben.
Ich finde es genauso dreist, dass Norbert Hansen, Chef der Transnet, mittlerweile mit politischen Streiks droht, sollten Teile der Bahn im sogenannten Holdingmodell privatisiert werden.
Wie stehen Sie dazu?
Sehr geehrter Herr Kaiser,
ich bedanke mich vielmals für Ihre Frage zum Bahnstreik. Ich kann die Besorgnis von Peter Struck und Kurt Beck zwar nachvollziehen, dass es zu größeren volkswirtschaftlichen Verwerfungen durch den Lokführerstreik kommen kann. Grundsätzlich hat aber jeder Streik ökonomische Auswirkungen. Das Streikrecht ist ein unverzichtbares Grundrecht, welches seine Wirkung ja gerade deshalb entfaltet, dass es zu (volks-)wirtschaftlichen Schäden kommt.
Der Streik der Lokführer ist für mich in der Sache nachvollziehbar und gerechtfertigt. Angesichts des relativ niedrigeren Lohniniveaus und der bescheidenen Lohnentwicklung der letzen Jahre halte ich Lohnsteigerungen für notwendig. Das gilt besonders vor dem Hintergrund der üppigen Zuwächse bei den Vorstandsbezügen der Bahn, die um ein Vielfaches gestiegen sind.
Übrigens: Die Abgeordnetendiäten sind in den letzen Jahren, die jetzige Erhöhung eingerechnet, nur um ca. 1,5 % gestiegen. Hier kann ich keine Schräglage erkennen.
Ich hoffe im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und im Interesse der vielen Menschen, die tag-täglich die Bahn benutzen, auf eine rasche Beendigung des Streiks. Hier wird die Bahn sicher noch einmal ihr Angebot verbessern müssen - eine nachträgliche Überstundenvergütung kann nicht ernstlich Bestandteil eines solchen Vertrages sein. Verständnis für die Bahn habe ich, dass sie einen eigenen Tarifvertrag für die Lokführer ablehnt. Grundsätzlich sollten sich Gewerkschaften nicht zersplittern. Sie beziehen ihre Stärke und Durchschlagskraft durch die Solidarität der Mitglieder untereinander, nicht durch Abspaltung und Einzelkämpfertum.
Mit freundlichen Grüßen
Ingrid Arndt-Brauer