Frage an Ingrid Arndt-Brauer von Anna B. bezüglich Finanzen
Guten Tag Frau Arndt-Brauer,
ich habe ein paar Fragen bzgl. meines Steuergeldes.
1. Die deutschen Steuerzahler müssen für die Spekulationen der Banken aufkommen. Wenn ich mich als Bürger mit meinen Finanzen verspekuliere, so muss ich selbst dafür gerade stehen. Genau so verhält es sich mit jedem Unternehmen.
Weshalb wird bei den Banken eine Ausnahme gemacht?
2. Warum soll ich helfen Griechenland zu retten, wenn die Griechen weiter hungern müssen und statt dessen von meinem Steuergeld aufrüsten müssen? Es ist mir schon klar, dass es bis jetzt nur eine Bürgschaft ist, jedoch sollte heute wohl jedem klar sein, dass dies nie zurückgezahlt werden kann. Ich möchte auch nicht bürgen für die Rüstungsindustrie. Das vereinbart sich mit meinem Gewissen nicht.
3. Warum muss ich mit meinen Steuern Parteien finanzieren? Ich denke da konkret an den Wahlkampf und die afd, die ich auf gar keinen Fall und niemals unterstützen möchte. Auch dies ist mit meinem Gewissen unvereinbar. Generell möchte ich dies jedoch für alle Parteien nicht.
Freundlichen Gruß
A. Becker
Sehr geehrte Frau Becker,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne wie folgt beantworte:
zu 1)
Die Finanzkrise Ende 2008/2009 hat gezeigt, dass einige Banken für unsere (Volks-)Wirtschaft so bedeutsam waren, dass ihr Konkurs uns noch mehr öffentliches und privates Geld gekostet hätte, als ihre Rettung. Ich stimme mit Ihnen vollkommen überein, dass die Rettung von Banken nicht Aufgabe der Steuerzahler sein kann und darf. Für die Kosten der Krise müssen die Akteure auf den Finanzmärkte als Verursacher der Krise herangezogen werden.
Dazu hat der Deutsche Bundestag verschiedene Gesetze verabschiedet, die verhindern, dass erneut Steuergelder für Rettungsmaßnahmen von Finanzinstituten verwendet werden müssen. Zentrale Gesetzesvorhaben waren eine verbesserte Eigenkapitalausstattung (sog. Basel III-Gesetz) und sog. die Bankenunion:
Die letztgenannte beinhaltet eine Europäische Aufsicht über die größten Europäischen Banken, die Einführung eines Abwicklungsmechanismus für "Pleitebanken" und den Aufbau eines Hilfsfonds, den die Banken zur Sicherung selbst finanzieren. Bei der Abwicklungsfinanzierung wird es eine klare Haftungskaskade geben. Damit wird dem Grundsatz Rechnung getragen, dass in der Marktwirtschaft Risiko und Haftung zusammengehören. Im Insolvenzfall werden private Anteilseigner, Gläubiger und Großanleger vorgelagert zur Schuldenbegleichung herangezogen. Gesetzlich gesicherte Einlagen/Ersparnisse bis 100.000 Euro bleiben ausgenommen.
Im Bankenfonds werden von den Banken selbst bis zum 31. Dezember 2023 rund 55 Mrd. € gesammelt. Aus diesem können dann Rettungsgelder fließen, wenn die Gelder der zuvor haftenden Eigentümer, Gläubiger etc. nicht ausreichen sollten. Die Ressourcen des Fonds und die damit verbundene Haftung des Bankensektors bilden eine weitere Schutzmauer zur Entlastung des Steuerzahlers.
Darüber hinaus unterstützt die SPD als treibende Kraft die Einführung einer Finanztransaktionsteuer. Hierzu müssen sich mindestens neun Staaten in der EU im Rahmen einer sog. "verstärkten Zusammenarbeit" zur Einführung einer solchen Steuer bereit erklären. Die Verhandlungen - derzeit umfasst die Gruppe "williger Staaten" 11 EU-Länder - sind weit fortgeschritten, aber noch nicht abgeschlossen. Federführend für den politischen Prozess ist Österreich, die Koordinierung der technischen Anforderungen erfolgt durch Portugal.
Ich hoffe sehr, dass es in diesem Jahr noch zu einer Einigung kommt, damit der Finanzsektor seinen Anteil an der Finanzierung der Kosten leistet.
zu 2)
Der Ausstieg Griechenlands aus der Eurozone konnte durch die Hilfspakete bislang vermieden werden. Für uns Sozialdemokraten war der Grexit nie eine anzustrebende Option. Die Kosten für die deutschen Steuerzahler wären immens hoch, die politischen Folgen für die gesamte EU nicht absehbar gewesen. Die Hilfspakete sind an strenge Auflagen geknüpft, die engmaschig überwacht werden. Mir ist nicht bekannt, dass in Griechenland gehungert wird - ungeachtet dessen ist das Leben vieler Menschen dort zur Zeit oftmals leider sehr schwierig.
Griechenland hat als souveräner Staat seine Budgethoheit über die Staatsausgaben nicht vollständig verloren. Das Recht auf Landesverteidigung (Militär/Rüstung) bleibt im Grundsatz unberührt. Bei den Verhandlungen über die Finanzhilfen wurde das Thema "zu hohe Militärausgaben in Griechenland" von den Geldgebern keineswegs ausgespart. Es wurde eine dauerhafte Reduzierung der Militär-/Rüstungsausgaben um 100 Mio. Euro im vergangenen Jahr 2015 und um 400 Mio. Euro beginnend im Jahr 2016 als Gegenleistung vereinbart.
zu 3)
Für das Funktionieren moderner Demokratien sind Parteien von besonderer Bedeutung. Höchstrichterlich (Bundesverfassungsgericht) ist im Parteiengesetz geregelt, wie sich Parteien finanzieren und in welcher Höhe sie staatliche Mittel als Teilfinanzierung erhalten dürfen. Maßstab für die Verteilung dieser Mittel ist die Verwurzelung der Parteien in der Gesellschaft. Dies wird zum einen daran gemessen, wie viel Stimmen eine Partei bei der jeweils letzten Europa- und Bundestagswahl und den jeweils letzten Landtagswahlen erzielt hat. Zum anderen wird der Umfang der Mitglieds- und Mandatsträgerbeiträge und rechtmäßig erlangten Spenden zugrunde gelegt.
Über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen müssen alle Parteien unabhängig davon, ob sie Anspruch auf eine direkte staatliche Finanzierung haben, in einem nach Gesamtpartei, Bundesverband, Landesverbänden und nachgeordneten Gebietsverbänden gegliederten Rechenschaftsbericht vorlegen. Umfang und die Gliederung des Rechenschaftsberichts sind gesetzlich vorgegeben.
Die SPD finanziert sich maßgeblich aus Mitgliedsbeiträgen, Einnahmen aus unternehmerischen Tätigkeiten und Vermögen, staatlichen Subventionen, Mandatsträgereinkünften (auch Abgeordnete) und (privaten) Spenden. Bei der CDU sind die Einnahmen aus unternehmerischer Tätigkeit niedriger, der Spendenanteil (privat, gewerblich) dafür höher.
Ich halte unser Parteiengesetz grundsätzlich für sinnvoll. Ihre Kritik kann ich nachvollziehen, teile sie aber nicht. Der Steueranteil an der Parteienfinanzierung liegt bei SPD, CDU und CSU bei ca. 30 %. Parteien tragen zur politischen Willensbildung bei. Diese "Leistung" beschränkt sich nicht nur auf den Wahlkampf und ich halte diese - ungeachtet aller Kritik - für wichtig und notwendig.
Die Mischfinanzierung verhindert, dass es zu finanziellen Abhängigkeiten kommt, die dem demokratischen Gedanken der Unabhängigkeit zu widerlaufen würden. Ein System der Fremd-/Spendenfinanzierung wie in den USA, wo die politischen Parteien praktisch gänzlich von privaten Spenden abhängig sind, wünsche ich mir in Deutschland nicht. Unabhängig sind dort nur Multimillionäre/Milliardäre wie Donald Trump, die ihren Wahlkampf aus eigener Tasche finanzieren - wahrlich kein Vorbild für einen demokratischen Prozess.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Ingrid Arndt-Brauer