Frage an Ingrid Arndt-Brauer von Jerome B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Bitte entschuldigen Sie die Abk. und Knappheit: Es gibt eine Zeichenbegrenzung...
Abk.:
Ak. - Aufklärung
PKS - Polizeiliche Kriminalstatistik
Stt. - Straftat/en
S.m.T.I. - Straftaten mit Tatmittel Internet
Vds. - Vorratsdatenspeicherung
Sehr geehrte Frau Arndt-Brauer,
vielen Dank für Ihre Antwort. Sie schreiben:
"Die [Vds.] ist zur Verfolgung schwerster [Stt.] gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung notwendig."
Tatsächlich ist die PKS 2009[1] ein Indiz dafür, dass die Vds. bei der Ak. von S.m.T.I. wenig hilfreich ist. In 2009 wurde eine Vds. von Internetverbindungsdaten durchgeführt und trotzdem ist im Vgl. zu 2008 die Ak.-Quote solcher Stt. zurückgegangen (vgl. [1] S. 243).
Aktuelle Daten zu S.m.T.I. finden wir außerdem in der PKS 2010[2] auf S. 15. Die "Verbreitung pornographischer Schriften (Erzeugnisse)" stellt gerade mal 2,1 % der erfassten S.m.T.I. dar. Die anderen genannten Stt. tauchen unter den "sonstige[n] Straftaten" auf.
Der Nutzen einer Vds. zur Ak. der infrage kommenden Stt. ist damit wenigstens als fragwürdig zu betrachten.
Sie schreiben außerdem:
"Richtervorbehalt [und] Benachrichtigung der Betroffenen ... müssen klar geregelt werden."
In der Theorie unterstütze ich diese Aussage. Allerdings zeigen eine Studie der Universität Bielefeld[3] sowie ein Urteil des BVerfG[4], dass die Exekutive solche Regelungen scheinbar beiläufig übergeht. Außerdem ist der Richtervorbehalt sinnfrei, wenn doch keine inhaltliche Prüfung stattfindet (vgl. [3]). Eine fehlende Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten[5] hilft der Sache auch nicht gerade.
Würden Sie einer Vds. auch unter diesen Umständen zustimmen?
Mit freundlichen Grüßen,
Jerome Baum
[1] http://www.webcitation.org/61zIU22yI
[2] http://www.webcitation.org/61zI1ianZ
[3] http://www.webcitation.org/61zHhKepL , S. 37 ff.
[4] 2 BvR 1444/00; http://www.webcitation.org/61zKvWFnp
[5] BGH 1 StR 316/05, 2. d) bb) Abs. 3; http://www.webcitation.org/61zLyYvve
Sehr geehrter Herr Baum,
ich habe diesbezüglich noch keine abschließende Meinung, ob ich einer Vorratsdatenspeicherung unter den von Ihnen skizzierten Umständen zustimmen kann/werde. Ich nehme ihr Schreiben daher zum Anlass, die von ihnen angesprochenen Aspekte an die Fachpolitikerinnen meiner Fraktion heran zu tragen und gemeinsam mit diesen zu erörtern. Ich danke ich Ihnen herzlich für die inhaltlichen Anregungen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ingrid Arndt-Brauer, MdB