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Ingrid Arndt-Brauer
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Frage von Rudi B. •

Frage an Ingrid Arndt-Brauer von Rudi B. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Arndt-Brauer,

ich unterstelle den Entscheidungsträgern - also auch Ihnen - Seriösität im Handeln und im Umgang mit den Steuergeldern. Ich gehe dabei davon aus, dass auf der Ausgabenseite des Haushaltsplanes nicht mehr Ausgaben stehen als auf der Einnahmenseite die geschätzten Beträge. Also ein ausgeglichenes Tun. Seit Jahren werden die Informationen durch die Presse unwidersprochen transportiert, dass jeweils in Milliardenhöhe die (Steuer)Einnahmen die geschätzten Einnahmen übersteigen. Womit wird der derzeitige Stolz begründet, eine sog."schwarze Null" zu erreichen.
Meine Frage 1:
Was geschieht mit den Mehreinnahmen?
Frage 2:
Weshalb müssen trotz der Milliardenschweren Mehreinnahmen stetig neue Schulden aufgenommen werden?
Frage 3
Mit welcher Begründung haben Sie einem evtl. nicht ausgeglichenen Haushaltsplan zugestimmt, obwohl Sie doch sicherlich im privaten Finanzbereich darauf achten, die Ausgaben streng nach den Einnahmen orientieren.
Soll es wirklich zutreffen, daß evtl. die politischen Entscheidungsträger mit dem Geld nicht gut umgehen können?

Ich bedanke mich sehr für Ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Rudi Biewald

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Biewald,

dass die Höhe der Steuereinnahmen die Schätzungen regelmäßig übertrifft halte ich nicht für ein Problem, eher wäre das umgekehrt der Fall. Konjunkturentwicklungen - positive wie negative - lassen sich nicht exakt vorhersehen. Wir können meines Erachtens durchaus stolz auf diesen Haushalt sein. Um den letzten Bundeshaushalt ohne Neuverschuldung zu finden, müssen wir immerhin bis zum Jahr 1970 zurückblicken. Mit der Schuldenbremse für Bund (ab 2016) und Länder (ab 2020) haben wir ein Instrument geschaffen, um dauerhaft Verschuldung zu minimieren bzw. ganz zu verhindern. Sparen ist kein Selbstzweck, sondern vernünftig, denn die Schulden von heute sind oft die Steuern von morgen.

Zu Frage 1: Die Mehreinnahmen fließen in den Bundeshaushalt. Ein großer Teil der Gelder wird automatisch an Länder und Kommunen weitergegeben, um gesellschaftlich wichtige und z.T. sehr kostenintensive Aufgaben wie z.B. Nahverkehr, Eingliederungshilfen für Behinderte, Grundsicherung im Alter, Kinderbetreuung, u.v.a.m. finanzieren zu können. Den Rest verbleibt im Bundeshaushalt und wird/wurde dafür eingesetzt, um unvorhersehbare Ausgabensteigerungen (Flüchtlingshilfen, Infrastrukturprobleme) zu kompensieren.

Zu Frage 2: Im nächsten Jahr müssen keine neuen Schulden aufgenommen werden. Zur Verwendung der "milliardenschweren Mehreinnahmen" siehe Antwort zu Frage 1.

Zu Frage 3: Ich habe in den vergangenen Jahren Bundeshaushalten auch zugestimmt, wenn diese nicht ausgeglichen waren. Große Schuldentreiber waren z.B. Wiedervereinigung und Finanzkrise, die es zu bewältigen gab. Im Regelfall lassen sich Mehrausgaben nicht absehen und in der Höhe kaum exakt abschätzen.

Im Unterschied zu Privatpersonen kann und darf, ja muss ein Staat sogar manchmal Schulden machen. Sparen ist gut, zu viel sparen kann schädlich sein und sogar Krisen verschärfen und Strukturen zerstören. Staatsaushalte sind um ein Vielfaches komplizierter als die Haushalte von Privatpersonen. Die häufig zitierte "schwäbische Hausfrau" taugt leider nicht als Vergleich. Es gibt eine sehr große Zahl von Faktoren (z.B. Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung), welche die Höhe von Einnahmen und auch Ausgaben des Staates (mit-)bestimmen. Internationale Entwicklungen und Krisen (z.B. militärische Auseinandersetzungen, Flüchtlinge) können von der deutschen bzw. EU-Politik oftmals nur marginal, in Kooperation mit anderen Staaten und Wirtschaftsräumen/-organisationen oder im ungünstigsten Fall gar nicht beeinflusst werden.

Ein letzter Hinweis:
Es gibt in unser parlamentarischen Demokratie den (psychologischen) Mechanismus, dass Parteien eher Wählerstimmen bekommen wenn sie Versprechungen (mitunter auch teure) machen. Steuererhöhungen oder Sparmaßnahmen in Wahlprogrammen sind leider eher unpopulär. Dieser Umstand wirkt sicher kontraproduktiv, was künftige Sparbemühungen betrifft. Ich appelliere hier auch an den Realismus der Wählerinnen und Wähler Wahlversprechen kritisch zu hinterfragen. Die SPD hatte bei der letzten Bundestagswahl in ihrem Wahlprogramm klare Aussagen zur Gegenfinanzierung der Kosten ihrer Vorhaben gemacht. Die Bewertung, ob diese Strategie aufgegangen ist überlasse ich gerne ihnen.

Mit freundlichen Grüßen
gez. Ingrid Arndt-Brauer